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Hat die CDU einen Hack? Ihre Kieler Landtagsfraktion fordert eine Schweinefleisch-Pflicht in öffentlichen Kantinen des Landes.

© Jens Büttner/dpa

Update

CDU in Schleswig-Holstein: Kein Schwein gehabt

Die CDU in Schleswig-Holstein fordert von öffentlichen Kantinen, ihren Kunden Schweinefleisch anzubieten. Offenbar kein glücklicher Vorstoß.

Von Matthias Meisner

"Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass insbesondere Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt", heißt es in einem Antrag der CDU-Fraktion im Kieler Landtag zur nächsten Plenarsitzung.

Man wolle damit für eine "gesunde und ausgewogene Ernährung" sorgen, zitieren die "Lübecker Nachrichten" aus dem Antrag. Als Minderheiten, die die Mehrheit zumindest partiell zu überstimmen drohen, hat der CDU-Landwirtschaftspolitiker Heiner Rickers zum Beispiel Vegetarier, Veganer und Muslime ausgemacht. "Toleranz bedeutet in einer pluralistischen Gesellschaft auch die Anerkennung und Duldung anderer Esskulturen und Lebensweisen", schreibt er zur Begründung..

Rickers führt ein Berufsschulzentrum in Itzehoe an, das zum Ärger vieler Schüler sogar Mettwurst-Brötchen aus dem Angebot verbannt habe.

Ende Januar hatte der dänische Rechtspopulist Martin Henriksen im Stadtrat von Randers dieselbe Forderung erhoben und einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Rickers sagt dazu nur, er kenne diesen dänischen Rechtspopulisten nicht.

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Rickers betonte der Zeitung zufolge, er wolle keineswegs einen verpflichtenden "Pork-Day" einführen, quasi als Gegenstück zum "Veggie-Day" der Grünen. Ihm schwebe eher eine Empfehlung des Sozial- und des Bildungsministeriums an Schulen und Kitas vor, Schweinefleisch auf dem Speiseplan zu belassen.

Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Daniel Günther, sagte: "Immer mehr Kantinen, Kitas und Schulen nehmen Schweinefleisch aus ihrem Angebot, um auf religiöse Gebräuche Rücksicht zu nehmen." Die CDU halte das für falsch. "Wir setzen auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Dazu gehört in unserer Kultur auch der Verzehr von Schweinefleisch." Niemand soll dazu verpflichtet werden, sagte Günther. "Wir wollen aber auch nicht, dass die Mehrheit deshalb auf Schweinefleisch verzichten muss."

Deutsche Leitkultur - oder Light-Kultur? Das sind die Lösungen, die man sich wünscht. Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Schweinefleisch, Sauerkraut und Kartoffelbrei als Ausbund "deutscher" Leitkultur. Kuckucksuhren als Pflicht in jedem deutschen Haushalt. Ein Teil der CDU Anno 2016 ist hinterwälderischer, als man zu fürchten wagte.

schreibt NutzerIn mic13353

Grüne: Wer keine anderen Werte hat, ist eine arme Sau

Volker Beck, Innenpolitiker der Grünen im Bundestag, reagierte mit Spott auf den Vorstoß der Nord-CDU und interpretierte den Plan auf seine eigene Weise: "Liebe CDU, das Grundgesetz steht über dem Schweinefleisch. Das deutsche Schwein ist kein Verfassungswert." Es sei die autoritäre Denke der Rechtspopulisten, wenn Juden, Muslime, Vegetarier und Veganer zum Schweinefleischkonsum gezwungen werden sollten. "Was in Kitas, Schulen und öffentliche Kantinen auf die Teller kommt, entscheidet der Bedarf und keine CDU-Schweineideologie."

Man stelle sich nur die CDU-Reaktionen vor, würden deutsche Kinder in Frankreich zum Froschschenkel- oder in China zum Hunde-Essen gezwungen werden, sagte Beck weiter. "Es ist schon ein besonderes Armutszeugnis der CDU, wenn das Schweinefleisch ihr höchster deutscher Wert ist, den sie vermitteln wollen. Wer keine anderen kulturellen Werte hat, ist eine arme Sau."

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Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner twitterte: "Erst #Veggieday, jetzt #Schweinefleischpflicht. Verrückte Idee: Wie wäre es, wenn einfach jeder selbst entscheidet was er isst?"

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Auch der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner wies darauf hin, dass die Nord-CDU einen Vorschlag der dänischen Rechtspopulisten übernommen habe. Er sagte dem Tagesspiegel: "Dass Vegetarier, Veganer und Mohammedaner die Herrschaft in deutschen Kantinen übernommen haben sollen, ist geistig nicht auf der Höhe der Zeit. Das kann man nicht ernst nehmen."

Der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, er sehe keinen staatlichen Handlungsbedarf. "Schon gar nicht teile ich die Verkürzung unserer grundgesetzlichen Werte auf die Pflicht, Kotelett oder Hack zu essen."

Auch die Naturschutzorganisation WWF wandte sich in Berlin gegen den CDU-Vorschlag. "Derzeit gibt es wenig Anhaltspunkte dafür, dass Schweinschnitzel und Kotelett auf den Speiseplänen deutscher Kantinen unter Artenschutz gestellt werden müssen." Vielmehr sollte sich die CDU angesichts der enormen ökologischen Probleme der konventionellen Fleischproduktion für einen bewussteren Fleischkonsum einsetzen.

Deutsche Schweinebauern hatten sich nach der Debatte in Dänemark gegen eine gesetzliche Verpflichtung für den Verzehr von Schweinefleisch ausgesprochen. Zwar sei diese Idee "natürlich zunächst einmal verlockend. Trotzdem lehnen wir dieses Vorgehen ab", zitierte die "FAZ" den Verband der Schweinehalter (ISN), der als Organisation der marktorientierten Schweinehalter "klar gegen staatliche Zwangsmaßnahmen" sei.

Im Rahmen eines Pegida-Aktionstages Anfang Februar hatte das Thema Schweinefleisch bei einem Protestmarsch in der australischen Hauptstadt Canberra eine Rolle gespielt. Bei ihrer Demonstration zum Parlamentsgebäude skandierten die rund 400 Demonstranten damals Parolen wie "Wir lieben Schweinefleisch" und "Wer zum Teufel ist Allah?". Sie warfen der australischen Regierung vor, auf Druck muslimischer Eltern Schweinefleisch aus einer Schulküche verbannt zu haben und die Heranbildung von Dschihadisten in Moscheen zu fördern. (mit dpa, KNA)

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