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Thüringens CDU-Chef Mike Mohring am Montag mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel.

© Michael Kappeler/dpa

CDU-Grundsatzstreit über Umgang mit Linken: „Das würde den Thüringer Landesverband zerreissen“

Wäre eine Koalition mit der Linkspartei das Ende der CDU? Thüringens Landeschef Mohring hat eine heftige Debatte ausgelöst.

Wie hält es die CDU mit der Linken? Die Wahlerfolge der Linkspartei (31 Prozent) und der AfD (23,4 Prozent) bei der Landtagswahl in Thüringen erfordern die Positionierung der alten Volksparteien mehr als je zuvor. Die CDU, die in dem Bundesland fast 12 Prozent Stimmenanteil verlor, hatte vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen, mit der Linken eine Koalition zu bilden.

Inzwischen äußert sich Thüringens CDU-Chef Mike Mohring offener. Das traf bei Parteikollegen überwiegend auf Unverständnis – bei Treffen der CDU-Spitzengremien wurde nach Angaben aus Teilnehmerkreisen am Montag heftig darüber gestritten.

Am Mittag bekräftigte der Vorstand den Unvereinbarkeitsbeschluss vom Parteitag im vergangen Dezember. Darin heißt es : „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“

Wie ist nun die Debatte über eine mögliche Zusammenarbeit mit der Linken so stark wieder aufgeflammt? Welche Argumente werden genannt? Ein Überblick.

„Die CDU in Thüringen ist bereit für Verantwortung, wie auch immer die aussehen kann und sollte“, hatte Mohring am Montag vor Gremiensitzungen seiner Partei am Montag in Berlin gesagt. „Deswegen muss man bereit sein, nach diesem Wahlergebnis auch Gespräche zu führen. Ohne was auszuschließen, aber in Ruhe und Besonnenheit.“ Die Frage nach einem möglichen Modell könne er noch nicht beantworten: „Da brauchen wir alle Zeit zum Überlegen.“

Koalitionen mit den Rändern ausgeschlossen

Die Wahl bedeute „einen deutlichen Einschnitt im politischen System in Deutschland. Und da muss man jetzt klug sein und nicht einfach sich in die Büsche schlagen“, sagte Mohring. Die abgewählte Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dürfe nicht einfach geschäftsführend weitermachen. „Sondern es braucht stabile Verhältnisse. Und wir werden dafür auch unseren Beitrag leisten.“

Damit liegt er nicht auf einer Linie mit Parteikollegen in seinem Landesverband: Der Generalsekretär im Freistaat, Raymond Walk, hielt am Montag an der Absage an Koalitionen mit AfD und Linke fest. „Wir haben ausgeschlossen, dass es Koalitionen mit den Rändern geben wird, also sowohl mit links als auch mit der AfD“, sagte Walk. Das was vor der Wahl gelte, müsse auch nach der Wahl Bestand haben. „Das gehört zur glaubwürdigen Politik mit dazu.“

Thüringens CDU-Vize-Chef Mario Voigt kritisierte Mohring direkt: „Ich bin höchst irritiert über die in den Medien verbreiteten Gesprächsangebote“, sagte Voigt am Montag. Die CDU habe die Wahl verloren. „Der Auftrag der Regierungsbildung und der Ball liegt jetzt bei Bodo Ramelow“. Es habe gute Gründe gegeben, vor der Wahl eine Koalition mit der Linken auszuschließen. „Das ist eine Partei, die den Sozialismus wieder einführen will“, sagte Voigt.

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Kategorisch äußerte sich auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner: Die CDU werde überflüssig, wenn sie mit der Linkspartei oder mit der AfD koalieren würde. „Dann braucht es uns nicht mehr“, sagte Klöckner am Montag vor den CDU- Gremiensitzungen in Berlin. Sie ergänzte: „Ganz gleich, wie die Situationen sind. Es gibt Momente, da ist Haltung mehr denn je gefragt.“

Der Landesvorsitzende der Jungen Union in Brandenburg, Julian Brüning, äußerte sich ähnlich wie Julia Klöckner: „Sollte dieser Sprung einer Koalition mit der Linken angestrebt werden, machen wir uns als Union endgültig verzichtbar“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die politische Richtung der Linken sei „völlig gegensätzlich“ zu der der CDU.

Eine Prinzipienfrage oder eine der politischen Machbarkeit: Daran genau scheiden sich die CDU-Geister – wobei die kategorischen Nein-Sager lauter zu hören sind an diesem Nach-Wahl-Montag.

Ost-Beauftragter der Bundesregierung: Keine Chance für Minderheitsregierung unter Ramelow

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Hirte sagte im SWR: Ministerpräsident Bodo Ramelow stehe nicht für die Linkspartei in Thüringen. Es gebe dort nach wie vor Personen, die für die Stasi gearbeitet hätten. Außerdem führe nicht Ramelow den Landesverband der Linken, sondern Susanne Henning-Wellsow, die sich selbst als „radikale Linke“ bezeichne und staatliche Institutionen ablehne. „Herr Ramelow ist nicht ohne die Linke zu bekommen“, sagte der aus Thüringen stammende Ost-Beauftragte der Bundesregierung. Deshalb sehe er auch keine Chance für die Duldung einer von Ramelow geführten Minderheitsregierung.

Ein weiterer stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, äußerte sich strikt gegen eine Zusammenarbeit: „Ich bleibe bei meiner Haltung: Keine Koalition mit den Linken“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Unions-Mittelstandschef Carsten Linnemann (CDU) warnte. „Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigkeit und davon schwadronieren, dass wir jetzt mit den Linken reden“, sagte Linnemann am Montag der ARD vor einer Sitzung des CDU-Vorstands in Berlin. Das wäre der Anfang vom Ende der CDU als Volkspartei. „Deswegen muss man wenigstens bei dieser Frage Haltung zeigen.“

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Der CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, hatte in der ARD-Sendung „Anne Will“ gemahnt: Er könne sich nur vorstellen, „dass, wenn es jetzt sozusagen da in eine Koalition hineingehen würde - und vor allen Dingen auch unreflektiert -, dass das den CDU-Landesverband dort zerreißen würde“. Und er glaube nicht, dass es gut sei, „wenn wir die CDU als tragende Säule auch der Demokratie aus der Mitte heraus zur Disposition stellen würden“.

Also müsse man auch sehr sorgsam umgehen „mit der eigenen Partei, aber auch mit dem eigenen Versprechen und dem, was man gesagt hat, damit man auch verlässlich bleibt für die Wählerinnen und Wähler“, ergänzte Haseloff.

Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, sagte am Sonntagabend bei Phönix: „Ich persönlich kann mir keine Kooperation mit Links- und Rechtspopulisten vorstellen.“

Der ehemalige Brandenburger CDU-Landeschef Ingo Senftleben hatte sich hingegen im „Handelsblatt“ für Gespräche zwischen CDU und Linke ausgesprochen, weil die Menschen keine ideologische Gräben wollten. Damit ist er nicht ganz so alleine, wie es aktuell den Anschein haben kann. Schon im August hatte sich Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther vorgeschlagen, im Osten auch mit der Linkspartei zu koalieren. Dafür war er dann allerdings von der Parteichefin sofort zurückgepfiffen worden.

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In eine komplett andere Richtung zielt der CDU-Landtagsabgeordnete und stellvertretender Fraktionsvize Michael Heym, indem er fordert, eine Koalition mit der AfD nicht auszuschließen. „Man tut der Demokratie keinen Gefallen, wenn man ein Viertel der Wählerschaft verprellt“, sagte er dem MDR. „Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde, das sollte man nicht von vornherein ausschließen.“

Aus den Reihen der bayerischen Schwesterpartei erhält er dafür zumindest vom ehemaligen CSU-Vorstand Konrad Kobler Unterstützung. Der meint, CSU und CDU könnten durchaus mittelfristig mit der AfD zusammenarbeiten. „Mich stört, dass man immer auf die AfD eindrischt. Auch die AfD kann sich mittelfristig ändern“, sagte der frühere Landtagsabgeordnete aus dem Landkreis Passau dem Bayerischen Rundfunk.

Kobler widerspricht damit direkt der klaren Absage von CSU-Chef Markus Söder an jegliche Kooperation mit der AfD. Aus Sicht des 76-Jährigen sei nichts auf Ewigkeit festgeschrieben. Es müsse doch zu denken geben, wenn die Volksparteien CDU und SPD - wie in Thüringen geschehen - nur noch ein Drittel der Stimmen bekommen, sagte Kobler.“ (dpa/AFP/tsp)

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