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Kampfflugzeug vom Typ «F/A-18» könnten die Tornados ersetzen.

© Song Kyung-Seok,dpa

Bundeswehr: Deutschland sucht den Super-Jet

Verteidigungsministerin Leyen muss eine Entscheidung für die Nachfolge der Tornado-Flugzeuge treffen. Die Neuanschaffung ist dringend - und teuer.

Von Robert Birnbaum

Die Entscheidung über die Nachfolge des Kampfflugzeugs Tornado ist eine der kostenträchtigsten und zugleich dringendsten, die Ursula von der Leyen treffen muss. Denn die 85 Jets des Typs, der seit 35 Jahren im Dienst ist, erreichen um das Jahr 2025 eigentlich das Ende ihrer Laufzeit. Doch eine Neuanschaffung zieht sich hin. Zwar hat die Verteidigungsministerin sich jetzt gegen eine denkbare Lösung entschieden – der US-Tarnkappenbomber F-35 wird es nicht. Doch ob eine amerikanische oder eine europäische Maschine die Kampfbomber ablösen soll, steht immer noch nicht fest.

Man muss ja schon froh sein, wenn eine Ursula von der Leyen mit ihrem Expertenparlament nicht aus Versehen einen Panzer anstelle eines Fliegers bestellt [...]. Wie das ausgeht kann ich mir schon jetzt denken. Die Entscheidung wird sich in den vielen Erfolgen dieser Politikerin und all ihrer Experten einreihen.

schreibt NutzerIn gleichungleich

Hinter der neuerlichen Verzögerung stecken nicht technische, sondern hoch politische Fragen. Das musste zuletzt der vorige Luftwaffeninspekteur Karl Müllner erfahren. Müllner hatte sich öffentlich für die F-35 starkgemacht. Der US-Jet ist technisch der letzte Schrei. Genau deshalb passt er nicht ins Konzept der Regierungen in Berlin und Paris, die die Entwicklung eines europäischen Super-Kampfjets bis 2040 zum Leuchtturmprojekt einer engeren europäischen Verteidigungs- und Rüstungskooperation erklärt haben. Müllner musste gehen.

USA oder Europa

Die Frage „USA oder Europa“ bleibt aber auf dem Tisch. Denn bis zum Euro-Superjet braucht die Bundeswehr eine Zwischenlösung. In der Rolle als Aufklärer, in der die Tornados derzeit von Jordanien aus den Kampf gegen die Terrorgruppe IS im Irak unterstützen, böte sich der Eurofighter als Ersatz an. Schwieriger wird es bei der Aufgabe, für die der Veteran ursprünglich angeschafft worden war: Die Tornados sind die Eintrittskarte zur nuklearen Teilhabe. Sie können US-Atombomben tragen, die wahrscheinlich in der Eifel lagern – dafür darf Deutschland bei der Atom-Abschreckungsstrategie der Nato mitreden.

Aber weder der Eurofighter noch die derzeit erwogene Alternative für eine Übergangslösung, die amerikanische F-18, sind aktuell für diese Verwendung zugelassen. Das Ministerium will jetzt sowohl bei Eurofighter als auch beim F-18-Hersteller Boeing umfassende Auskünfte einholen, auch darüber, wie lange die Zertifizierung dauert, die in den USA stattfinden müsste. Wenn die Daten vorlägen, heißt es im Ministerium, könne zwischen beiden entschieden werden.

Von Verteidigungspolitikern im Parlament wird aber noch eine dritte Variante ins Spiel gebracht: Zwar sei es wegen der steigenden Ersatzteil- und Wartungskosten zu teuer, alle 85 Tornados bis 2040 weiterzubetreiben. Aber wenn man sich auf die etwa 40 Maschinen beschränkte, die als Atombomber eingeplant sind, sehe die Rechnung womöglich anders aus, sagt ein Wehrexperte der Koalition.

Vor einer neuen Diskussion über nukleare Teilhabe

Diese Lösung hätte den zusätzlichen Charme, dass man nicht in den USA einkaufen und damit Donald Trump einen kleinen Triumph bescheren würde. Schließlich gehe es hier auch um Industriepolitik: „Es gibt keine isolierte Entscheidung“ auf rein technischer Basis, betont ein Sozialdemokrat.

Das gilt genauso für die grundsätzliche Frage der nuklearen Teilhabe. Die werde zwangsläufig wieder in den Fokus kommen, wenn jetzt nach der Kündigung des INF-Vertrages über die Mittelstreckenwaffen durch die USA über die Zukunft der nuklearen Abschreckung diskutiert werde, sagt der SPD-Mann voraus. In seiner Partei haben viele es nur murrend akzeptiert, als die nukleare Teilhabe im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde, obwohl Kanzlerkandidat Martin Schulz im Wahlkampf dagegen Front gemacht hatte. Diese Front gibt es weiterhin: „Die Frage ist in der SPD nicht ausdiskutiert.“

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