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Jutta Limbach (1934-2016).

© Mike Wolff

Bundesverfassungsgericht: Ex-Verfassungsrichterin Jutta Limbach ist tot

Die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und ehemalige Berliner Justizsenatorin Jutta Limbach ist 82-jährig in Berlin verstorben.

Jutta Limbach, ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, ist tot. Limbach sei am Samstag im Alter von 82 Jahren friedlich im Kreis ihrer Familie in Berlin gestorben, teilte das Bundesverfassungsgericht am Montag in Karlsruhe mit. Die Trauerfeier und die Beisetzung sollen im engsten Familienkreis stattfinden.

Die Sozialdemokratin war von 1994 bis zum Ende ihrer Amtszeit 2002 Präsidentin des Verfassungsgerichts. Danach war sie bis 2008 Präsidentin des Goethe-Instituts. Als Berichterstatterin beim höchsten deutschen Gericht bereitete sie unter anderem das Urteil zur Zulässigkeit von Auslandseinsätzen der Bundeswehr vor. Unter ihrem Vorsitz traf der Zweite Senat wichtige Entscheidungen, etwa zur Strafverfolgung früherer DDR-Agenten und Stasi-Mitarbeiter, zur Teilnahme Deutschlands an der Europäischen Währungsunion, zum Existenzminimum für Kinder und zum Länderfinanzausgleich.

Limbach hatte immer wieder Stellung bezogen - sei es für eine europäische Verfassung und für die Aufnahme plebiszitärer Elemente ins Grundgesetz, sei es für eine Stärkung des Sozialstaats. Und zu einem ihrer Lieblingsthemen, zur Gleichberechtigung der Frauen. Doch bei aller Sympathie für eine gezielte Frauenförderung hat Limbach, die selbst drei Kinder großgezogen hat, eines immer deutlich gemacht: „Ohne Selbstbehauptungswillen kommt eine Frau in unserer Gesellschaft nicht voran“.

Nach ihrer Berufung als Rechtsprofessorin an die Berliner Freie Universität im Jahr 1971 - zu einer Zeit, als die juristischen Fakultäten noch fest in Männerhand waren - rückte Limbach 1989 an die Spitze der Berliner Justizverwaltung, bevor sie 1994 zur Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts gewählt wurde.

Neben kontrovers diskutierten Urteilen wie dem Kruzifixbeschluss oder der „Soldaten sind Mörder“-Entscheidung setzte die engagierte Demokratin vor allem auf mehr Transparenz und rückte das höchste deutsche Gericht näher an eine breite Öffentlichkeit. Das Bundesverfassungsgericht würdigte Limbach als „Richterpersönlichkeit“, die Maßstäbe gesetzt habe. Sie habe sich durch einen umsichtigen Führungsstil und engagiertes öffentliches Eintreten für die Fundamente des demokratischen Verfassungsstaates ausgezeichnet.

Gauck: Demokratie, Rechtsstaat und Kultur zum Guten geprägt

Bundespräsident Joachim Gauck erklärte in seinem Kondolenzschreiben, „mit Jutta Limbach verlieren wir eine hochgeachtete Persönlichkeit, die Demokratie, Rechtsstaat und Kultur in unserem Land zum Guten geprägt hat“. Als erste Frau in vielen Ämtern bis hin zur Präsidentin des höchsten Gerichts sei Limbach ein Vorbild für andere Frauen gewesen. Sie habe sich stets mit hoher Fachkompetenz und politischer Urteilsfähigkeit Anerkennung und großen Respekt erworben.

SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, er habe an Jutta Limbach "stets den Mut zu klaren Standpunkten in Spitzenämtern bewundert. Oft war sie auf ihrer Position die erste Frau und wurde so zum Vorbild für Jüngere." Limbach sei es ein "Herzensanliegen" gewesen, die Urteile des Verfassungsgerichts den Menschen in guter und verständlicher Sprache zu vermitteln. "Dass das Verfassungsrecht für diejenigen übersetzt wird, deren Leben es regelt, bleibt ihr großes Verdienst."

"Für Menschenwürde, Freiheit & Gleichheit"

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) würdigte die frühere Verfassungsrichterin als „große Juristin und kluge Frau“. Als Präsidentin habe Limbach entscheidend dazu beigetragen, das Bundesverfassungsgericht zu einem „Bürgergericht“ zu machen, betonte Maas. Sie sei immer für Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit eingetreten. „Wir werden Jutta Limbach vermissen - ihre Herzlichkeit, ihr kluges Urteil, ihren Geist und ihren Humor“, erklärte Maas.

"Sie war nie laut, aber immer klar: für Menschenwürde, Freiheit & Gleichheit - Danke!", schrieb Grünen-Politiker Volker Beck bei Twitter. Auch in Berlin wurde der Tod der früheren Senatorin betrauert. Der frühere SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß nannte Limbach eine "Titanin des Rechts". Berlins Linken-Chef Klaus Lederer schrieb: "Sie hat sich um die Grundrechte verdient gemacht."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier würdigte die Verfassungsrichtern als "geachtete Botschafterin von Rechtsstaatlichkeit und der Herrschaft des Rechts". "Sie hat deutsche Verfassungsgeschichte geschrieben, ihr engagiertes öffentliches Eintreten für die Fundamente des demokratischen Verbindungsstaates machte die zu einer der großén Richterpersönlichkeiten diesers Landes", erklärte Steinmeier. (Tsp, dpa)

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