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Die Spitzenkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU, v.l.n.r.) beim letzten TV-Triell.

© Tobias Schwarz/AFP

Bundestagswahlkampf: Europa ist kein Thema - zu Unrecht

Offenbar glauben die Wahlkampf-Strategen, dass sich aus der EU als Thema keine Funken schlagen lassen. Dabei wird aber ein Punkt übersehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es ist schon ein Kreuz mit den Triellen. Da wurden die immer gleichen Themenblöcke bei den drei Spitzenkandidaten abgefragt. Brauchen wir eine Impfpflicht? Was tun Sie gegen den Klimawandel? Wie kann die soziale Schere in Deutschland geschlossen werden? Eigentlich wäre es, bevor jetzt die vollkommene Ermüdung bis zum Wahltag einsetzt, einmal Zeit für ein neues Thema. Europa wäre nicht die schlechteste Wahl.

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Der bisherige Bundestagswahlkampf überdeckt, dass viele Entscheidungen schon gar nicht mehr allein in Deutschland getroffen werden. Häufig gibt die EU den Handlungsrahmen vor. Drei Beispiele: Der Impfstoff wurde im EU-Verbund beschafft. Wie es jetzt angesichts des französisch-amerikanischen U-Boot-Streits mit dem geplanten Handelsabkommen zwischen unserem Kontinent und Australien weitergeht, entscheidet sich zum guten Teil in Brüssel. Beim Klimaschutz sieht das geplante Paket der EU-Kommission vor, dass die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 europaweit um 55 Prozent sinken sollen.

Großes Wahlkampf-Schweigen

Das große Wahlkampf-Schweigen zu Europa ist umso bemerkenswerter, als das Interesse an der Bundeswahl jenseits des deutschen Tellerrandes groß ist. Als die AfD vor vier Jahren als drittstärkste Kraft in den Bundestag einzog, wurden die möglichen Folgen im EU-Ausland genauso eingehend analysiert wie hierzulande.

Die Strategen in den Wahlkampfzentralen mögen sich denken, dass sich aus der EU keine Funken schlagen lassen. Treten nicht Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Baerbock gleichermaßen als Pro-Europäer auf? Und kann sich ein Land wie Deutschland mit einem breiten Europa-Konsens nicht glücklich schätzen – sieht man einmal von der AfD ab, die den Austritt aus der EU befürwortet?

Scholz bleibt beim EU-Stabilitätspakt im Ungefähren

Wer so denkt, der übersieht, dass es durchaus ein paar europäische Zukunftsfragen  gibt, in denen sich beispielsweise SPD, Grüne und Liberale – die potenziellen Koalitionspartner einer „Ampel“ – gründlich voneinander unterscheiden. Dazu gehört der Stabilitätspakt, der die Länder der Euro-Zone eigentlich auf strenge Regeln bei der Verschuldung verpflichtet. In der Praxis hält ihn kaum ein Euro-Land ein, und bis Ende 2022 gelten seine Regeln wegen der Pandemie ohnehin nicht.

Für die Zeit danach fordern aber Länder wie Frankreich und Italien schon jetzt mehr Freiheit bei der Verschuldung. Ähnlich denken auch die Grünen, während die FDP zur strikten Budgetdisziplin auch auf europäischer Ebene zurückkehren will. Was aber will Scholz? Vage lässt er Wähler und EU-Partner wissen, dass der bestehende EU-Stabilitätspakt bereits genügend Flexibilität bietet. Der SPD-Kanzlerkandidat darf ruhig etwas konkreter werden.

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