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Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko empfing am Montag in Minsk den Chef des internationalen Eishockeyverbands, René Fasel (rechts).

© Nikolai Petrov/dpa

Exklusiv

Bundestagsabgeordnete fordern Verlegung: „Die Eishockey-WM darf nicht in Belarus stattfinden“

Ende Mai soll im autoritär regierten Belarus die Eishockey-WM beginnen. Nun werden in Berlin Forderungen laut, dem Land das Sportereignis zu entziehen.

Wegen der massiven Repressionen gegen die Demokratiebewegung in Belarus fordern Bundestagsabgeordnete, dem autoritär regierten Land die Eishockey-WM zu entziehen. „Die WM kann und darf nicht in einem Land stattfinden, in dem die Staatsmacht massive Menschenrechtsverletzungen begeht, friedliche Proteste gewaltsam unterdrückt und alle Kritikerinnen und Kritiker brutal verfolgt und einsperrt“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) dem Tagesspiegel.

Die WM soll vom 21. Mai bis zum 5. Juni in Belarus und in Lettland ausgetragen werden. Das Regime von Alexander Lukaschenko geht seit einer international kritisierten Wahl im August vergangenen Jahres massiv gegen friedliche Demonstranten vor. Mehrere Menschen starben nach Misshandlungen.

„Das brutale und skrupellose Vorgehen von Lukaschenko gegen die eigene Bevölkerung ist völlig inakzeptabel und darf nicht auch noch mit der öffentlichen Inszenierung einer WM belohnt werden“, sagte Roth. Es sei Zeit, dass die Bundesregierung Farbe bekenne und sich beim Deutschen Eishockey-Bund und der Internationalen Eishockey-Föderation dafür einsetze, Belarus die Ausrichtung der WM zu entziehen.

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Unterstützung für diese Forderung kommt auch aus der Koalition. „Die Eishockey-Weltmeisterschaft sollte nicht in Belarus stattfinden“, sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Johann Wadephul (CDU) dem Tagesspiegel. „Das immer wieder brutale Vorgehen der Machthaber gegen friedliche Demonstranten und die Festnahme von inzwischen mehr als 30 000 Menschen und dabei auch gezielt von Sportlern widerspricht völlig dem Geist, den Werten und den Zielen des Sports.“ Eine Eishockey-WM in Belarus würde nur Lukaschenko legitimieren.

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP), betonte, die Politik könne und solle dem Sport keine Vorgaben machen. Der Sport sei unabhängig, allerdings auch nicht unpolitisch. „Es wäre ein grober Fehler, angesichts der aktuellen Ereignisse die WM in Belarus auszurichten.“ Auch Jensen fürchtet, Lukaschenko würde dies als Bestätigung verstehen. Es gehe nicht um einen Boykott des Sportereignisses, betonte die FDP-Politikerin. Die Eishockey-WM könne ganz in Lettland stattfinden.

Chef des Eishockeyverbands umarmte Lukaschenko

Eine Entscheidung in dieser Frage könnte am 25. und 26. Januar fallen, wenn der Rat des Internationalen Eishockey-Verbands (IIHF) tagt. Lettlands Regierung hatte gefordert, Belarus die Austragung zu entziehen. Am Montag war der Verbandspräsident René Fasel nach Minsk gereist und hatte dort Lukaschenko getroffen, den er zur Begrüßung umarmte. Lukaschenko verkündete, die Eishockey-WM könne stattfinden, und betonte mit einem Seitenhieb auf die USA, in seinem Land würde kein Regierungsgebäude gestürmt. „Fasel reiht sich ein in die unsägliche Tradition von vielen Sportfunktionären, die Diktatoren die Hand schütteln und sie hofieren“, kritisierte Claudia Roth.

Machthaber Alexander Lukaschenko zeigt sich selbst gern beim Eishockey, das Foto entstand im April 2020.
Machthaber Alexander Lukaschenko zeigt sich selbst gern beim Eishockey, das Foto entstand im April 2020.

© Reuters

Nach Kritik an seiner freundschaftlichen Umarmung mit Lukaschenko versuchte sich der Schweizer Funktionär nun zu rechtfertigen. Das Ganze sei „blöd gelaufen“, im Nachhinein sei ihm dies „peinlich“, sagte Fasel dem Sender SRF. Er kenne Lukaschenko bereits seit 20 Jahren und habe die „spezielle Beziehung“ nutzen wollen, „um etwas Gutes zu tun“, betonte er. „Damit die WM zu einer Art Versöhnung zwischen Regierung und Opposition führt.“

Verbandschef will an WM in Belarus festhalten

Der Verbandschef ließ keinen Zweifel daran, dass er an dem Sportereignis in Belarus festhalten will. Eine Absage werde nichts an der Situation im Land ändern. Außerdem verwies Fasel auf den bestehenden Vertrag mit dem weißrussischen Eishockeyverband. „Unsere Pflicht ist es, die Eishockey-WM durchzuführen. Es gäbe auch Folgen, wenn man diese jetzt nicht abhält.“

Fasel traf sich außerdem mit dem Chef des belarussischen Eishockeyverbandes, Dmitri Baskow, dem vorgeworfen wird, für den Tod eines Oppositionellen mitverantwortlich zu sein. Wegen der Anschuldigungen gegen Baskow hat der internationale Verband eine Untersuchung eingeleitet, in Lettland hat Baskow Einreiseverbot.

Der Oppositionelle Roman Bondarenko war im November gestorben, nachdem er von maskierten Männern zusammengeschlagen worden war. Baskow wird vorgeworfen, bei dem Angriff dabei gewesen zu sein und zugesehen zu haben.

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