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Wie viele Abgeordnete verträgt ein Parlament?

© Gero Breloer/dpa

Bundestag und Wahlrecht: Das Parlament braucht eine feste Größe

Der Versuch, das alte Wahlsystem noch einmal zu reparieren, ist gescheitert. Das Ziel muss heißen: Nicht nur Verkleinerung, sondern feste Größe. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Parlamente können sich schwertun in wichtigen Fragen. Was den einen der Brexit, ist den anderen das Wahlrecht. Der Bundestag müht sich seit Jahren, das Problem der unberechenbaren Größe seiner selbst in den Griff zu bekommen. Und es ist ein Problem, wenn ein Parlament mal 598 Sitze haben kann (die gesetzliche Mindestgröße), dann bei 631 Mandaten landet (wie 2013) oder auch 709 Abgeordnete unterbringen muss wie nach der Wahl 2017. Oder, keine Theorie, noch deutlich mehr.

Eine gewisse Schwankungsbreite mag ja angehen, aber wenn es um dreistellige Größenordnungen geht, muss man die Systemfrage stellen. Der Bundestag aber hängt am hergebrachten Modell der personalisierten Verhältniswahl, dieser deutschen Mischung von Mehrheitswahl in Wahlkreisen, die zu Direktmandaten führen, und dem Prinzip der Verhältniswahl, nach dem die Zweitstimmen für die Kräfteverhältnisse der Parteien im Bundestag verantwortlich sind.

Es passt nicht zum Parteiensystem

Dass das System ins Wanken kommt, wenn das Parteiensystem sich ausdifferenziert, wenn starke Parteien nur noch mit Ergebnissen um die 30 Prozent „glänzen“, dass dann die Überhangproblematik massiv durchschlägt und das Ausgleichen in jene dreistelligen Dimensionen führt, die als „Aufblähung“ skandalisiert werden kann – man will es nicht wahrhaben im Bundestag. Vor allem nicht in der Unionsfraktion, in der das Wahlkreismandat einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Dabei ist gerade die Garantie des Direktmandats der eigentliche Kern des Problems.

Und nun ist man in der Sackgasse gelandet. Der Vorschlag von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble mag seiner Union gefallen, den anderen Fraktionen gefällt er nicht. Eine verlässliche Begrenzung der Bundestagsgröße bringt er so wenig wie die in eine ganz ähnliche Richtung weisende Vorstellung der Opposition.

Man versucht, die alte Karre nochmals zu reparieren, weil man sie so liebgewonnen hat. Die Frage ist aber, und mit der muss sich der Bundestag beschäftigen, ob das Herumschrauben alle paar Jahre wie bisher wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Oder ob man nicht nach einem System suchen sollte, das eher als das jetzige eine feste Parlamentsgröße bringt.

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