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Ein Entwurf der Bundesregierung sieht den Wegfall vieler Schutzmaßnahmen vor – auch die Maske ist dann vielerorts nicht mehr verpflichtend.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Bundestag debattiert Gesetzentwurf: Ärzte und Patientenschützer kritisieren geplante Abschaffung von Corona-Maßnahmen

Die Bundesregierung will ab dem 20. März einen Großteil der Corona-Schutzmaßnahmen zurücknehmen. Kritiker melden sich auch aus den eigenen Reihen.

Begleitet von Kritik aus Bundesländern und von Ärzten befasst sich der Bundestag am Mittwochnachmittag mit den Plänen der Ampel-Koalition für künftige Corona-Schutzmaßnahmen. Ein von der Bundesregierung erarbeiteter Entwurf sieht vom 20. März an generell nur noch wenige allgemeine Schutzregeln mit Masken- und Testvorgaben in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor.

Für regionale „Hotspots“ sollen aber weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament für sie eine besonders kritische Lage feststellt. Angesichts steigender Infektionszahlen gibt es Rufe nach mehr allgemeinen Schutzregeln.

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Beschlossen werden soll der Entwurf schon an diesem Freitag. Am Donnerstag wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Lage beraten. Die meisten Länder wollen den Großteil der Auflagen weiter gelten lassen - zunächst bis zum Ablauf einer Übergangsfrist am 2. April.

Corona-Inzidenz erreicht neuen Höchstwert

Auf Lockerungen hatte vor allem die FDP gedrungen. Erneut ließen Politiker von SPD und Grünen erkennen, dass sie mit dem Koalitionskompromiss nicht zufrieden sind. „Wir hätten uns die Möglichkeit für eine allgemeine Maskenpflicht im Basisschutz-Instrumentenkasten gewünscht“, sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt dem Nachrichtenportal „t-online“. „Dann hätten die Länder sie einfacher anwenden können, wenn und wo sie sie für nötig halten.“

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagt der „Passauer Neuen Presse“, es gebe im Moment wenig Anlass, über umfangreiche Lockerungen zu reden. „Wir sind in dieser Omikron-Welle offensichtlich noch nicht über den Berg“, warnte Dahmen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete unterdessen bei der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz erneut einen Höchstwert. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Mittwochmorgen mit 1607,1 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1585,4 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1319,0 (Vormonat: 1401,0). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 262.593 Corona-Neuinfektionen.

Söder kritisiert Alleingang der Bundesregierung

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz warf der Ampel-Koalition einen „politischen Offenbarungseid“ bei den künftigen Corona-Schutzregeln vor. Wider besseren Wissens wollten Abgeordnete von SPD und Grünen einer Gesetzesnovelle zustimmen, die kaum Schutz vor der Pandemie biete, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur.

„Der kleinste Koalitionspartner darf nicht einfach lebenswichtige Entscheidungen diktieren. Sonst wackelt der Schwanz mit dem Hund“, kritisierte Brysch mit Blick auf die FDP. Er warnte auch vor einer „windelweichen Hotspot-Regelung“, die vor keinem Gericht standhalte.

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Schwere Vorwürfe richtete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder an die Adresse der Koalition. Diese habe mit der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetze unmittelbar vor der Bund-Länder-Konferenz die Zusammenarbeit mit den Bundesländern aufgekündigt, sagte der CSU-Chef der „Augsburger Allgemeinen“.

„Wegen Corona braucht es leider keine Ministerpräsidentenkonferenz mehr“, urteilte Söder. „Der neue Entwurf wird von vielen Länder massiv kritisiert, damit liegt die Verantwortung nun allein beim Bund“, betonte der CSU-Chef.

Ärztekammer befürchtet „Flickenteppich“ bei Corona-Maßnahmen

Kritik am Regierungsentwurf kommt auch von den Ärzten. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, bemängelte, dass nur beispielhaft aufgeführt werde, ab wann die Länder schärfere Maßnahmen erlassen können. Das werde „zwangsläufig zu einem bundesweiten Flickenteppich unterschiedlicher regionaler Regelungen führen. Das verunsichert die Bevölkerung unnötig“, beklagte Reinhardt in der „Rheinischen Post“.

Der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Die geplante Hotspot-Regelung kann ein wirkungsvolles und zielgenaues Instrument sein. Zu dieser Regelung muss aber Klarheit und Planbarkeit herrschen, auch welche Kriterien der Gesetzgeber sich hier vorstellt.“

[Lesen Sie auch: Der große Corona-Poker: Welche Regeln fallen sollen – und welche nicht (T+)]

Gaß forderte, die Maskenpflicht „an Orten mit hoher Infektionsgefahr“ beizubehalten. Als Beispiele nannte er den Öffentlichen Nahverkehr, den Einzelhandel oder Orte mit vulnerablen Gruppen. Die Chefin der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, forderte ebenfalls, im Einzelhandel und Innenräumen weiter Masken vorzuschreiben.

„Gerade angesichts der steigenden Inzidenzen wäre es doch zumutbar, diese wirksame Maßnahme noch beizubehalten, bis sich das Infektionsgeschehen durch den eintretenden saisonalen Effekt tatsächlich abschwächt“, sagte Johna der „Augsburger Allgemeinen“. Auch Patientenschützer Brysch mahnte eine Maskenpflicht an, die über den Personenverkehr hinausgehe. (dpa)

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