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Das Außenministerium gibt 2500 Prozent mehr für humanitäre Hilfe aus als 2006. Überwacht werden die Ausgaben aber kaum.

© Jewel Samad/AFP

Bundesrechnungshof: Hilfen des Außenministeriums außer Kontrolle

Der Bundesrechnungshof hat sich das Auswärtige Amt vorgenommen. Das hat die Finanzen nicht immer unter Kontrolle, wenn es um Krisenhilfen geht.

Von Antje Sirleschtov

Wenn die Prüfer des Bundesrechnungshofes vor der Tür stehen, dann stehen die besuchten Behörden am Ende meist ziemlich dumm da. Mal werden Zinsen für ausstehende Zahlungen nicht eingetrieben, mal wird zu viel Geld für Baumaßnahmen ausgegeben, mal die ordnungsgemäße Prüfung von Rechnungen versäumt. Das ist seit Jahrzehnten so, weil der Rechnungshof, beauftragt vom Bundestag, erfahrungsgemäß immer Fehler findet.

In diesem Jahr berichten die Prüfer unter anderem von schlampiger Ausgabenkontrolle im Auswärtigen Amt. Dort werden unter anderem rund 1,8 Milliarden Euro im Jahr für humanitäre Hilfe und Krisenprävention ausgegeben. Das sind rund 2500 Prozent mehr als 2006, als die Summe sich noch auf 70 Millionen Euro belief. Nun sollte man annehmen, dass eine so gewaltige Ausgabensteigerung auch dazu führt, dass das Ministerium seine Kapazitäten zur Prüfung der rechtmäßigen Verwendung der Gelder an dieses Wachstum anpasst.

Allerdings, so stellten die Rechnungsprüfer bei ihrem Besuch schon 2015 fest, ist genau das nicht geschehen. Manche Zuwendungen wurden im Amt selbst geprüft, manche zur Prüfung dem Bundesverwaltungsamt übertragen. Das Ergebnis: In beiden Fällen gebe es „zahlreiche Schwächen“, die zum Teil bis heute noch nicht ganz abgestellt sind. So mussten die Prüfer feststellen, dass im Ministerium keine hinreichende Klarheit darüber besteht, wo welche Ausgaben überprüft werden. Und auch einen Gesamtüberblick über die Zuwendungen und dessen Bearbeitungsstand hat offenbar niemand. „Das Auswärtige Amt ist den steigenden Anforderungen an eine wirtschaftliche und ordnungsgemäße Gewährung von Zuwendungen derzeit nicht gewachsen“, monieren die Rechnungsprüfer. Es könne daher „nicht sicherstellen, dass die Mittel wie geplant verwendet werden und ihre Wirkung entfalten“.

Prüfer: Der Bund sollte weniger Geld ausgeben

Noch ein Beispiel? Wie sich jeder erinnern kann, hatten findige Finanzminister vor einigen Jahren sogenannte Steuer-CDs mit Informationen über Kapitalerträgen von Deutschen im Ausland angekauft, um den Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Aus Sorge vor der Entdeckung und strafrechtlichen Verfolgung hatten sich danach viele Bürger selbst angezeigt und ihre bis dato verschwiegenen ausländischen Kapitalerträge zur Nachversteuerung offengelegt. Ganz klar, dass sie die Beträge nachzahlen mussten – samt Zinsen. Die Finanzämter haben aber offenbar bei diesen Nachversteuerungen nur hinterzogene Jahressteuern verzinst, nicht aber die Zinsen der hinterzogenen Einkommensteuer-Vorauszahlungen eingefordert, fand der Rechnungshof heraus. Warum? „Das wussten viele der Beschäftigten in den Finanzämtern nicht“, stellten die Prüfer fest. Dem Fiskus seien deswegen seit dem Jahr 2010 Einnahmen von rund einer Milliarde Euro entgangen.

Doch nicht allein solch Fehlverhalten einzelner Ministerien und Behörden bewerten die Rechnungshofprüfer. Auch die grundsätzliche Haushaltsführung des Bundes behalten sie seit Jahrzehnten im Auge. Und können daher früh vor Fehlentwicklungen warnen. In diesem Jahr fällt diese Warnung deutlich aus. „Der Bundeshaushalt gerät immer stärker unter Druck“, sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Dienstag und forderte einen Kurswechsel in der Finanzpolitik. Denn „die expansive Ausgabenpolitik und die ausbleibende Konsolidierung nehmen dem Haushalt die Luft zum Atmen“. Die derzeit günstigen Rahmenbedingungen für den Bundeshaushalt erzeugten eine „Scheinsicherheit“. Die Bundesfinanzen brauchten Raum, damit die Politik auf die anstehenden Herausforderungen reagieren könne, ohne in die Verschuldung abzugleiten. Scheller nannte als einen zentralen Punkt den demografischen Wandel. Die Leistungen des Bundes an die Rentenversicherung würden in den kommenden Jahren massiv steigen. Dazu kämen zusätzliche notwendige Mittel für den Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur. Daneben belasteten steigende Hilfen für Länder und Gemeinden den Bund erheblich. Auf europäischer Ebene gebe es zudem Risiken vor allem wegen des Austritts von Großbritannien aus der Europäischen Union.

Zwar sei auch in Zukunft der Etat noch mit einer „Schwarzen Null“ geplant. Dieses Ziel solle aber ohne Konsolidierungsschritte erreicht werden. Stattdessen seien zusätzliche Ausgaben und steuerliche Entlastungen vorgesehen. Eine kritische Betrachtung der Etatentwicklung wäre aber gerade in Zeiten gesamtwirtschaftlich günstiger Rahmenbedingungen geboten. „Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie trägt dazu bei, dass die Politik auch in Zukunft handlungsfähig bleibt“, sagt Scheller. Und die „Schwarze Null“ nicht gefährdet ist. mit dpa

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