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Noch ein paar gute Ratschläge gefällig?

© Stefanie Loos/AFP

Bundespräsident ermahnt die neue Regierung: Steinmeiers Zeigefinger - War das wirklich nötig?

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat von der neuen Regierung "offene und ehrliche Debatten" gefordert. Das war überflüssig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Der Bundespräsident darf alles. Solange er nicht gegen Gesetze verstößt, darf er behutsam formulieren oder vom Leder ziehen, Lieder singen oder in sich gehen, Ruckreden halten oder philosophische Exkurse. Ganz, wie er will. Ganz, wie er es für richtig hält.

Am Tag der Ernennung des vierten Kabinetts von Angela Merkel hat Frank-Walter Steinmeier die neue Regierung ermahnt. Ein „schlichter Neuaufguss des Alten“ werde nicht genügen, sagte er. Diese Regierung müsse sich „neu und anders bewähren“. Über Gerechtigkeitsfragen, Flüchtlingspolitik und Migration, Integration und Heimat müsse es „offene und ehrliche Debatten“ geben, besonders im „direkten Gespräch“ mit den Bürgern.

An solchen Sätzen ist nichts verkehrt. Kaum ein Leitartikler hatte es in den vergangenen Tagen anders ausgedrückt. Aber warum musste sie der Bundespräsident, der ja einen maßgeblichen Anteil hatte an der Wiederauflage der großen Koalition, wiederholen? Für Reden im Grundsätzlichen, aber speziell für die des Staatsoberhauptes gilt: Man betont nur das, was nicht selbstverständlich ist. Wenn Steinmeier also offene Debatten anmahnt, transportiert er den Verdacht, diese sollten vermieden werden. Wenn er konkrete Themen wie Flüchtlingspolitik und Migration, Integration und Heimat als Beispiele für solche Debatten nennt, bedient er die Vorwürfe all jener, die mit der Betonung eben dieser Themen zu punkten versuchen.

Ein Bundespräsident sollte nicht am Volk vorbeireden. Er sollte aber auch keine Dazu-nicken-wir-mit-dem-Kopf-Sätze von sich geben, bei denen das Volk nur „genau, genau“ murmelt. In dieser Spannung bewährt er sich. Steinmeiers Ratschläge an die neue Regierung waren nicht verkehrt, aber überflüssig. An diesem Tag, an dem ohnehin keiner mit Ratschlägen geizte, wirkten sie etwas wohlfeil.

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