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Update

Bundesparteitag in Göttingen: Kipping und Riexinger stehen künftig an der Linken-Spitze

Auf dem Parteitag der Linken kommt es zur offenen Konfrontation zwischen Ost und West. Kurz vor der Wahl der neuen Parteiführung machen mehrere Kandidaten einen Rückzieher.

Von Matthias Meisner

Nach einer dramatischen Wahlschlacht stehen Katja Kipping aus Sachsen und Bernd Riexinger aus Baden-Württemberg an der Spitze der Linkspartei. Auf dem Bundesparteitag am Samstag in Göttingen setzte sich die bisherige Vizeparteichefin Kipping in einer Kampfkandidatur gegen die Hamburger Fraktionschefin Dora Heyenn durch. Beim Wahlgang für den zweiten Platz der Doppelspitze unterlag der vor allem von den ostdeutschen Reformern unterstützte frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch dem Stuttgarter Gewerkschafter Riexinger, Landeschef seiner Partei. Riexinger erhielt 297 Stimmen, Bartsch 251.

Kipping sagte, sie wolle „weg vom Lagerdenken, hin zum gemeinsamen Handeln“. Auch Riexinger versicherte, es gehe ihm darum, eine gemeinsame Linke weiter zu entwickeln. „Wir werden wieder auf die Erfolgsspur zurückkommen“, behauptete er. Vize-Parteichefin Sahra Wagenknecht – Lebensgefährtin des früheren Parteichefs Oskar Lafontaine – war zwar von vielen Genossen zur Kandidatur aufgefordert worden, hatte das aber abgelehnt. Sie sagte in einer persönlichen Erklärung, sie wolle nicht „die Polarisierung auf die Spitze treiben“.

Zuvor war es zur offenen Auseinandersetzung zwischen dem Gründungsvorsitzenden Lafontaine und Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi gekommen. Vor den Vorstandswahlen sagte Gysi vor den 550 Delegierten, die Vereinigung der Partei sei nicht gelungen. Gysi sprach von „Hass“ und „pathologischen Zuständen“ unter den Genossen, den er regelmäßig auch in der Fraktion erlebe. Falls es auf dem Parteitag nicht gelinge, eine kooperative Führung zu bilden und ein Flügel über den anderen siege, „wäre es besser, sich fair zu trennen“ als weiterhin unfair und mit Tricksereien und üblem Nachtreten ein in jeder Hinsicht verkorkstes Verhältnis aufrecht zu erhalten.

Lafontaine applaudierte während Gysis Rede nur einmal – als der Fraktionschef erklärt hatte, es gebe kein Recht, die Partei zu verspielen. Der frühere Vorsitzende, heute nur noch Chef der Landtagsfraktion im Saarland, rief aus: „Es gibt keinen Grund, das Wort Spaltung in den Mund zu nehmen.“ Beide Politiker rügten die Zerstrittenheit in der Linken, zogen allerdings unterschiedliche Schlussfolgerungen. Lafontaine meinte, die Linke marginalisiere sich „durch eine falsche Politik und ein falsches Auftreten“. Der Personalstreit müsse aufhören, „Nachtreten und Fingerhakeln“ werde vom Wähler nicht belohnt. Gysi kritisierte die großen Vorbehalte westdeutscher Genossen gegenüber den Verbänden im Osten, wo die Linke Volkspartei sei. „Das erinnert mich an die westliche Arroganz bei der Vereinigung unseres Landes“, sagte er.

Gysi erinnerte an seinen Versuch, in Gesprächen mit Lafontaine einen Kompromiss für eine kooperative Führung zu finden. Konkret hatte Gysi vorgeschlagen, Bartsch könne nach einer Rückkehr von Lafontaine als Parteichef wieder Bundesgeschäftsführer werden. Das hatte Lafontaine strikt abgelehnt, danach hatte er sein Angebot zur Kandidatur zurückgezogen. Lafontaine widersprach Gysi in Göttingen. Ein Vorsitzender und ein Geschäftsführer müssten „ein sehr enges Vertrauensverhältnis“ haben, dies sei „eine pure Selbstverständlichkeit“. Auch der scheidende Vorsitzende Klaus Ernst hatte deutlich gemacht, dass er die Linke in einer außerordentlich schwierigen Lage sieht.

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