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Der Bund steht finanziell gut da.

© dpa

Bundeshaushalt für 2017: Niedrige Zinsen machen hohe Ausgaben möglich

Der Bundesetat für das Wahljahr sieht höhere Investitionen vor. Und die Koalition gibt auch mehr Geld aus für innere und äußere Sicherheit.

Eckhardt Rehberg ist geübt darin, seine Stirn in Runzeln zu legen. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion warnt seit Monaten, dass der Bund bald schon überfordert sein könnte durch die ganzen Ansprüche, die Länder, Kommunen und auch die Kollegen in den Fachausschüssen des Bundestags an den Finanzminister herantragen. Das Füllhorn des Bundes, so Rehbergs ständiger Tenor, sei nicht unerschöpflich. Freilich ist der CDU-Mann auch einer, der schwer verstecken kann, wenn er sich freut. Und da das Füllhorn des Bundes eben ziemlich gut gefüllt ist, ist er am Freitag auch ganz guter Dinge gewesen, als er mit seinem ebenfalls froh gestimmten SPD-Kollegen Johannes Kahrs berichtete, was die letzte Nachtsitzung des Haushaltsausschusses zum Etatentwurf für das Wahljahr 2017 ergeben hat. Gegenüber dem Regierungsentwurf vom Juli konnten fast alle Einzeletats nochmals aufgestockt werden, so dass der neue Haushalt 329,1 Milliarden Euro umfassen wird – ein Plus von 3,8 Prozent gegenüber 2016. Und Rehberg kann sich für die kommende Wahlperiode, allen Warnungen vor der Etatüberforderung zum Trotz, sogar eine Steuerentlastung in Höhe von 15 Milliarden Euro vorstellen.

Bund schwimmt im Geld

Der Bund schwimmt derzeit regelrecht in Geld. Auch 2016 wird es einen Überschuss geben, und hätte Wolfgang Schäuble nicht begonnen, frühzeitig mehr Geld als geplant auszugeben (zum Beispiel mit der vorzeitigen Erstattung der Flüchtlingskosten an die Länder), wäre er wohl noch höher ausgefallen als im Vorjahr, als der Bund 12,8 Milliarden Euro mehr einnahm als er ausgab. Die Summe legte sich Schäuble für den Fall steigender Flüchtlingskosten zurück, buchungstechnisch aufgeteilt in jeweils gut sechs Milliarden für dieses und das kommende Jahr. Aber diese Rücklage muss er jetzt angesichts der guten Haushaltslage gar nicht antasten und hat sie weiter für alle Fälle in petto. Im Finanzministerium wird darüber nachgedacht, demnächst noch einen Nachtragshaushalt für 2016 aufzustellen. In dem sollen die unlängst mit den Ländern vereinbarten 3,5 Milliarden Euro für die Sanierung kommunaler Schulbauten beschlossen werden. Das würde den Überschuss (der natürlich allenthalben Erwartungen weckt) weiter senken. Angesichts der langen Vorlaufzeit für Baumaßnahmen wäre der Nachtragsetat eigentlich gar nicht nötig. Die schwarze Null, also den Etat ohne Neuverschuldung, gefährdet er jedenfalls nicht.
Der Geldsegen wird auch 2017 aller Voraussicht nach nicht zum Erliegen kommen, denn das Wirtschaftswachstum soll deutlich über einem Prozent liegen und die Beschäftigung dürfte konstant bleiben. Rehberg und Kahrs betonten, dass 2017 mehr als jeder zehnte Euro für Investitionen vorgesehen sei – die höchste Quote, welche die große Koalition bisher beschlossen hat. Dafür sorgten Rehberg und Kahrs auch ganz persönlich, denn der CDU-Mann aus Rostock und der SPD-Politiker aus Hamburg hatten sich dafür stark gemacht, dass der Bund fünf neue Korvetten für die Bundesmarine bestellen wird, ein Arbeitsplatzprogramm für die Werften im Norden. „Wahlgeschenke“ seien das, kritisierten die Chefhaushälter der Opposition, Roland Claus (Linke) und Sven-Christian Kindler (Grüne).

Fünf neue Korvetten

Doch passen die Korvetten ganz gut in das Bild, das dieser Etat ergibt. Denn neben den deutlich höheren Investitionen in die Infrastruktur stehen nicht zuletzt erhebliche Ausgabenzuwächse für die innere und äußere Sicherheit. Maßnahmen gegen potenzielle Terrorgefahren im Inneren, die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Bekämpfung von Fluchtursachen, neue Anforderungen an die Bundeswehr („im Mittelmeer und in der Ostsee“, wie Rehberg sagte) – die zusätzlichen Mittel für das Innenministerium, das Verteidigungsressort, das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium gehen vor allem darauf zurück. So wird die Bundespolizei bis 2020 um 7000 Stellen aufgestockt, der Entwicklungsetat steigt massiv auf eine neue Rekordsumme (die aber immer noch hinter dem Ziel zurückbleibt, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dafür auszugeben). Nochmals deutlich erhöht wurden auch die Ausgaben für die Geheimdienste, für Verfassungsschutz, Militärischen Abschirmdienst und Bundesnachrichtendienst, was Kindler und Claus kritisierten. Grüne und Linke hatten dafür plädiert, deren Etatansätze zu senken.

Zinsausgaben halbiert

Auch in anderen Einzeletats sind die Steigerungen teils massiv. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) steht an der Spitze, weil sie auch den Bau verantwortet – über ihr Ressort laufen die neuen Programme für den sozialen Wohnungsbau. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) darf im kommenden Jahr seinen „Investitionshochlauf“ nochmals forcieren. Möglich werden die satten Zuwächse durch ein abermals deftiges Minus bei der Bundesschuld. Der Haushaltsplan enthält nur noch Ausgaben von knapp 20 Milliarden Euro, ein Fünftel weniger als im Soll für das Jahr 2016. 18,5 Milliarden Euro davon entfallen auf Zinszahlungen, eine glatte Halbierung gegenüber 2008, als es noch 40,2 Milliarden Euro. Und auch wenn sowohl die Haushälter der Koalition als auch die der Opposition am Freitag davon sprachen, dass die niedrigen Zinsen nicht ewig währen werden – Schäuble geht noch jahrelang von relativ niedrigen Zinsausgaben aus. 2020 etwa sollen dafür nach der Haushaltsplanung 21,9 Milliarden Euro ausgegeben werden, was natürlich zu einem kleinen Teil auch daran liegt, dass der Bund 2017, wenn alles nach Plan läuft, zum vierten Mal in Folge keine neuen Schulden macht. Kindler bemängelte, dass der ausgeglichene Haushalt dank der Zinsentwicklung nur "ein glücklicher Zufall" sei und "nicht das Ergebnis harter Arbeit am Haushalt selbst". Claus sagte, dass die Regierung angesichts der massiven Überschüsse mehr tun müsste, um die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft anzugehen.

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