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Gewohnt markant. Altkanzler Gerhard Schröder bei einem Russlandbesuch im Jahr 2021.

© imago images/ITAR-TASS

Büros der Altkanzler: Am Ende kann es peinlich werden

Nicht erst die Selbstentblößung Gerhard Schröders lässt die Privilegien für Ex-Regierungschefs fragwürdig erscheinen. Sie sind verzichtbar. Ein Kommentar

Wo wir gerade beim Aufarbeiten von Fehlern der Vergangenheit sind: Was ist mit 2018? In jenem Jahr machte der Rechnungshof seine Untersuchungen zu den Büros ehemaliger Kanzler und Präsidenten publik. Der Befund war aufschlussreich. Die lebenslange Ausstattung mit Arbeitszimmern, Dienstwagen samt Chauffeur sowie Sicherheitsleuten hat, so wurde offenbar, keine Grundlage außer dem parlamentarischen Haushaltsbeschluss, dass es dies alles irgendwie geben soll.

Für den ersten Kanzler der Republik, Konrad Adenauer, hatte noch seine Partei das Sekretariat bezahlt. Der zweite, Ludwig Erhard, bekam zur „Abwicklung fortwirkender Verpflichtungen“ Hilfe aus dem Kanzleramt. Etabliert hat sich damit, was heute Staatspraxis genannt wird: Eine großzügige Vollversorgung, die Ausgeschiedenen vermittelt, ein Amt für die Ewigkeit ausgeübt zu haben. Die Abwicklung wurde zur Dauerschleife.

Die Adenauer-Lösung war nicht die schlechteste

Für Staatsoberhäupter mag es angemessen sein, sie in ihrem Nachwirken umfassend zu fördern. Kraft früheren Amtes hatten sie eine repräsentative und integrierende Funktion, die politischer Parteilichkeit weitgehend entzogen war. Dieser symbolische Glanz strahlt weiter. Regierungschefs haben einen anderen Job. Sie haben Macht und treffen Entscheidungen.

Sie verselbstständigen sich nicht in gleicher Weise im Amt, sondern bleiben abhängig vom parteipolitischen Zusammenhalt. Die Adenauer-Lösung war daher nicht die schlechteste. Der Staat alimentiert die Ausgeschiedenen nicht gerade knapp. Doch er ehrt und verwöhnt sie nicht. Das müssten die Parteien schon selbst besorgen. Wenn sie es wollen.

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Schröder hat in einzigartiger Weise seine Amtszeit vergoldet

Wenn die Einsichten von damals mit Gerhard Schröders fragwürdiger Nachkanzlerzeit neu in die Diskussion gelangen, kann dies nur von Vorteil sein. Er, der mit dem Ausstieg aus dem Amt ins Russlandgeschäft einstieg, hat in historisch einzigartiger Weise seine Amtszeit vergoldet. Das war schon zu einem Zeitpunkt peinlich, als Russlands Präsident Putin noch vielen als Volksfreund galt. Nur Folgen hatte es nie. Mit Schröders jüngster Selbstentblößung beim Weißwein mit der „New York Times“ schämen sich nun alle, die dabei zusahen oder oder sich Kritik allein wegen der Sorge verboten hatten, als Neider dazustehen. Nicht nur in der SPD.

Ein komisches Konstrukt, das Missbrauch begünstigt

Das Zwiespältige an den Nachlaufbüros, wie der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sie treffend nennt, wird auch in ihrer institutionellen Verortung offenbar. Der Bundestag beschließt den Priviliegienumfang, doch die Mitarbeiter der Kanzler a.D. bleiben Beschäftigte des Kanzleramts, das sie beaufsichtigt. Gleichzeitig seien die Büros „funktionell und organisatorisch selbstständig“, wie auf Anfrage mitgeteilt wird. Sie unterliegen also keiner Kontrolle. Ein komisches Konstrukt, das Missbrauch begünstigt. Angela Merkel könnte ihrem Land einen Dienst erweisen, indem sie auf solche Dienste verzichtet. Schröder schafft es nicht mehr.

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