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Udar-Partei-Chef Vitali Klitschko.

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Bürgermeisterwahl in Kiew: Julia Timoschenko gegen Vitali Klitschko

Kandidatenkür in Kiew: Bei der Bürgermeisterwahl im Oktober könnten sich Julia Timoschenko und Vitali Klitschko als Gegner treffen.

Wird es im Oktober zum Duell Vitali Klitschko gegen Julia Timoschenko kommen? Obwohl auch in Kiew die meisten Menschen der Ukraine Sommerpause machen, sprechen die großen Tageszeitungen schon jetzt von einem „heißen Herbst“, der vor allen den Hauptstadtbewohnern bevorstehe. Am 25. Oktober finden landesweite Kommunalwahlen statt, in Kiew will Vitali Klitschko erneut um das prestigeträchtige Amt des Bürgermeisters antreten. Doch dieses Amt könnte ihm nun die frühere Regierungschefin streitig machen.

Unterstützung bekommt sie offenbar von den immer noch einflussreichen Oligarchen, die derzeit offensiv dabei sind, ihre Kräfte zu bündeln, um sich gegen die Regierung zu positionieren. Selbst von Regierungsseite wird mittlerweile bestätigt, dass sich die drei mächtigen Oligarchen Rinat Achmetow, Viktor Pintschuk und Sergej Taruta zu mehreren Geheimtreffen in Kiew eingefunden haben sollen, um über ein neues politisches Projekt zu reden. Sergej Leschtschenko, Abgeordneter beim „Block Poroschenko“, schreibt auf Facebook: „Es hat diese Treffen gegeben und diese Herren werden sich wahrscheinlich wieder treffen.“

Julia Timoschenko.
Julia Timoschenko.

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Angeblich soll Timoschenko in den Überlegungen der Oligarchen eine zentrale Rolle spielen. Grigorij Nemyria, Abgeordneter von Timoschenkos „Vaterlandspartei“, dementierte gegenüber dem Tagesspiegel zwar, dass die 55-Jährige antreten soll. Offiziell hat aber weder die Partei noch Timoschenko selbst dazu Stellung genommen. Das wird in Kiew als Zeichen gewertet, dass es Verhandlungen gibt. Dass die ukrainische Politik immer für eine Überraschung gut ist, beweisen zudem Meldungen und Gerüchte, die seit Tagen Medien und Politikberater nervös machen.

Ein Deal macht's möglich

Eigentlich wollte Staatspräsident Petro Poroschenko mit seiner Partei „Solidarität“ nicht nur in Kiew mit einem eigenen Kandidaten gegen Klitschko ins Rennen gehen, sondern auch landesweit einen eigenen Wahlkampf führen. Doch seine Partei verfügt weder über einen charismatischen Kandidaten noch über eine eigene, landesweite Struktur – zudem fallen die Umfragewerte von Präsident Poroschenko stetig: Sie liegen jetzt nur noch bei 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund hat es offenbar einen Deal zwischen Poroschenko und Klitschkos Udar-Partei gegeben.

Der Vize-Fraktionschef Igor Kononenko, ein Vertrauter und enger Geschäftspartner Poroschenkos, gab Mitte der Woche bekannt, Udar und der „Block Poroschenko“ würden Klitschko als gemeinsamen Kandidaten in Kiew ins Rennen schicken und bei den Lokalwahlen mit einer gemeinsamen Liste antreten. Es wurden auch schon Zahlen bekannt. Angeblich sollen die Listenplätze zu 30 Prozent mit Udar-Leuten und zu 70 Prozent mit Poroschenkos Anhängern besetzt werden. Quellen, die der Udar-Partei nahe stehen, sprechen von einer Aufteilung 50 zu 50. Das Führungsduo aus Regierungschef Arsenij Jazenjuk und Poroschenko steht in der Ukraine seit Monaten in der Kritik.

Riesige Preissteigerungen

Den Bürgern gehen die versprochenen Reformen nicht schnell genug. Zudem sind Preise und Abgaben sind um teilweise 400 Prozent gestiegen. Weder die Korruption noch die Vetternwirtschaft konnten Jazenjuk und Poroschenko entscheidend eindämmen. Timoschenko war zuletzt immer stärker auf Distanz zu ihren Regierungspartnern gegangen. Vor allem die Preiserhöhungen kritisierte sie heftig. Ihre Zustimmungswerte erhöhten sich auf zuletzt 22 Prozent, im vergangenen Herbst hatte ihre Vaterlandspartei mit 5,6 Prozent nur knapp den Einzug ins Parlament erreicht. Der Kiewer Politologe Wladimir Fesenko hält es auch für möglich, dass sich Timoschenko für mögliche Parlamentsneuwahlen warmläuft.

Sollte „Narodni Front“, die Partei von Premier Arsenij Jazenjuk, bei den Kommunalwahlen das Wahldebakel erleiden, das ihm Umfragen voraussagen – die Werte liegen derzeit bei 3,6 Prozent –, würde in der Ukraine spätestens im November die Diskussion um Neuwahlen voll ausbrechen.

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