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Huthi-Milizen haben Jemens Hauptstadt Sanaa unter Kontrolle.

© Yahya Arhab/dpa

Bürgerkrieg im Jemen: Huthi-Rebellen auf dem Vormarsch

Nach der Hauptstadt Sanaa stehen die schiitischen Huthis vor der Einnahme der wichtigen Hafenstadt Aden. Präsident Hadi flieht aus seiner Residenz und bittet um internationale Militärhilfe. Saudi-Arabien zieht Truppen an der Grenze zusammen.

Der dramatische Zerfall des Jemen hat in der Golfregion und den westlichen Hauptstädten Besorgnis ausgelöst. Die mit dem Iran verbündeten schiitischen Huthi-Rebellen stehen praktisch am Golf von Aden, durch den eine der wichtigsten internationalen Schifffahrtsrouten führt. Al Qaida triumphiert, nachdem die Vereinigten Staaten ihre letzten Spezialeinheiten evakuieren mussten, die die Drohneneinsätze vor Ort koordinierten. Und Jemens Regierung, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützt wird, ist zusammengebrochen.

Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi, auf den die Rebellen ein Kopfgeld aussetzten, tauchte unter. Am Mittwochmorgen verließ das Staatsoberhaupt Hals über Kopf seine Residenz in Aden, wo er seit der Flucht aus Sanaa residiert hatte. Nach Angaben der Palastgarde setzte sich der Präsident mit einem Hubschrauber und begleitet von saudischen Diplomaten ins Ausland ab, was aus seiner Umgebung umgehend dementiert wurde. Hadi sei noch im Jemen und lediglich in der Umgebung von Aden an einen sicheren Ort gebracht worden, erklärte ein Berater. Wo sich der gejagte Präsident wirklich aufhält, blieb unklar.

Hält sich Präsident Hadi überhaupt noch im Land auf?
Hält sich Präsident Hadi überhaupt noch im Land auf?

© AFP

Wenige Stunden zuvor hatte sich Hadi mit einem dramatischen Aufruf an den UN-Sicherheitsrat gewandt und an alle „willigen Nationen“ appelliert, „Jemen zu schützen und den Angriff der Huthis auf Aden abzuwehren, der jeden Augenblick erfolgen kann“. Ausdrücklich bat er um Luftunterstützung der Golfstaaten gegen die Kampfflugzeuge seiner Gegner.

Diese nahmen am Mittwoch erneut den Al-Maasheeq-Palast von Aden unter Beschuss, der Hadi in den vergangenen Wochen nach seiner Flucht aus Sanaa als Residenz gedient hatte. Der Flughafen wurde geschlossen. Der Gouverneur ließ Bürgerwehren aufstellen und Waffen ausgeben, um die Stadt gegen die Invasoren zu verteidigen. Am Samstag will die Arabische Liga auf ihrem Gipfel im ägyptischen Scharm al Scheich über die Krise und eine mögliche Militärintervention beraten.

Gleichzeitig mehrten sich am Mittwoch die Anzeichen für eine Intervention des Nachbarlandes Saudi-Arabien. Die sunnitische Monarachie ziehe schweres Militärgerät an der Grenze zum Jemen zusammen, hieß es in Kreisen der US-Regierung.

Luftwaffenbasis in den Händen der Rebellen

Derweil schließt sich der Belagerungsring der Huthis um Aden, nachdem die Rebellen am Wochenende mit Taiz auch die drittgrößte Stadt des Landes erobern konnten. In der Nacht zum Mittwoch fiel ihnen Jemens größte Luftwaffenbasis in Al Anad 50 Kilometer vor Aden in die Hände, von der aus die amerikanischen Drohnenangriffe auf Al Qaida organisiert worden waren.

Unterstützt werden die schiitischen Huthis, die etwa ein Drittel der 35 Millionen Einwohner ausmachen, von Armeeeinheiten, die nach wie vor loyal zu dem im Jahr 2012 im Zuge des Arabischen Frühlings gestürzten Alt-Präsidenten Ali Abdullah Saleh sind. Saleh hatte in den vergangenen zehn Jahren seiner Herrschaft sechs blutige Feldzüge gegen die Huthis geführt, die mehr als 100 000 Menschen das Leben kosteten. Jetzt hat er sich mit seinen einstigen Todfeinden gegen seinen Nachfolger Hadi verbündet, weil er hofft, die verlorene Macht zurückerobern zu können.

Der IS setzt sich im Land fest

Von dem Chaos im Jemen profitiert aber auch „Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel“ (AQAP), die seit zehn Jahren als die gefährlichste Filiale des Terrornetzwerkes gilt. Sie braucht in absehbarer Zeit keine weiteren Militäraktionen durch die jemenitische Armee und ihre amerikanischen Verbündeten zu befürchten. Aber auch der „Islamische Staat“ beginnt sich offenbar im Jemen zu etablieren.

Die Terrororganisation des selbst ernannten „Kalifen Ibrahim“ alias Abu Bakr al Baghdadi bekannte sich zu den beiden verheerenden Selbstmordattentaten am vergangenen Freitag in Moscheen von Sanaa, die 137 Menschen das Leben kosteten, darunter 13 Kindern. Die neue IS-Präsenz an der Südspitze der Arabischen Halbinsel könnte einen Wettlauf der Brutalität zwischen den beiden Terrorrivalen auslösen, wie er auch in anderen Teilen der arabischen Welt droht.

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