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EU-Währungskommissar Pierre Moscovici.

© Alberto Pizzoli/AFP

Budgetstreit mit Italien: Die heikle Mission des Monsieur Moscovici

EU-Währungskommissar Moscovici will Italien vom Schuldenmachen abhalten – und zieht dabei Samthandschuhe an.

Eine der schwierigsten Aufgaben, welche die EU derzeit zu vergeben hat, liegt in den Händen von Pierre Moscovici. Der Franzose, der das Amt des EU-Währungskommissars ausübt, wird voraussichtlich an diesem Dienstag einen wesentlichen Anteil an der Bewertung des umstrittenen italienischen Budgets haben. Die EU-Kommission muss erklären, wie sie mit der jüngsten Erklärung der italienischen Regierung umgeht, den Budgetentwurf trotz der Bedenken aus Brüssel nicht abzuändern.

Italien könnte schlimmstenfalls eine neue Finanzkrise heraufbeschwören

Moscovicis Aufgabe ist deshalb so heikel, weil der Streit um Italiens Neuverschuldung im schlimmsten Fall eine massive Finanzkrise und das Ende der Währungsunion heraufbeschwören könnte. Ernsthaft will das niemand. Italiens Innenminister Matteo Salvini, der Chef der Lega-Partei, droht allerdings gelegentlich damit, dass Italien das angebliche Joch der Währungsunion ganz gerne abschütteln würde. Das würde auch unweigerlich das Ende des Euro bedeuten. Theoretisch würde nämlich ein Euro-Austritt Italiens wegen der italienischen Verbindlichkeiten im System der Notenbanken im Euro-Raum auch die übrigen Staaten der Währungsunion finanziell in den Abgrund reißen.

Dies dürfte Moscovici im Hinterkopf gehabt haben, als er am Montag in einem Interview mit dem französischen Radiosender „France Inter“ erklärte, dass die Kommission eine Krise zwischen Brüssel und Rom vermeiden wolle. Die EU-Kommission sei der Auffassung, „dass der Platz Italiens im Herzen Europas und der Euro-Zone ist“, beteuerte Moscovici.

Eine ähnliche Tonlage hatte der Franzose bereits in der vergangenen Woche angeschlagen, als er in Rom bei einer Pressekonferenz an der Seite des Finanzministers Giovanni Tria forderte, dass Brüssel und Rom den Streit über das Budget „mit kühlem Kopf“ angehen müssten. „Ich habe eine große Sympathie für dieses Land, das ein europäischer Gründungsstaat ist“, erklärte Moscovici. „Ich kann mir Italien ohne Europa nicht vorstellen“.

Der EU-Währungskommissar will nicht als Zuchtmeister auftreten

Keine Frage: Der EU-Währungskommissar Moscovici möchte in Italien nicht als Brüsseler Zuchtmeister wahrgenommen werden. Aber auch wenn der Franzose auf den Dialog setzt, wird die EU-Kommission bei ihrer Bewertung des italienischen Etats wohl kaum darüber hinwegsehen können, dass zwischen den Vorstellungen beider Seiten immer noch eine milliardenschwere Lücke klafft: Die Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung, die für das kommende Jahr vorgesehen ist, weicht weit von den Brüsseler Vorgaben ab. Ursprünglich war mit der Vorgängerregierung in Rom eine Neuverschuldung von 0,8 Prozent vereinbart worden. Mittlerweile würde Brüssel wohl ein Defizit von 1,5 Prozent akzeptieren – mehr aber auch nicht.

Deshalb wies Moscovici in dem Interview mit „France Inter“ vorsorglich darauf hin, dass Italien keine Sonderbehandlung erwarten kann, wenn die Kommission sich mit dem Budget aus Rom befassen wird. Es sei am Dienstag darüber zu diskutieren, ob Italien einen neuen Haushalt vorlegen müsse, der den Bedenken der Brüsseler Behörde Rechnung trage, erklärte Moscovici. Auch wenn sich Rom also darauf einstellen muss, eine Mahnung aus Brüssel zu erhalten, bemühte sich Moscovici um Deeskalation. Es gehe nicht darum, den Haushalt aus Rom „zurückzuweisen“, sagte er. Soll heißen: Beim Budgetstreit soll in den nächsten Wochen noch genügend Raum für Verhandlungen bleiben.

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