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Protest gegen Björn Höcke: In Bornhagen, dem Wohnort des AfD-Politikers, errichtete das Zentrum für politische Schönheit 2017 den Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals.

© Imago/Snapshot

„Brutal schiefer Vergleich“: Lea Rosh attackiert Sachsens Ministerpräsident Kretschmer

Sachsens CDU-Regierungschef hat die Aktionskünstler vom ZPS mit Neonazis in einen Topf geworfen. Lea Rosh, Initiatorin des Holocaust-Mahnmals, ist empört.

Von Matthias Meisner

Die Initiatorin des Berliner Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, ist äußerst verärgert, weil Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Aktionskünstler vom Zentrum für politische Schönheit (ZPS) mit der rechtsextremen "Identitären Bewegung" verglichen hat.

Rosh, Vorsitzende des Förderkreises "Denkmal für die ermordeten Juden Europas", nannte den Vergleich am Donnerstag in Berlin "brutal schief" - und nicht nur plump, wie SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem Regierungschef und sächsischen CDU-Vorsitzenden vorgeworfen hatte. Bei näherem Hinsehen sei es viel mehr als einer plumper Vergleich, "und viel perfider", sagte sie.

Rosh erklärte, in Wirklichkeit sage Kretschmer "Lass doch die Rechten marschieren, die wollen doch genauso nur spielen wie das ZPS". In der Realität aber werde letzteres über Jahre hinweg unzulässigerweise mit strafrechtlichen Ermittlungen überzogen, während man die Rechten unbehelligt lasse. "So werden Tatsachen verdreht", sagte Lea Rosh weiter. "Offenbar muss man Herrn Kretschmer daran erinnern, dass Recht und Gesetz auch für Ministerpräsidenten gelten."

Kretschmer hatte in einem Interview mit dem Tagesspiegel erklärt, Reichsbürger, Identitäre und "Der III. Weg" stellten "unsere Demokratie und Freiheit in Frage". Dagegen sei Aufklärung an Schulen, politische Bildung und konsequentes Handeln des Staates bei Rechtsverstößen notwendig.

Der CDU-Politiker betonte allerdings auch: "Die Grenzüberschreitungen finden in beide Richtungen statt. Wenn das Zentrum für politische Schönheit bestimmte Aktionen macht, ist das Ausdruck der Kunstfreiheit, wenn die Identitären Kreuze auf dem Görlitzer Untermarkt aufstellen, dann ist der Aufschrei groß. Ich finde beides geschmacklos. Hier werden Grenzen verschoben. Es radikalisiert sich zunehmend."

Lea Rosh, Vorsitzende des Förderkreises "Denkmal für die ermordeten Juden Europas".
Lea Rosh, Vorsitzende des Förderkreises "Denkmal für die ermordeten Juden Europas".

© Britta Pedersen/dpa

Das ZPS hatte im Herbst 2017 in Reaktion auf die Dresdner Brandrede des thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in dessen Wohnort Bornhagen (Eichsfeld) den Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals errichtet. Die Künstlergruppe protestierte damit gegen die Aussage Höckes, die Gedenkstätte in Berlin sei ein "Denkmal der Schande" und seine Forderung nach einer "erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad". Ein mutmaßlich AfD-naher Staatsanwalt aus Gera hatte gegen das ZPS Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet, die umstrittenen Ermittlungen waren im April nach 16 Monaten eingestellt worden.

In Sachsen war die AfD bei der Bundestagswahl 2017 stärkste Partei geworden, sie lag knapp vor der CDU. Bei der Kommunalwahl im Freistaat am 26. Mai und bei der Landtagswahl am 1. September setzt die rechtsradikale Partei auf neue Erfolge. Kretschmer grenzt sich zwar verbal immer wieder von der AfD ab, aber Parteifreunde von ihm schließen eine schwarz-blaue Zusammenarbeit nicht aus.

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