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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

© dpa

Brüssel im Panikmodus: Kritik an Ursula von der Leyen wächst

Im Streit um die EU-Impfstoffbeschaffung ist Ursula von der Leyen angeschlagen. Dabei macht es die Kommissionschefin ihren Kritikern einfach. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Ursula von der Leyen steht zunehmend unter Druck. Die Coronakrise setzt ihr zu, und sonderlich überzeugend kommt ihr Umgang mit der Kritik am EU-Krisenmanagement nicht rüber. Sind etwa ausgerechnet der ersten Frau im Amt an der EU-Kommissionsspitze die Aufgaben über den Kopf gewachsen?

Unter anderem geht es um die Frage, warum die EU erst drei Monate nach Großbritannien Impfstoff beim Pharmahersteller Astrazeneca bestellt hat. Auf die Frage, welche Lehren die EU für künftige Krisen aus den späten Bestellungen ziehen will, weicht von der Leyen aber aus und verweist auf ihre Nachverhandlungen mit den Herstellern. Die Gespräche mit den Pharmariesen sollen der Gemeinschaft der 27 Staaten nun zusätzliche Vakzine bringen.

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Bisher tröpfelt der Impfstoff in der EU langsamer als in Großbritannien und in den USA. Deshalb wäre es das Mindeste, wenn man von der Kommissionspräsidentin ähnlich wie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Hauch Selbstkritik hören würde. Spahn hat angesichts der Impfkampagne in Deutschland eigene Fehler durchaus zugegeben.

Außerdem rächt sich nun letztlich auch, dass die Kommissionspräsidentin im Dezember den gemeinsamen Start der Verabreichung der Vakzine innerhalb der EU allzu glamourös verkündet hat. Mehr Nüchternheit beim Verkaufen der gemeinschaftlichen Beschaffung, die an sich nach wie vor richtig bleibt, wäre besser gewesen.

So aber wiederholt sich nun in Brüssel ein Muster, das man bei von der Leyen auch schon in deren Zeit als Verteidigungsministerin beobachten konnte. In Berlin wurde ihr der Vorwurf gemacht, allzu sehr auf ihre Außenwirkung bedacht zu sein.

Patzer bei der Einführung von Exportkontrollen

Als nach Weihnachten die gemeinsame EU-Impfkampagne begann, konnte von der Leyen allerdings noch nichts vom Lieferausfall bei Astrazeneca ahnen, der sie nun zur politischen Selbstverteidigung zwingt. Ein entscheidendes Element ihrer Strategie besteht darin, dass die EU nun genauer kontrollieren will, ob möglicherweise dringend benötigter Impfstoff in Drittländer wie Großbritannien exportiert wird.

Auch dabei sind von der Leyen Fehler unterlaufen. Ihr Kabinett in Brüssel ließ es im Streit mit Astrazeneca zu, dass zwischenzeitlich eine Kontrolle für einen möglichen Export von Impfstoffen zwischen Irland und Nordirland ermöglicht wurde – ausgerechnet an jener Grenze in der ehemaligen Bürgerkriegsregion, wo neue Barrieren eigentlich tabu sein sollten. Jene Grenze war von der EU im Brexit-Streit aus grundsätzlichen Erwägungen für geradezu unantastbar erklärt worden.

Besonders dieses Fiasko um die Exportkontrollen im Norden der irischen Insel macht deutlich, dass in der Kommission in der Frage der Beschaffung Panik ausgebrochen ist.

Von der Leyen dürfte wissen, dass sie vor allem auf die Hersteller und deren Kapazitäten angewiesen ist. Wünschenswert wäre indes, dass ihre Position an der Spitze der EU-Kommission nicht weiter geschwächt wird – durch Kritik, die sie selbst hervorruft.

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