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Menschen protestieren bei einer Demo in Luxemburg für besseren Whistleblower-Schutz.

© Julien Warnand/dpa

Brüssel: EU will besseren Schutz für Whistleblower

Die EU will die Rechte von Whistleblowern besser regeln und sie vor Nachteilen am Arbeitsplatz bewahren. Deutschland ist sie damit weit voraus,

Es sind solche Geschichten, die potenzielle Whistleblower abschrecken: Antoine Deltour, eine der Personen, die den Lux-Leaks-Skandal lostraten, wurde zu einer Geldbuße verurteilt. Der wohl bekannteste Whistleblower der Welt, Edward Snowden, musste sein Heimatland verlassen und lebt nun in Russland im Exil.

Die Europäische Union möchte einige Hürden, die Menschen davon abhalten, an die Öffentlichkeit zu gehen, nun beseitigen. Die Kommission will Informanten, die schwere Missstände in Unternehmen oder öffentlichen Institutionen publik machen, EU-weit schützen. „Whistleblower helfen dabei, Bedrohungen oder Schäden für das öffentliche Interesse aufzudecken“, heißt es im Gesetzesvorschlag, der der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt.

Die Behörde wolle deshalb bei ihrer Präsentation am Montag verdeutlichen, wie Informanten in der EU mehr Sicherheit vor Repressalien garantiert werden kann. Die Richtlinie solle gemeinsame Mindeststandards für den Schutz von Personen in der EU setzen, die Verstöße in ihrem Unternehmen oder ihrer Organisation offenlegen.

Wie vom Europäischen Parlament gefordert habe die Kommission versucht, den Begriff „Hinweisgeber“ möglichst breit zu fassen. So sollen nicht nur Angestellte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, sondern auch unbezahlte Praktikanten oder ehrenamtlich Tätige geschützt werden, heißt es in dem Bericht. Außerdem sollen nicht, wie etwa zurzeit in Deutschland, Whistleblower nur in bestimmten Bereichen wie der Finanzbranche geschützt werden, sondern in allen Arbeitsfeldern.

Die EU-Staaten sollen demnach sicherstellen, dass in Unternehmen „interne Kanäle und Verfahren für die Berichterstattung und Weiterverfolgung von Berichten“ eingerichtet werden, gegebenenfalls nach Anhörung der Sozialpartner. Der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht begrüßt den Gesetzesentwurf als „wichtigen und großen Schritt“.

Keine Möglichkeit für anonyme Tipps

Jedoch fehle eine Möglichkeit, Informationen auch anonym weiterzugeben. „Man steht trotzdem mit dem eigenen Namen in der Öffentlichkeit“, sagt Albrecht. Zudem sei es nicht klar genug formuliert, ab wann Whistleblower zu Behörden oder an die Öffentlichkeit gehen dürfen, ohne sich nach der Geschäftsgeheimnisrichtlinie strafbar zu machen.

Mithilfe dieser im Jahr 2016 verabschiedeten Richtlinie können sich Unternehmen gegen die Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen wehren. Die Nichtregierungsorganisation „Corporate Europe Observatory“ kritisierte damals, dies sei eine Lizenz zur Geheimniskrämerei. Es gibt eine Ausnahme für Whistleblower, solange die veröffentlichten Informationen im Allgemeininteresse sind. Wann dies genau erfüllt ist, ist nach Albrechts Aussage noch unklar.

Hierzulande könnte es nun zu einer starken Ausweitung des Whistleblower-Schutzes kommen. „Deutschland tut bisher nur das absolute Minimum“, sagt Julia Reda, stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Zudem habe man sogar die von der EU vorgesehene Ausnahme in der Geschäftsgeheimnisrichtlinie abgeschwächt. Im Referentenentwurf der Bundesregierung stehe, dass die Informationen nicht nur von allgemeinem Interesse sein müssen, sondern derjenige, der sie veröffentlicht, auch die Absicht haben muss, dem Allgemeinwohl zu dienen.

Dies mache die Whistleblower angreifbar, da man ihnen in Gerichtsverfahren niedere Absichten unterstellen könnte, erklärt Reda. Auch in der Whistleblower-Richtlinie der Kommission ist festgehalten, dass nicht die Intention zähle, sondern die Wichtigkeit der Informationen. Der Gesetzesvorschlag schützt nicht nur vor strafrechtlicher Verfolgung, sondern auch vor Kündigung oder Repressionen am Arbeitsplatz, erklärt Reda.

„Die Bundesregierung hinkt in der Rechtspolitik der EU-Kommission hinterher“, sagte auch der Hamburger Justizsenator Steffen (Grüne) dem „Handelsblatt“. Die EU-Initiative sei als „Schritt in die richtige Richtung“ zu begrüßen. Ähnlich äußerte sich der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). „Nur so können Missstände aufgedeckt werden“, sagte er dem Blatt.

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