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Quizmaster. Ein Foto von Johnson vertieft die Vertrauenskrise.

© Kirsty O'connor/dpa

Britischer Premier unter Druck: Boris Johnson bekommt immer mehr Ärger

Neue Vorwürfe gegen den britischen Premier Boris Johnson regen nun selbst seine Parteifreunde auf. 60 Abgeordnete wollen ihm die Gefolgschaft verweigern.

Unsaubere Geldgeschäfte bei der Renovierung seiner Dienstwohnung in der Downing Street, immer neue Enthüllungen über Weihnachtspartys diverser Ministerien vor Jahresfrist im Lockdown, eine Rebellion in Kabinett und Fraktion gegen neue Corona-Einschränkungen – Premierminister Boris Johnson steckt in schwersten Turbulenzen.

Nun legt ein am Sonntag veröffentlichtes Foto nahe, was bisher noch niemand behauptet hatte: Der Chef selbst soll gegen Corona-Maßnahmen seiner eigenen Regierung verstoßen haben.

Der „Sunday Mirror“ druckte das Dokument auf seiner Titelseite: Johnson im korrekten Anzug mit Krawatte wird dabei von zwei Mitarbeitern flankiert, deren Kleidung auf legeren Zeitvertreib schließen lässt. Es habe sich um ein Weihnachtsquiz gehandelt, bei dem in der Regierungszentrale reichlich Schaumwein geflossen sein soll, behauptete das Boulevardblatt, das der oppositionellen Labour-Party nahesteht.

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Gar nicht wahr, teilte später Bildungsminister Nahim Zahawi mit. Johnson habe keinerlei Alkohol konsumiert, auch nur zehn bis fünfzehn Minuten an der überwiegend Online durchgeführten Feier teilgenommen: „Er wollte sich bei seinen Mitarbeitern bedanken.“

Freilich hat die Glaubwürdigkeit solcher Dementis in den vergangenen Tagen schweren Schaden genommen. Praktisch jeden Tag kommt ein neuer Vorwurf hinzu, und alle laufen auf das Gleiche hinaus. Während sich das Land im Advent 2020 nach und nach mit harten Kontaktbeschränkungen, zuletzt sogar mit einem Lockdown abfinden musste, steppte in den Ministerien der Bär.

Zum Narren gehalten

Beamte im Bildungs- und Finanzministerium, mehrfach die Mitarbeiter der Downing Street – sie alle sollen „die Öffentlichkeit zum Narren gehalten“ haben, wie Labour-Chef Keir Starmer empört formuliert.

An diesem Dienstag wollen nun mehr als 60 Konservative ihrem Chef die Gefolgschaft verweigern, wenn das Unterhaus über die neuesten Corona-Einschränkungen berät. Die Abstimmung im Unterhaus wird Johnson allen Rebellen zum Trotz jedoch gewinnen, weil Labour aus staatspolitischer Verantwortung die Zustimmung signalisiert hat.

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Schwieriger dürften die Termine mit dem höchsten Beamten des Landes sowie Johnsons Ethikberater werden. Simon Case untersucht die Partys der vergangenen Adventszeit. Lord Christopher Geidt aber will Johnson zur Rede stellen, weil dessen Aussagen zur Finanzierung einer teuren Renovierung in der Downing Street nicht mit der Realität übereinstimmen.

Dabei müsse längst klar sein, glaubt der konservative „Times“-Kolumnist Matthew Parris, dass sich der Brexit-Premier die Wirklichkeit immer nur zurechtlüge: „Er kennt keine Regeln und keinen Ehrenkodex.“ Erstmals spiegelt sich diese Einschätzung auch in den Umfragen wider: Übers Wochenende lag Labour um bis zu acht Punkte vor der konservativen Regierungspartei.

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