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Frankreichs Präsident Macron und die britische Regierungschefin May haben gemeinsame verteidigungspolitische Ziele.

© Philippe Wojazer/REUTERS

Britisch-französisches Weltkriegsgedenken: Freundlichkeiten vor dem Brexit-Finale

Frankreichs Staatschef Macron und die britische Regierungschefin May zeigen sich einträchtig beim Weltkriegsgedenken - aber die Differenzen beim Brexit bleiben.

Europas Geschichte hat den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und die britische Regierungschefin Theresa May am Freitag zusammengeführt. Die monatelange Schlacht an der Somme, die während des Ersten Weltkriegs für Hunderttausende britische und französische Soldaten den Tod bedeutete, gehört in Großbritannien bis heute zur Erinnerungskultur. Macron empfing daher gegen Ende einer mehrtägigen Rundreise im Nordosten Frankreichs zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs die britische Regierungschefin im Rathaus der Gemeinde Albert. Anschließend besuchten die beiden die Gedenkstätte von Thiepval, wo die Namen von mehr als 70.000 Kriegstoten eingemeißelt sind.

Der herzliche Händedruck zwischen Macron und May auf den Stufen des Rathauses von Albert dürfte vor allem für die Premierministerin einen hohen Symbolwert haben. Üblicherweise zeigen die Bilder von EU-Gipfeln eine Premierministerin, die unter Druck steht und bei den Brexit-Verhandlungen bislang keine Erfolge vorzuweisen hat. Am 29. März 2019 wird Großbritannien aus der EU ausscheiden – und noch immer ist unklar, ob es dabei zu einem ungeregelten Ausscheiden aus der EU kommt oder nicht.

Dagegen erinnerte das Treffen mit Macron am Freitag daran, dass Großbritannien und Frankreich auch über die Brexit hinaus gemeinsame Interessen im Verteidigungsbereich haben. Pünktlich zum Treffen veröffentlichte eine französisch-britische Arbeitsgruppe einen Bericht, in dem ein Ausbau der Beziehungen zwischen beiden Ländern in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gefordert wird. Darin verlangt die Arbeitsgruppe, die von dem früheren französischen Premierminister Bernard Cazeneuve und dem ehemaligen britischen Nato-Generalsekretär George Robertson geleitet wird, eine verstärkte Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder sowie eine größere Kooperation im Rüstungsbereich.

Bereits im Jahr 1998 hatten Frankreich und Großbritannien in St. Malo vereinbart, dass die Europäische Union über autonome Verteidigungskapazitäten verfügen soll. Fünf Jahre später beschlossen beide Länder in Le Touquet den gemeinsamen Bau ihrer Flugzeugträger. Die militärpolitische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Großbritannien deckt sich mit der Forderung von Theresa May, dass Großbritannien auch nach dem Brexit eine wichtige Rolle für die EU in der Sicherheitspolitik spielen solle.

Das drängendste Problem für May ist allerdings nicht eine mögliche langfristige Kooperation mit der EU im Verteidigungsbereich, sondern ihr eigenes politisches Schicksal in der unmittelbaren Zukunft. Laut britischen Medienberichten will May in der kommenden Woche ihr Kabinett auf die entscheidenden Verhandlungen über den EU-Austrittsvertrag einschwören. Demnach zirkuliert bereits ein Entwurf für den Austrittsvertrag im Kabinett. Im Austrittsvertrag soll geregelt werden, welche Rechte EU-Bürger nach dem Brexit auf der Insel in Anspruch nehmen können und wie die britische Rechnung beim Austritt aus der Gemeinschaft zu begleichen ist.

Der heikelste Punkt des EU-Austrittsvertrages ist allerdings immer noch ungelöst: die künftige Grenzregelung zwischen Nordirland und der Republik Irland. Neuen Streit in Großbritannien löste dabei ein Brief Mays an die Chefin der nordirischen Unionisten-Partei DUP, Arlene Foster, aus. Darin machte May deutlich, dass die EU nach wie vor auf der Notfall-Option beharre, der zufolge Nordirland Teil der EU-Zollunion bleiben kann. Die DUP, auf deren Unterstützung May in der Regierung angewiesen ist, lehnt dies strikt ab.

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