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Britische Nationalflaggen vor dem dem Big Ben in London

© dpa/Michael Kappeler

Brexit verständlich: Wer geht eigentlich – Großbritannien oder das Vereinigte Königreich?

Mit dem Brexit verlassen die Briten die EU. Dabei werden zwei Begriffe oft synonym verwendet – obwohl sie für unterschiedliche Dinge stehen.

Es ist soweit: Fast vier Jahre nach dem Brexit-Referendum und anschließend langwierigen Verhandlungen sowie politischem Hin und Her verlassen die Briten am Freitag die Europäische Union. Doch wer geht eigentlich – Großbritannien oder das Vereinigte Königreich?

In der Brexit-Berichterstattung und im allgemeinen Sprachgebrauch werden die beiden Begriffe gerne synonym verwendet. Doch das ist nicht ganz richtig. Denn es gibt Unterschiede.


Großbritannien

Großbritannien ist eine geografische Bezeichnung. Damit ist die größere der britischen Inseln gemeint, also die Insel mit England, Wales und Schottland.


Vereinigtes Königreich

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (engl.: United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland) ist dagegen der Staatenzusammenschluss von England, Wales, Schottland UND Nordirland.

Spricht man nur von Großbritannien schließt man Nordirland aus, denn das Land liegt auf der kleineren der beiden britischen Inseln.

© Grafik: Tagesspiegel/ K. Schuber | Quelle: gov.uk

Die Verwirrung in Bezug auf die Briten ist nicht neu. „Früher wurde oft von England gesprochen, wenn man sich auf das Vereinigte Königreich bezogen hat“, sagt der Historiker Dominik Geppert von der Uni Potsdam. Nicht weiter verwunderlich, England ist das einwohner- und wirtschaftsstärkste Land im Vereinigten Königreich. Mittlerweile sei immerhin so viel Sensibilität da, den Begriff Großbritannien zu verwenden, sagt er.

© Grafik: Tagesspiegel/ K. Schuber | Quelle: gov.uk

Die britischen Inseln umfassen sowohl Großbritannien als auch das Vereinigte Königreich – und sämtliche kleinere Inseln darum herum, wie zum Beispiel die Isle of Man oder die schottischen Inseln.

Dieser Begriff schließt entsprechend auch Irland ein, das kein Teil des Vereinigten Königreichs ist - beziehungsweise nicht mehr. Denn was zum Vereinigten Königreich zählt, hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewandelt.

Brexit: Die englische und walisische Monarchie waren eng verbunden

Im 13. Jahrhundert machte die Personalunion zwischen England und Wales den Anfang. Bei einer Personalunion verbinden sich souveräne Staaten, indem sie von einem gemeinsamen Monarchen regiert werden. Bis heute trägt der englische Thronnachfolger den Titel „Prince of Wales“.

Im 16. Jahrhundert folgte dann die formelle Eingliederung von Wales ins englische Königreich mit dem Act of Union durch Heinrich VIII., ein Tudor. „Die Tudors haben walisische Wurzeln – die englische Monarchie war also stark mit der walisischen verknüpft“, erklärt Geppert.

Es gibt einen traditionellen Widerstand gegen die englische Dominanz in Schottland.

Historiker Dominik Geppert

1603 holte das englische Königreich Schottland mit dazu – wieder über eine Personalunion. Das Verhältnis zu den Schotten gestaltete sich allerdings deutlich spannungsreicher. Ein Grund dafür ist laut Geppert der „traditionellen Widerstand gegen die englische Dominanz“ in Schottland. Als die Vereinigung von England, Wales und Schottland auch über die Ebene der Krone hinweg beschlossen wurde, konnte man das Vereinigte Königreich geografisch tatsächlich mit Großbritannien gleichsetzen.

Doch es geht weiter. 1801 wird Irland Teil des Vereinigten Königreichs – sowohl Großbritannien als auch die irische Insel sind jetzt Teil der Union. Das Problem: Die Iren sind überwiegend katholisch. Sie fühlen sich von England kolonialisiert. Mit dem Osteraufstand spaltet sich Irland nach dem Ersten Weltkrieg schließlich vom Vereinigten Königreich ab. Nur Nordirland, mit überwiegend protestantischer Bevölkerung bleibt.

Die Union Flag: Symbol für den Zusammenschluss der Länder

*1920 Teilung in Nord-und Südirland
*1920 Teilung in Nord-und Südirland

© Grafik: Tagesspiegel/K.Schuber | Quelle: gov.uk, flaggenlexikon.de

Die Geschichte des Vereinigten Königreichs lässt sich gut an der britischen Flagge, dem sogenannten „Union Jack“, nachvollziehen.

Doch die Flagge wird immer seltener gehisst, beobachtet Geppert. Er beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Briten und hat deutliche Nationalisierungstendenzen erlebt. Statt der Union Flag sehe er heute immer häufiger das St. Georgkreuz oder die schottische Nationalflagge - ein Bedürfnis nach Autonomie?

Die Schotten jedenfalls hadern immer wieder mit ihrer Zugehörigkeit zum Vereinigten Königreich. Bisher ist aber der einzige Bereich, wo die vier Länder nicht geschlossen auftreten, der Fußball: England, Wales, Schottland und Nordirland haben alle ihr eigenes Nationalteam.

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