zum Hauptinhalt
EU-Chefunterhändler Michel Barnier (r.) und der britische Brexit-Minister David Davis am Montag in Brüssel.

© dpa

Brexit-Verhandlungen: Europaparlament will Rechte der EU-Bürger wahren

Seit heute wird es bei den Brexit-Verhandlungen ernst. Schon jetzt laufen die EU-Abgeordneten Sturm gegen die Vorstellungen der britischen Regierungschefin May.

Ab heute wird es konkret. Die Brexit-Verhandlungen mit der britischen Regierung in Brüssel gehen in die zweite Runde – und damit geht es an Eingemachte. Die Europaabgeordneten laufen schon seit Wochen Sturm gegen die Vorschläge, welche die Regierung in London in den Verhandlungen bislang vorgelegt hat. Ende Juni hatte hatte die britische Premierministerin Theresa May einen Vorschlag vorgelegt und dabei skizziert, welche Rechte EU-Bürger künftig in Großbritannien haben sollen. Die Vorschläge Mays gingen vielen EU-Parlamentariern nicht weit genug. Sie drohten, ein Veto in der entscheidenden Abstimmung einzulegen.

Der Streit dreht sich in erster Linie um die von May vorgeschlagene Begrenzung der Rechte von EU-Bürgern. Diese Rechte sollen nicht automatisch lebenslang garantiert werden. Nur diejenigen EU-Bürger, die vor dem Brexit nach Großbritannien gekommen sind, sollen die von den Europaabgeordneten geforderten Rechte behalten dürfen. Alle anderen sollen nach dem Willen Mays und der regierenden Konservativen einen Antrag auf Aufenthaltsrecht stellen.

EU-Abgeordneter Leinen: Briten schaden sich selbst

„Das Irre an den Vorschlägen der Tories ist, dass sie damit weiter ihrem eigenen Land schaden“, sagt der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. „Wenn sie den EU-Bürgerinnen und -Bürgern Rechtssicherheit verweigern, machen sie Großbritannien als Arbeitsland für Europäer drastisch unattraktiver“, so Leinen. Nach der Vorstellung der britischen Regierung sollen sich EU-Bürger um ein gesichertes Bleiberecht künftig bürokratisch einzeln bewerben müssen, teilweise sogar mehrfach. Leinen kritisiert, dass die EU-Bürger ihre Rechte verlieren sollen, wenn sie zwei Jahre außerhalb Großbritanniens leben. „Die Hürden für den Familiennachzug sind hoch, ebenso wie für die Anerkennung von Studien- und Berufsabschlüssen für EU-Studenten. Dabei ist die britische Wirtschaft eng verflochten mit der europäischen und angewiesen auf EU-Bürgerinnen und -Bürger“, sagt der SPD-Europaabgeordnete.

Umstritten ist bei den Verhandlungen, die am Montagvormittag in Brüssel erneut vom europäischen Chefunterhändler Michel Barnier und dem Brexit-Minister David Davis aufgenommen wurden, auch der rechtliche Status der EU-Bürger. Premierministerin May möchte um jeden Preis verhindern, dass die zukünftigen EU-Ausländer in Großbritannien ihre Rechte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einklagen können. Nach der Ansicht des Brexit-Chefunterhändlers des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt, ist das nicht hinnehmbar: „Es geht nicht, dass die Briten die Rechte der EU-Bürger einschränken. Denn wir haben überhaupt nicht vor, die Rechte der auf dem Festland lebenden Briten zu beschneiden“, sagte Verhofstadt.

Tony Blair meldet sich zurück

Derweil ist der ehemalige britische Regierungschef Tony Blair der Ansicht, dass der Brexit noch verhindert werden kann. In einem Artikel für das „Institute for Global Change“, dessen Vorsitz er führt, schlägt er vor, weiteren schweren wirtschaftlichen Schaden für Großbritannien zu verhindern. Nach Blairs Auffassung, könnten Spitzenpolitiker der EU bereit sein, die EU zu „reformieren und uns auf halber Strecke zu treffen“, um Großbritannien in der Union zu halten. Laut einer Umfrage des „Institute for Global Change“ würden die Bürger in Deutschland, Frankreich und im Vereinigten Königreich diese Lösung bevorzugen.

Während Blair nostalgischen Hoffnungen nachgeht, bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel wie gewohnt realistisch. Auf einer CDU-Veranstaltung im Ferienort Zingst an der Ostsee forderte sie am Wochenende, dass Europa noch enger zusammenrücken müsse und die zukünftigen Aufgaben der EU nach dem Brexit nicht nur den Parlamentariern überlassen werden dürften. Die europäischen Regierungen seien gefragt. Es lohne sich, für Europa zu kämpfen. Sie wolle zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron neue Impulse geben. Dazu gehören für Merkel auch eine Reform der Euro-Zone, ein eigener Euro-Zonen-Haushalt, ein EU-Finanzminister und ein Europäischer Währungsfonds. Erste Maßnahmen seien nach der Bundestagswahl geplant.

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Ama Lorenz

Zur Startseite