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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag beim EU-Gipfel.

© REUTERS

Brexit : Macron forciert den Fischereistreit – warum nur? 

Bei den Verhandlungen über den Handelsvertrag muss sich London ehrlich machen. Das gilt aber auch für die EU. Ein Kommentar. 

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Seit Monaten kommen die Handelsgespräche zwischen der EU und Großbritannien kaum voran. Inzwischen bleiben nur noch elf Wochen bis zum Jahresende. Dann scheiden die Briten aus der Zollunion und dem EU-Binnenmarkt aus. Die Rufe aus der Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals werden immer lauter: Brüssel und London sollen bitteschön schnell zu einer Einigung kommen, damit nicht demnächst Tausende Jobs gefährdet werden. Weil die Zeit tatsächlich allmählich knapp wird, um einen harten Bruch mit Zöllen zu verhindern, sollten die Verhandler sich ehrlich machen. Dies gilt allerdings für beide Seiten.  

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Besonders durchsichtig ist das Spiel, das der britische Premier Boris Johnson treibt. Er erpresst die Gemeinschaft der 27 EU-Staaten mit einem Gesetz, das noch nicht endgültig in London beschlossen ist und je nach Gusto an den Stand der Verhandlungen angepasst werden soll. Johnsons Kalkül: Wenn die EU ihm bei den Verhandlungen entgegenkommt, will er das Gesetz, welches gegen internationales Recht verstößt, wieder entschärfen. Falls die Gemeinschaft aber nicht auf seinen Kurs einschwenkt, könnte eine harte Grenze in der Region des früheren Bürgerkriegsgebiets im Norden der irischen Insel entstehen. Zu Recht hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das britische Binnenmarktgesetz eingeleitet, das ein solche schlimme Entwicklung provozieren könnte.  

Johnson muss im Streit um EU-Umweltstandards nachgeben

Bevor Johnson seine Drohung fallen lässt, sollte er vor allem bei den eigentlichen Post-Brexit-Verhandlungen in mehreren wesentlichen Punkten nachgeben. Dies betrifft zum einen die Frage, ob in Streitfällen zwischen den EU-27 und Großbritannien auch künftig der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Rolle spielen soll. Gerade das Londoner Zündeln mit der Nordirland-Regelung zeigt, dass die EU auch künftig in der Lage sein muss, den EuGH in europarechtlichen Streitfällen einzuschalten. Auch sollte es die EU Johnson nicht durchgehen lassen, wenn er für die Zukunft einen Zugang zum EU-Binnenmarkt fordert und sich gleichzeitig von der Umwelt- und Sozialgesetzgebung der EU verabschieden will.  

Fischereistreit hat vor allem Symbolwert

Aber auch die EU-27, die sich am Donnerstag in Brüssel vom EU-Chefverhandler Michel Barnier ein Lagebild geben ließen, müssen sich ehrlich machen. Es ist politisch unklug, dass Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Bühne des Brüsseler Gipfels nutzte, um sich in der Frage der künftigen Nutzung britischer Fanggründe – einem weiteren offenen Punkt der Verhandlungen – zum obersten Lobbyisten der französischen Fischer zu machen. Der Streit um die Fischerei hat vor allem Symbolwert - sonst nichts. 

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