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Der Breitbandausbau in Deutschland verläuft schleppend.

© Karl-Josef Hildenbrand / dpa

Breitbandausbau: Per Gesetz den Anschluss verlieren

Wenn Förderprogramme für Breitbandausbau den Erfolg behindern. Ein Gastbeitrag.

Über die „Gigabit-Gesellschaft“ wird von der Politik gern gesprochen, die "fortgeschrittene Informationsgesellschaft“ ist das Ziel von EU-Kommission und Bundesregierung für das Jahr 2025. Ohne ein leistungsfähiges Datennetz wird es damit aber nichts. Bei der Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen, einem entscheidenden Standortfaktor, ist Deutschland im europäischen Vergleich nur unteres Mittelmaß.

Die zukunftsfähigen „fiber to the home/building“-Glasfaseranschlüsse hatten 2017 nur 2,3 Prozent der Haushalte. In Spanien waren es rund 34 Prozent, in Frankreich rund 15 Prozent. In Südkorea übrigens 80 Prozent.

Die Gründe für den schleppenden Ausbau: sich kontinuierlich verändernde Rahmenbedingungen, wachsende Bürokratie im Fördersektor, unzureichende Unterstützung für die Gemeinden, seit Neuestem auch ausgelastete Ressourcen in den Bereichen Tiefbau und Material – und ein Trittbrettfahrerphänomen. Unter dem Schlagwort „strategischer Überbau“ wurden mehrere Fälle publik, in denen die privaten Telekommunikationsunternehmen erst nicht bauen wollten, dann aber, als die Gemeinden mit Fördermitteln den Ausbau selbst in die Hand nahmen, wider Erwarten doch. Und zwar, wenn die Tiefbauarbeit begann.

Möglich wurde der Doppelausbau durch das DigiNetz-Gesetz

Dann verlegten sie ihr eigenes Kabel mit, um so kostengünstig ein zweites, paralleles Glasfasernetz aufzubauen (z.B. Gemeinde Linkenheim-Hochstetten oder Landeshauptstadt Wiesbaden). Möglich wurde der Doppelausbau durch das DigiNetz-Gesetz, das 2016 mit dem Ziel in Kraft trat, Kosten durch die Mitnutzung von ohnehin stattfindenden Bauarbeiten einzusparen. Das Gesetz sieht vor, dass bei öffentlich finanzierten Baumaßnahmen private Telekommunikationsunternehmen einen Mitverlegungsanspruch erhalten. Eine Gesetzesinitiative soll nun entsprechende Ausnahmen von dem Anspruch festlegen. Das reicht aber nicht. Öffentliche Unternehmen, wie Stadtwerke, die eigenwirtschaftlich arbeiten, leisten gerade in ländlichen Gebieten einen erheblichen Beitrag zum Breitbandausbau und sind durch die aktuellen Fälle des Doppelausbaus verunsichert. Ihnen muss vom Gesetzgeber zugesichert werden, dass die Trittbrettfahrerei ein Ende hat, um zu vermeiden, dass ihre Investitionsbereitschaft erlahmt.

Im ländlichen Raum soll das „Bundesförderprogramm Breitband“ in Kombination mit länderspezifischen Förderprogrammen den privatwirtschaftlichen Ausbau ergänzen. Das Programm wurde kürzlich novelliert, um das Verfahren zu verschlanken und bürokratische Hemmnisse abzubauen. Doch immer noch stellen die komplizierten Förderanträge viele Gemeinden vor erhebliche Herausforderungen. Frankreich macht es anders – und besser: Dort setzt man auf Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und der Privatwirtschaft. Im Rahmen einer Konzession (délégations de service public) werden Glasfasernetze in kommunalem Eigentum geschaffen, wobei Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb vom privaten Partner aus einer Hand erbracht werden.

Der Vorteil: Unnötige Schnittstellen werden vermieden

Die öffentliche Hand fördert den Ausbau durch eine Anschubfinanzierung, der Betrieb des Netzes wird durch den Partner eigenwirtschaftlich ohne weitere Zuschüsse erbracht. Der Vorteil: Unnötige Schnittstellen zwischen Planung, Tiefbau und Betrieb werden vermieden. Außerdem trägt die frühzeitige Einbindung privatwirtschaftlichen Knowhows zur Entlastung der Gemeinde bei. Das Bundesförderprogramm setzt dagegen auf eine getrennte Erbringung der einzelnen Leistungen im kommunalen Fördermodell. Das erhöht den Koordinierungsaufwand und reduziert das Tempo.

Klar ist, dass ein unzureichend forcierter Breitbandausbau wie in den vergangenen Jahren Deutschland im internationalen Wettbewerb (weiter) zurückwirft und den Wirtschaftsstandort negativ beeinträchtigt. Die Novellierung der Förderverfahren ist zwar ein erster Schritt – insbesondere im ländlichen Raum reicht dies aber nicht aus, um den buchstäblichen Anschluss zu halten.

Corinna Hilbig ist Geschäftsführende Gesellschafterin der PSPC Public Sector Project Consultants, Oliver Rottmann gehört zum Vorstand des Infrastruktur-Kompetenzzentrums an der Universität Leipzig.

Corinna Hilbig, Oliver Rottmann

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