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Brazilian President Jair Bolsonaro greets supporters in front of the Planalto Palace, after a protest against the National Congress and the Supreme Court, in Brasilia, on March 15, 2020. (Photo by Sergio LIMA / AFP)

© AFP

Brasilien und die Coronakrise: Warum Präsident Bolsonaro das Problem ist

Brasiliens rechter Staatschef Bolsonaro ignoriert die Coronavirus-Gefahren - deshalb droht das Riesenland zum Pandemie-Hotspot zu werden.

In Brasilien könnte die Corona-Virus-Pandemie außer Kontrolle geraten. Dem Land drohen chaotische Zustände. Dafür gibt es einen simplen Grund: Präsident Jair Bolsonaro. Das rechtsextreme Staatsoberhaupt der größten Nation Lateinamerikas gibt seit Tagen konfuse und widersprüchliche Antworten auf die Frage, wie die Regierung gedenkt, mit dem sich ausbreitenden neuen Coronavirus umzugehen.

Am Sonntagabend widersprach Bolsonaro sogar seinem Gesundheitsminister, Henrique Mandetta, der vor Menschenansammlungen gewarnt hatte.

Dem Sender „CNN Brasil“ sagte der Präsident, dass es falsch sei, die Spiele der brasilianischen Fußballligen abzusagen. Das würde nur zur Hysterie beitragen. Der Fußballverband CBF sollte besser Eintrittskarten verkaufen. „Die Absagen werden den Virus nicht aufhalten“, sagte Bolsonaro. „Die Wirtschaft darf nicht stoppen.“

Verschwörungstheorien werden verbreitet

In demselben Interview verbreitete Bolsonaro eine Verschwörungstheorie. Er sprach davon, dass irgendjemand „mit Sicherheit ein wirtschaftliches Interesse an der Sache“ habe. Schon 2009 sei ja eine Krankheit ausgebrochen – er meinte die Schweinegrippe –, aber damals habe es keine Aufregung gegeben.

Wahrscheinlich, so Bolsonaro, weil damals die linke Arbeiterpartei in Brasilien regierte und die Demokraten in den USA an der Macht waren. Bolsonaro paraphrasierte damit die nebulösen Andeutungen, die US-Präsident Donald Trump kürzlich bei „Fox News“ gemacht hatte.

Auch in Brasilien dürfte die Zahl der Coronafälle rasch steigen

In Brasilien sind mittlerweile mehr als 200 Menschen an Covid-19 erkrankt. Es wird befürchtet, dass diese Zahl rasch ansteigen könnte, insbesondere, wenn das Virus die dicht bevölkerten Favelas des Landes erreicht. Denn bislang gibt es keine kohärenten Maßnahmen der Politik und der Behörden.

Sie ließen es zu, dass noch am Wochenende Zehntausende Brasilianer und Touristen in die Bars, Restaurants und Diskotheken der städtischen Vergnügungsviertel strömten. Ebenso waren die Touristenattraktionen wie der Zuckerhut und die Christus-Statur in Rio de Janeiro gut besucht.

Zwar haben nun auch einige Bundesstaaten des Riesenlands damit begonnen, ihre Schulen, Museen, Bibliotheken und Kulturzentren zu schließen, darunter das bevölkerungsreiche São Paulo sowie Rio de Janeiro; aber diese Politik gilt nicht landesweit. Außerdem bleiben einige Schulen eben doch geöffnet, damit die Kinder aus armen Familien dort wie gewohnt zu Mittag essen können.

Hände schütteln, kein Problem für Donald Trump und Jair Bolsonaro.
Hände schütteln, kein Problem für Donald Trump und Jair Bolsonaro.

© imago images/Zuma Wire

Insgesamt fehlt es in Brasilien an politischer Führung im Umgang mit der Krise – obwohl es natürlich auch hier nicht an Gesundheitsexperten fehlt, die dazu raten, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu anderen Menschen zu minimieren. Das Problem ist Präsident Bolsonaro, der der aktuellen Herausforderung nicht gewachsen ist und die Krise, ähnlich wie US-Präsident Trump, als persönlichen Angriff zu verstehen scheint.

Besonders deutlich wurde dies als Bolsonaro am Sonntag, nur wenige Stunden vor seinem CNN-Interview, alle von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Verhaltensregeln in den Wind schlug und sich vor dem Präsidentenpalast mit Hunderten seiner Fans umgab. Er schüttelte Hände und machte Selfies mit den Smartphones, die ihm gereicht wurden.

Dazu muss man wissen, dass Bolsonaro im Verdacht steht, sich mit dem neuen Corona-Virus infiziert zu haben. Sechs Menschen, mit denen er Kontakt hatte, sind positiv auf den Virus getestet wurden. Darunter: sein Kommunikationssekretär, seine Anwältin, der brasilianische Botschafter in den USA, der Bürgermeister von Miami und ein brasilianischer Senator.

Bolsonaro kümmert es nicht, dass er zur Gefahr für andere werden könnte

Sie alle waren dabei, als Bolsonaro vergangenen Sonnabend mit Donald Trump in dessen Golf-Resort Mar-a-Lago eine Dinner-Party feierte. Zwar hat ein erster Corona-Virus-Test ein negatives Ergebnis für den 64-jährigen Bolsonaro ergeben. Dennoch sieht das WHO-Protokoll vor, dass er sich zwei Wochen in Quarantäne begeben und weiteren Tests unterziehen sollte.

Dieser schert sich nicht darum, ob er zu einer Gefahr für andere werden könnte. Umso weniger kümmert es ihn, ob andere Bürger sich gegenseitig mit dem neuen Corona-Virus infizieren. Wie verblendet auch die Anhänger des Präsidenten sind, wurde deutlich, als der mit Bolsonaro verbündete Gouverneur des Bundesstaats Goiás, Ronaldo Caiado, auf einer Demo erschien.

Er ist Arzt und forderte, dass die Demonstranten nach Hause gehen sollten. Daraufhin wurde er niedergebrüllt. Auf einem Transparent der Bolsonaro-Fans stand: „Covid-19 kann kommen. Wir sind bereit, für den Hauptmann zu sterben.“ Bolsonaro selbst teilte über Twitter fleißig die Fotos und Videos der verschiedenen Kundgebungen.

Panik greift um sich

Dabei hatte er selbst vergangene Woche seine Anhänger noch dazu aufgefordert, die Demos zu verschieben. Zu allem Überfluss hat auch der Führer einer der größten evangelikalen Kirchen Brasiliens das Virus als harmlos bezeichnet. In einem Video spricht Bischof Macedo von einem „Werk der Medien und des Satans“. Die Evangelikalen gehören zu den größten Unterstützern von Jair Bolsonaro.

Es wird deutlich, dass dieser ein verantwortungsloser Populist ist, der „nicht das Gemeinwohl im Blick hat, sondern nur den eigenen politischen Vorteil“. So formulierte es Brasiliens zweitgrößte Zeitung, „O Globo“, die Bolsonaro aus wirtschaftlichen Gründen lange wohlwollend gegenüberstand.

Mittlerweile aber ergreift den informierten Teil der Brasilianer Panik beim Blick auf das unberechenbare Verhalten ihres Staatsoberhaupts. Brasilien, so die berechtigte Befürchtung, könnte nun zum nächsten Hotspot der Pandemie werden.

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