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Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat einen umstrittenen Hitler-Vergleich gemacht - den sein Außenminister nun in Berlin ebenfalls gutgeheißen hat.

© dpa/Bullit Marquez/AP/dpa

Botschafts-Eröffnung in Berlin: Philippinischer Außenminister steht zu Hitler-Parallele

Präsident Duterte hatte seinen Drogenkrieg mit Hitlers Mord an Millionen Juden verglichen. Nun relativierte Außenminister Locsin das nur sehr halbherzig.

Er ist schon lange kein Junge mehr, aber seinen Beinamen „Teddyboy“ hat der inzwischen 70 Jahre alte Außenminister der Philippinen, Teodoro Locsin Jr. beibehalten. Seine deutschen Gesprächspartner dürften bereits gemerkt haben, dass der ehemalige Botschafter seines Landes bei den Vereinten Nationen, ein Jurist mit Harvardausbildung, auch politisch kein grüner Junge ist.

Am Wochenende war er der Erste, der für die Philippinen an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnahm. Viele Länder machen sich Sorgen über den Kurs des Landes unter seinem oft auch gegenüber Partnern rüpelhaften Präsidenten Rodrigo Duterte, der daheim einen brutalen „Krieg gegen Drogen“ führt, bei dem es bereits gut 20 000 Tote gab und den bereits der Internationale Strafgerichtshof untersuchen wollte. Dutertes Kurs verteidigt auch Locsin. Der ARD-Korrespondent Arnd Henze forderte von ihm in Berlin am Rande der Eröffnung der neuen Botschaft in Berlins politischer Mitte Aufklärung darüber, wie ein Vergleich seines Präsidenten zu verstehen sei, der 2016 gesagt hatte, Hitler habe drei Millionen Juden (das war seine Zahl) massakriert, er würde gern die drei Millionen philippinischen Drogenabhängigen „abschlachten“. Diesen drastischen Wortlaut wollte Locsin nicht wiederholen, er sagte auch, er denke, Hitler sei nicht Dutertes Vorbild. Verärgert fügt er dann aber hinzu: „Ich habe das selbst schon gesagt, bevor er es gesagt hat.“

Ist das die neue „Offenheit“, die ihn bei den Reden in München so beeindruckt hat, wie der Diplomat Locsin bei seinem Besuch in Berlin strahlend erzählt? Er habe seine feste Meinung gehabt, in einigen Punkten müsse er jetzt neu nachdenken, bemerkte Locsin lächelnd. Nicht zuletzt Merkels Rede zieht er im Gespräch mit dem Tagesspiegel heran, um die Haltung seines Landes im Umgang mit China zu rechtfertigen, die viele andere Länder irritiert. Denn Manila erweckt immer wieder den Eindruck, es wende sich von seinem langjährigen Partner USA ab und stattdessen Peking zu. An Kritik an den USA ließ es auch Diplomat Locsin nicht fehlen, mehrfach kritisierte er in seiner Rede, die Vereinigten Staaten hätten auf den Philippinen Diktatoren unterstützt.

Von einer Abkehr aber will Locsin ebenso wenig wissen wie von einer Neudefinition des Verteidigungspakts mit den USA. Auch wenn das andere so sähen, davon halte er nichts, sagte Locsin im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Für sein Land gelte: „Der natürliche Alliierte ist jemand, der mächtig genug ist, um Dich zu schützen, wenn nötig, aber auch weit genug weg, dass er Dich nicht unterdrücken kann. Eine Macht in der Nähe ist nie der geborene Alliierte.“ Und dann zieht er gleich noch einen Vergleich zu Hitler-Deutschland: „Das wäre so, als hätte Polen sich Nazi-Deutschland 1939 als Alliierten gewählt.“ Und dann spricht er aus, wen er heute meint: China. Ein Verteidigungspakt mit China wäre „lächerlich“, sagt Locsin. „Das macht geopolitisch keinen Sinn“. Sein Land stehe zum gemeinsamen Verteidigungspakt mit den USA.

Deutlich erteilte Locsin dem Hoheitsanspruch Chinas im südchinesischen Meer eine Absage. Wie sein Präsident gesagt habe: Nur weil ein Gewässer nach jemandes Land benannt sei, entstünden keine Hoheitsrechte. Sonst könnte sein Land die Sulu-See nehmen und damit China den Weg ins Südchinesische Meer abschneiden oder Indonesien die Straße von Malakka. „Länder sollten ihre Rhetorik überdenken, wenn sie sagen: Das gehört uns“, fordert Locsin.

"Wir lernen eine Menge von Europa"

Und wieder kritisiert er die Amerikaner. Dass chinesische Schiffe im südchinesischen Meer Ansprüche stellten, hätten die USA ihnen ermöglicht. „Wir haben die Chinesen konfrontiert“, sie seien aber auf Wunsch der USA abgezogen, „die Chinesen nicht. Und die Amerikaner haben nichts gesagt.“ Die USA seien „hysterisch“ wegen ihrer Handelsbeziehungen zu China. Aber selbst die Amerikaner hätten „keinen Weg, das Problem zu lösen. Oder nicht den Willen“. Die Philippinen versuchten nun zunächst das Problem zu umgehen und Geschäfte mit China zu machen, die beiden dienen. Aber in Sachen der Rechtslage mache sein Land keine Kompromisse. „Geschäfte mit jemanden zu machen, der Dir etwas genommen hat, bestätigt nicht den Diebstahl.“ Und Locsin zieht gleich noch einen Vergleich, diesmal zum Umgang Europas mit Russland: „Auch die Europäer haben kein Problem damit, sich mit einer Großmacht an ihrer Grenze einzulassen, wenn es Vorteile wie Gas bringt“, sagt Locsin. „Wir lernen eine Menge von Europa.“

Natürlich sei China eine aufsteigende Macht, mit der sein Land Geschäfte machen werde. Dass die Philippinen sich Peking ausliefern und in eine Schuldenfalle laufen könnten, wenn sie großzügige chinesische Kredite nicht zurückzahlen könnten, glaubt er nicht. Die brutalste Erfahrung habe sein Land mit IWF und Weltbank gemacht, die Schulden von Diktator Marcos eingetrieben hätten. „1986 ging ein Drittel unseres Budgets in den Schuldendienst“, weil die neue Regierung damals nicht wortbrüchig werden wollte. Aus dieser Erfahrung hätten sie gelernt: „Unsere Finanzbeamten sind sehr vorsichtig“. Manila werde nicht in die Lage wie etwa Sri Lanka geraten, die den Chinesen einen strategisch wichtigen Hafen für 99 Jahre überlassen mussten, weil sie ihre Schulden nicht tilgen konnten. Angela Merkel habe auch gesagt, China ist eine aufstrebende Wirtschaft, betont Locsin. Auf den Philippinen werde es auch nicht so sein, dass Investoren aus China für alle Arbeiten eigene Leute mitbringen und keine Jobs schafften: „Das wird uns nicht passieren.“ Allerdings wollte Locsin sich dann doch nicht festlegen, dass China kein eigenes Personal mitbringen dürfe. Das ist in vielen anderen Ländern ein großes Problem und Beobachter in Manila stellen bereits beunruhigt fest, dass die Zahl der Chinesen in Manila ständig steige. „Wenn sie für einige Aufgaben ihre ausgebildeten Techniker haben…“, sagt Locsin.

Der Außenminister kündigte in Berlin auch an, dass das Warten auf eine neue Botschafterin bald ein Ende haben werde: Maria Theresa de Vega, die im Generalkonsulat in New York tätig war und derzeit die für die Verwaltung zuständige Staatssekretärin im Außenministerium in Manila ist, werde den Posten bald antreten.

Und als gebe es keinerlei Irritationen endete die Berliner Zeremonie in der Botschaft mit dem Lied „Dein ist mein ganzes Herz“. Seltsam hallte die letzte Zeile nach: „Sag es noch einmal: Ich hab‘ dich lieb“.

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