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Angela Merkel begrüßt Richard Grenell beim Empfang für das diplomatische Corps im Schloss Meseberg im Juli 2018.

© Wolfgang Kumm/dpa

Botschafter wird Trumps Geheimdienstchef: Deutschland braucht Richard Grenell mehr denn je

Lange Zeit nervte er nur, jetzt muss sich Deutschland mit ihm gut stellen: US-Botschafter Grenell wird Donald Trumps Geheimdienstkoordinator. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Das dürfte die erste Reaktion vieler deutscher Politiker sein: Zum Glück ist er weg. Denn die politische Nachricht der vergangenen Nacht lautet: US-Botschafter Richard Grenell wird der neue geschäftsführende Geheimdienstkoordinator im Weißen Haus. Den Wechsel bestätigte sein Boss, Präsident Donald Trump, am Mittwochabend (Ortszeit) in einem Tweet: „Rick hat unser Land äußerst gut repräsentiert, und ich freue mich darauf, mit ihm zu arbeiten.“

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Das kollektive Aufatmen, das die Wegbeförderung Grenells in Deutschland auslösen dürfte, hat viele Gründe. Grenell eckte an, drohte und polterte, wann immer es ihm passte. Ob bei dem Pipeline-Projekt „Nord Stream 2“ (Finger davon), der Iran-Politik (Appeasement), den Verteidigungsausgaben (zu niedrig) oder bei der Beteiligung des chinesischen Unternehmens Huawei am Aufbau des Mobilfunknetzes G5 (dann wird die Geheimdienst-Zusammenarbeit eingeschränkt): Diplomatie war nie die Sache des obersten amerikanischen Diplomaten in Berlin.

Dabei verpflichtet das Wiener Übereinkommen über die diplomatischen Beziehungen alle Botschafter, sich nicht in die inneren Angelegenheiten ihres Gastlandes einzumischen. Sie sollen Kontakte in die Regierungen knüpfen und für die Positionen ihres eigenen Landes werben. Botschafter vertreten ein Land, keine Partei und keinen Präsidenten.

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Grenell dagegen gefiel sich in der permanenten Einmischung. In einem Interview mit dem rechtspopulistischen „Breitbart News Network“ sagte er: „Ich möchte unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken.“ Und: „Es gibt das Erwachen einer schweigenden Mehrheit, die Eliten und deren Blase ablehnt.“ Der Chefredaktion des „Spiegel“ warf er Antiamerikanismus vor.

Auf die Freude über Grenells Umzug dürfte Ernüchterung folgen

Entsprechend drastisch kübelten deutsche Politiker zurück: Grenell sei ein „Totalausfall“, ein „rechtsextremer Kolonialoffizier“, „der kleine Trump“, er meint, „nach Gutsherrenart bestimmen zu können“, „Persona non grata“. Selbst der eingefleischte Transatlantiker Friedrich Merz war sprachlos. „Zu diesem Mann äußere ich mich überhaupt nicht“, sagte er. Engere Beziehungen zu Grenell galten in Berlin als toxisch. Lediglich Gesundheitsminister Jens Spahn pflegt freundschaftliche Kontakte.

Auf die spontane Freude deutscher Politiker über den Umzug Grenells nach Washington D.C. dürfte jedoch bald Ernüchterung folgen. Im Ton werden deutsche Politiker sich mäßigen müssen. Als neuer geschäftsführender Geheimdienstkoordinator sitzt Grenell auf einem Schlüsselposten.

Deutschland braucht die Hilfe der US-Geheimdienste

Sein Job ist es, die Arbeit der verschiedenen amerikanischen Geheimdienste zu koordinieren. Deutschland aber ist – besonders auf dem Gebiet der Terrorbekämpfung – im hohen Maße auf Erkenntnisse und Informationen der Amerikaner angewiesen. Ein gutes Verhältnis zu Grenell ist folglich notwendig.

Allerdings setzt sich Grenell auch auf einen Schleudersitz. Er folgt im Amt auf Joseph Maguire, der erst vor einem halben Jahr Dan Coats abgelöst hatte. Maguire war nicht vom Senat bestätigt worden. Das ist ein Schicksal, das auch Grenell ereilen könnte.

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