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Der neue Premier Boris Johnson bei seiner ersten Rede vor dem Amtssitz in der Downing Street.

© imago images / i Images

Boris Johnsons erste Rede: Der neue Premier beginnt das "Blame game"

Wenn es zu einem No-Deal-Brexit käme, dann wäre das die Schuld der EU. So sieht es der neue britische Premier Boris Johnson. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Eines ist schon einmal sicher: Der neue britische Premier Boris Johnson schlägt einen anderen Ton an als seine Vorgängerin Theresa May. Seine Ankündigung vor den Stufen des Amtssitzes in der Downing Street, Großbritannien „ohne Wenn und Aber“ zum 31. Oktober aus der EU herauszuführen, kommt einer Kampfansage an die Gemeinschaft gleich.

Eigentlich bräuchte das UK einen Premier, der das Land endlich zusammen führt, statt es immer wieder und immer weiter zu radikalisieren.

schreibt NutzerIn daemmi

Anders als May, die einen No-Deal-Brexit ausschloss, hat Johnson unmittelbar nach seiner Ernennung durch die Queen die Neuauflage des Verhandlungspokers mit Brüssel nach dem Motto eröffnet: Ich will zwar keinen ungeregelten Brexit, aber wenn es doch so kommt, dann liegt die Schuld bei den störrischen Europäern. Damit hat Johnson auch gleich das „Blame game“ begonnen, das Spiel mit den Schuldzuweisungen, das für den Fall eines tatsächlich eintretenden No-Deal-Brexit noch von Bedeutung sein könnte.

Der neue Premier will keine Kontrollen auf der irischen Insel

Johnson weiß, wie man auf der Klaviatur der öffentlichen Aufmerksamkeit spielt. Und so hat er in seiner ersten Rede im Amt auf jenen Punkt in den Verhandlungen mit der EU hingewiesen, an dem May nicht mehr weiterkam: die Nordirland-Regelung, der zufolge das gesamte Vereinigte Königreich eigentlich sinnvollerweise in der EU-Zollunion bleiben müsste. Johnson zeigte sich hingegen in seiner Rede überzeugt, dass das Vereinigte Königreich die Zollunion verlassen kann, ohne dass es künftig zu Zollkontrollen kommt. Wie das funktionieren soll, verriet er nicht.

Johnson will "Zweifler" und "Trübsalbläser" widerlegen

Aber Johnson wäre nicht der erste Premier, der weit hinter der eigenen rhetorischen Eröffnung beim Amtsantritt zurückbleibt. So zitierte Margaret Thatcher 1979 Franz von Assisi mit den Worten, dass künftig Versöhnung statt Zwietracht herrschen solle. Tatsächlich spaltete Thatcher das Land mehr als jeder Amtsinhaber vor ihr. Auch der gegenwärtige Premierminister versuchte am Mittwoch die Nation mit den Worten zu einen, dass es trotz der gegenteiligen Auffassung der „Zweifler“ und „Trübsalbläser“ einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse gebe. Johnson setzt also auf Optimismus statt auf Trübsal. Einen echten Plan für die Verhandlungen mit der EU ersetzt das nicht.

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