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Das Problem begann mit einer Kutsche: Weil er selbst technisch noch im Kutschenzeitalter war, war der BND auf die Zusammenarbeit mit der NSA angewiesen. Das Bild zeigt die BND-Baustelle in Berlin.

© imago

BND-Affäre: Die Politik muss die Verantwortung übernehmen

Das Bundeskanzleramt versucht, die BND-Affäre auszusitzen. Doch das Primat der Politik über die Geheimdienste muss jetzt endlich wieder hergestellt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Immer noch, immer mehr gilt der Satz aus Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“, wo der Fischer Ruodi sich wegen des stürmischen Wetters weigert, als Fährmann den verfolgten Baumgarten ans andere Ufer zu bringen: „Es kann nicht sein; ’s ist heut Simon und Judä, / Da rast der See und will sein Opfer haben.“ Ja, der See rast stärker und stärker, die Affäre BND schlägt hohe und immer höhere Wellen, die schwappen über, erreichen Paris, Wien. Wer weiß, wohin das stürmische Gewässer noch langt. Und hier, in Berlin? Füllt sich zumal im Kanzleramt die untere Etage allmählich. Aber was geschieht, um das Wasser zurückzudrängen? In der oberen Etage warten sie lieber ab, bis es sich von selbst verzieht, gleichsam verdunstet, weil es so viele andere heiße Angelegenheiten gibt. Genau so darf es aber nicht laufen.

Seit Jahren lässt sich der BND benutzen oder macht sogar mit

Ein ungeheurer Verdacht steht im Raum: Seit Jahren lässt sich der BND benutzen oder macht sogar mit bei der Ausspähung Einzelner im Land und auch der Partnerstaaten. Niemand scheint vor den Geheimdiensten sicher zu sein. Jeden Tag kommen verstörende Einzelheiten über BND und NSA ans Licht. Das verschattet das Ansehen der Demokratie. Nur was tun Angela Merkel, Peter Altmaier, Thomas de Maizière, Frank-Walter Steinmeier, aber auch Ernst Uhrlau, Gerhard Schindler, Klaus-Dieter Fritsche, Günter Heiß? Nicht genug, um Schaden von der Demokratie abzuwenden.

Jetzt muss endlich Schluss sein damit, dass – von der Spitze angefangen – keiner richtig Stellung bezieht in diesem unglaublichen Vorgang. So kommt auf Dauer zum Schaden die Schande hinzu. Denn die Kontrolle der Geheimdienste ist zwingende Voraussetzung für das Funktionieren der Zivilgesellschaft. Und welche Form die richtige ist, exekutiv wie parlamentarisch, um Kontrolle zu gewährleisten, ist auch schon seit Jahren ein Thema; das war es schon vor Bekanntwerden der Kooperation des BND mit dem NSA. Rede sich hier also keiner raus.

Die Politik muss die Kontrolle über den BND zurück gewinnen

Finsteren Mächten das Wasser abzugraben ist deshalb die eine Aufgabe der Politik. Die andere ist, mit dem eigenen Verhalten klarzumachen, dass unter allen Umständen der Primat der Politik gerade auch im Hinblick auf Geheimdienste gewahrt wird. Das ist die einzig akzeptable Haltung, sie zählt zu den Grundlagen für die Übernahme politischer Ämter. Da müssen alle Verantwortlichen – von der Bundeskanzlerin, vom Bundeskanzleramt angefangen – ihrer Verantwortung gerecht werden. Aus der können sie nicht entlassen werden.

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