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Michael Bloomberg,. Ex-Bürgermeister von New York und einer der reichsten Männer der Welt.

© Eva Marie Uzcategui, AFP

Bloomberg und der "Super Tuesday": Manchmal stinkt Geld eben doch

Das Risiko war hoch: Eine halbe Milliarde Dollar hatte Michael Bloomberg in seinen Wahlkampf investiert. Jetzt hat sich der Blender blamiert. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Malte Lehming

Geld regiert die Welt. Das gilt, einem weit verbreiteten Vorurteil zufolge, besonders in den USA. Dort kaufen sich die Superreichen, hemmungslos und raffiniert, Posten, Ämter, Einfluss und Gesetze. Mit ihren riesigen Netzwerken überziehen sie das Land, zwingen Idealisten in die Kapitulation und adeln das mit der angeblich christlichen Botschaft, der zufolge Macht und wirtschaftlicher Erfolg die Zeichen eines gottgefälligen Lebens seien. Damit immunisieren sich die Wohlhabenden gegen Neiddebatten. So weit, so platt. Die Realität sieht manchmal anders aus.

Bei Michael Bloomberg sagen Zahlen mehr als Worte. Der Ex-Bürgermeister von New York, einer der reichsten Männer der Welt, hatte allein in den Monaten Dezember und Januar knapp eine halbe Milliarde Dollar – genau 464 Millionen – für seine Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten ausgegeben. Wer’s noch plastischer haben will: Im Januar waren es 220 Millionen, das sind 7 Millionen am Tag, 300.000 in der Stunde, 5000 in der Minute und 82 Dollar in jeder Sekunde.

Bloombergs Vermögen wird auf sechzig Milliarden Dollar geschätzt. Er hat das Land mit einer Anzeigenkampagne geflutet. Er hat sich einen Werbeclip beim Super Bowl gekauft. In den sozialen Medien hat er Influencer für sich werben lassen. Am vergangenen Sonntag leistete er sich eine dreiminütige Werbezeit in den landesweiten Sendern NBC und CBS und wandte sich mit einer Art „Rede an die Nation“ an die amerikanische Öffentlichkeit. Den 2000 Mitarbeitern seines Teams in 43 Bundesstaaten zahlt er hohe Gehälter. Zwischen Massachusetts und Kalifornien war er präsent. Und sein Hauptargument lautete stets: Nur mit sehr viel Geld lasse sich die gut geölte Maschinerie von Donald Trump und den Republikanern am 3. November besiegen.

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Am „Super Tuesday“, dem wichtigsten Tag der Vorwahlen, hatte Bloomberg gehofft, dass sich seine Investitionen rentieren. Das Ergebnis? Immerhin bekam er fünf Delegierte aus American Samoa - 1991 Delegierte sind notwendig, um als Kandidat nominiert zu werden. Am frühen Mittwochmorgen waren aus fünf Delegierten zwar 44 geworden, doch da lag Joe Biden bereits bei 453 und Bernie Sanders bei 382.

Bloomberg hat sich verspekuliert. Sein Plan war es, sich mit den Themen Klimaschutz, schärfere Waffengesetze und Gesundheitsreform als Macher und Pragmatiker zu inszenieren. Er wollte inhaltlich andocken an die Herzen der Demokraten. Sein Mäzenatentum sollte die schwarzen Flecken in seiner Biographie überdecken – seine sexistischen Kommentare, die Verschwiegenheitserklärungen, die er sich hat unterzeichnen lassen, die präventiven Massenverhaftungen Unschuldiger (stop-and-frisk) in seiner Amtszeit in New York.

Der Plan ist gescheitert, zum Glück. In einem Duell Bloomberg-Trump hätten sich zwei charakterlich höchst fragwürdige Politiker gegenübergestanden – und dennoch das Land repräsentiert: Bloomberg die Demokraten, Trump die Republikaner. Milliardär gegen Milliardär, Sexist gegen Sexist.

Bloombergs Blamage korrigiert nicht nur viele Annahmen über die Käuflichkeit von Politik, sondern belegt auch, dass Wahlpropaganda durchschaut werden kann. Einem Blender wurden seine Grenzen gezeigt. Sollte der Trend sich fortsetzen, haben Amerikas Demokraten am 3. November recht gute Chancen.

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