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Ein Land im Ausnahmezustand. Die Ausweisung des deutschen Botschafters aus Venezuela könnte auch eine Lösung im Fall des deutschen Journalisten Billy Six erschweren.

© Waleri Scharifulin/imago

Billy Six: Deutscher Journalist seit vier Monaten in Venezuela in Haft

Billy Six schreibt für rechte Publikationen. In Venezuela wird ihm Spionage vorgeworfen. Sein Vater sieht auch deutsche Behörden in der Verantwortung.

Seit fast vier Monaten befindet sich der deutsche Journalist Billy Six in venezolanischer Haft. Nun kommt Bewegung in den Fall: Ende Februar wurde sein Fall an ein Zivilgericht überwiesen. Kurz zuvor erhielt Six erstmals Zugang zu einem Anwalt. Mit der Ausweisung des deutschen Botschafters aus Venezuela Anfang März könnte der Prozess jedoch erneut ins Stocken geraten.

Die venezolanische Staatsanwaltschaft wirft dem Journalisten unter anderem Spionage, Rebellion und die Verletzung von Sicherheitszonen vor. Für die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen ist derweil klar: Die Inhaftierung Six' ist eine grobe Verletzung internationaler Abkommen und der Pressefreiheit.

"Mit Beginn der politischen Krise ist unabhängige Berichterstattung in Venezuela noch schwieriger geworden", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, auf Anfrage. Zensur, Gängelung und Gewalt gegen Journalisten seien in dem südamerikanischen Land an der Tagesordnung.

Wie schwierig die Arbeit auch für ausländische Journalisten geworden sei, belegten etwa die Festnahmen und Ausweisungen mehrerer Reporter im vergangenen Monat. "Das Verfahren gegen Billy Six ist eine Farce. Die absurden Vorwürfe gegen ihn zeigen, dass er wegen seiner journalistischen Tätigkeit im Gefängnis sitzt", so Mihr weiter. Dies gelte auch vor dem Hintergrund seiner politischen Gesinnung: "Ungeachtet seiner persönlichen Ansichten hat er wie jeder Journalist das Recht, überall frei und ohne Furcht vor Verfolgung und Inhaftierung zu berichten", so Mihr. 

Six ist als freier Reporter für rechte Medien wie die "Junge Freiheit" tätig, für die er auch aus Kolumbien und Venezuela berichtete. In den vergangenen Jahren wurde er durch umstrittene Aktionen bekannt: 2016 stürmte er gemeinsam mit einem prorussischen Blogger die Räume des Recherchenetzwerkes Correctiv und bezeichnete die Journalisten als "Lügenpresse". Ende 2012 wurde er in Syrien festgenommen und für mehrere Monate inhaftiert. Der Vorwurf: illegale Einreise und Terrorismus.

Im November 2018 reiste er offenbar im Auftrag des Deutschland-Magazins nach Venezuela. Die Zeitschrift wird von dem rechtsradikalen Verein "Die Deutschen Konservativen" herausgegeben, Six ist regelmäßiger Autor. Allerdings ist unklar, ob Six über das erforderliche Journalistenvisum verfügte. Am 17. November wurde er laut Informationen der Nichtregierungsorganisation Espácio Público bei der Einreise aus Kolumbien von venezolanischen Spionageabwehreinheiten festgenommen und in das Militärgefängnis Helicoide in Caracas verbracht.

Bis Ende Februar liefen laut Angaben seines Anwaltes Amado Vivas zwei parallele Verfahren gegen den Journalisten. Das Militärgericht erklärte sich bei einer Anhörung am 26. Februar für nicht zuständig. Nun wird vor einem Zivilgericht in Caracas gegen ihn ermittelt.

"Das Auswärtige Amt hat zu keinem Zeitpunkt protestiert"

Six' Eltern sehen auch die deutschen Behörden in der Verantwortung. "Das Auswärtige Amt hat zu keinem Zeitpunkt gegen die völkerrechtswidrige Verhaftung unseres Sohnes protestiert", sagte Edward Six dem Tagesspiegel. Im Vergleich zu anderen Fällen inhaftierter Journalisten sei das Auswärtige Amt im Fall seines Sohnes bemerkenswert inaktiv. "Dadurch wurde Billy überhaupt erst verdächtig gemacht und kriminalisiert", vermutet Six. 

Six werde konsularisch betreut, heißt es von Seiten des Auswärtigen Amts. Die Botschaft setze sich für ein transparentes und rechtsstaatliches Verfahren ein. Konkrete Vorwürfe kommentiert die Behörde nicht und verweist auf den Datenschutz.

Mitarbeiter der deutschen Botschaft besuchten Six am 9. Januar, am 8. Februar und am 6. März. Am selben Tag verwies die venezolanische Regierung den deutschen Botschafter Daniel Kriener des Landes. Ob dies Auswirkungen auf den Fall Six haben wird, ist bislang ungewiss. "Während der Übergangszeit  wird die deutsche Botschaft vielleicht weniger Druck im Fall Six ausüben können", so Amado Vivas. Allerdings sei Kriener nicht der einzige Mitarbeiter, der mit dem Fall befasst sei. 

Dreimal in den Hungerstreik getreten

Sorgen machen dem Anwalt eher die Haftbedingungen: Six klage über die hygienischen Zustände und den fehlenden Zugang zu Sonnenlicht. Er dürfe seine fensterlose, zwei mal drei Meter große Zelle kaum verlassen und sei völlig isoliert. Um gegen seine Haftbedingungen zu protestieren, sei Six bereits dreimal in den Hungerstreik getreten, zuletzt Ende Februar. Vivas selbst hat erst seit kurzem Zugang zu Six. 

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, drohen Six bis zu 28 Jahre Haft. Vivas hält dies jedoch für unwahrscheinlich. "Die größte Strafe wäre eine mögliche unbegrenzte Verzögerung des Prozesses", so der Anwalt. Mit ausreichend internationalem Druck sei eine Freilassung allerdings möglich.

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