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Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un.

© Korean Central News Agency/Reuters

Biden nannte Kim „Verbrecher“: Nordkorea reagiert nicht auf Kontaktversuche der USA

Das Verhältnis Pjöngjangs zu Washington ist angespannt. Doch die absolute Funkstille ist ein ungewöhnlicher Vorgang in der internationalen Diplomatie.

Nordkorea hat bisher nicht auf die diplomatischen Bemühungen der neuen US-Regierung reagiert. Ein hochrangiger Mitarbeiter der amerikanischen Regierung, der anonym bleiben wollte, sagte Reuters am Samstag (Ortszeit): „Wir haben bisher noch keine Antworten aus Pjöngjang.“ Die amerikanische Regierung von Präsident Joe Biden habe seit Mitte Februar mehrfach versucht auf verschiedenen Wegen mit der nordkoreanischen Regierung Kontakt aufzunehmen. Auch die nordkoreanische Vertretung bei den Vereinten Nationen sei in die Bemühungen einbezogen worden.

Der Regierungsmitarbeiter lehnte es ab, darüber zu spekulieren, wie sich das Schweigen aus Pjöngjang auf die Überprüfung der Nordkorea-Politik der Regierung Biden auswirken könne. Sie soll in den kommenden Wochen abgeschlossen werden. Die Enthüllung der bisher erfolglosen US-Bemühungen hinter den Kulissen wirft Fragen darüber auf, wie Biden mit den zunehmenden Spannungen wegen des Atomwaffenarsenals und der ballistischen Raketenprogramme Nordkoreas umgehen wird.

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US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin werden nächste Woche nach Japan und Südkorea reisen. Es wird erwartet, dass die Sorgen über die Atomwaffen Nordkoreas hoch auf der Tagesordnung der Gespräche stehen werden.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte kurz vor dem Amtsantritt Bidens einen weiteren Ausbau des nordkoreanischen Atomwaffenarsenals angekündigt und die USA als größten Feind seines Landes bezeichnet.

Biden hatte Kim im Wahlkampf einen „Verbrecher“ genannt und im Oktober erklärt, er werde sich nur mit dem Machthaber Nordkoreas treffen, wenn dieser schon im Vorfeld der Abrüstung des Atomwaffenarsenals seines Landes zustimme. US-Präsident Bidens Amtsvorgänger Donald Trump hatte sich drei Mal mit Kim getroffen. Er hatte dem Nordkoreaner die Lockerung von Sanktionen im Gegenzug für atomare Abrüstung angeboten, doch ein Durchbruch war ausgeblieben.

In Szene gesetzt: Kim Jong Un beobachtet einen Raketenstart.
In Szene gesetzt: Kim Jong Un beobachtet einen Raketenstart.

© KCNA/AFP

Nach Angaben von Experten in den USA trifft Nordkorea in seinem umstrittenen Nuklearkomplex Yongbyon möglicherweise Vorbereitungen, um wieder Plutonium für Atomwaffen zu gewinnen. Auf Bildern kommerziell genutzter Satelliten sei zu erkennen, dass das radiochemische Labor, das als Anlage zur Wiederaufarbeitung benutzter Uranbrennstäbe dient, „nach einer fast zweijährigen Pause wieder in Betrieb ist“, schrieben Experten der auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenseite „38 North“ des Stimson Center. Beim Wiederaufarbeitungsprozess fällt unter anderem Plutonium an.

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Die Autoren wiesen zugleich darauf hin, dass es schwierig sei, anhand des Bildmaterials die Aktivitäten in Yongbyon genau zu bestimmen. Eine unabhängige Überprüfung der Nuklearaktivitäten in Nordkorea ist nicht möglich, seitdem es vor einigen Jahren internationale Atominspekteure des Landes verwiesen hatte.

Aus dem Schornstein eines Dampfkraftwerks, das mit der Wiederaufarbeitungsanlage durch Rohre verbunden ist, stieg dem Expertenbericht zufolge zwischen Ende Februar und Anfang März zu verschiedenen Zeiten Rauch auf. „Das legt nahe, dass Vorbereitungen für die Wiederaufarbeitung gebrauchter Brennstäbe getroffen werden, um Plutonium zu gewinnen, das für Nordkoreas Atomwaffen gebraucht wird.“ Es könnte aber auch schlicht bedeuten, dass dort radioaktiver Abfall verarbeitet werde.

Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, hatte bereits am Montag zum Auftakt des Gouverneursrats der Organisation in Wien mitgeteilt, dass es zuletzt Anzeichen für den Betrieb des Dampfkraftwerks in Yongbyon gegeben hat.

Nordkorea ist wegen seines Atomwaffenprogramms internationalen Sanktionen unterworfen. In einem internen UN-Bericht hatte es im Februar geheißen, dass Nordkorea das Programm trotz der Sanktionen weiter vorantreibe. Auch wenn 2020 weder Atomversuche noch Tests von ballistischen Raketen gemeldet worden seien, produziere Nordkorea weiter „spaltbares Material, unterhielt Kernanlagen und verbesserte seine Infrastruktur für ballistische Raketen“. (Reuters, dpa)

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