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Kanzlerin Merkel mit Markus Söder und Michael Müller auf dem Weg zur Pressekonferenz.

© Michael Kappeler / POOL / AFP

Bewegungsradius und Kontakte eingeschränkt: Haben Merkel und die Länderchefs eine Grenze überschritten?

Den Nachbarn treffen, aber nicht in den 16 Kilometer entfernten Wald? Bei den neuen Beschlüssen könnte rechtlich einiges zu beanstanden sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Gehört der Deutsche Landkreistag jetzt auch zu den Coronaskeptikern, zu denen, deren Wort man am besten sofort vergisst? Der nämlich vermisst bei den neuen Beschlüssen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten eine Perspektive für den Ausstieg aus dem Lockdown. Für den Ausstieg, ja, weil der auch irgendwann kommen soll, sogar möglichst bald.

„Was fehlt, ist eine längerfristig tragfähige Strategie", sagt Landkreistag-Präsident Reinhard Sager aber tatsächlich auch noch. "Wir leben hier noch zu sehr von der Hand in den Mund und hangeln uns von Konferenz zu Konferenz." Planungssicherheit mahnt er an, nicht zuletzt für die Familien.

Fortgesetzte Planungsunsicherheit: So kann man es sehen. Und sagen. Das muss erlaubt sein. Auch noch schärfere Kritik. Dass FDP-Vize Wolfgang Kubicki sich an der Einschränkung der Bewegungsfreiheit stößt, nimmt nicht Wunder. Ist er doch derjenige, der seit geraumer Zeit ausdrücklich „gesetzliche Verankerungen“ für alle Beschlüsse verlangt, zumal die neuen - die es hier wohl in der Tat wieder einmal nicht gibt. Und eine parlamentarische Debatte genau so wenig, obwohl das Gremium keinen Verfassungsrang hat.

Egal ist das nicht. Kann sein, dass aufs Neue Gerichte einschreiten werden, was die schärfste Form der Kritik ist.

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Nehmen wir als Beispiel die „Coronaleine“ von 15 Kilometern. Man darf seinen Nachbarn treffen, aber nicht allein im 16 Kilometer entfernten Wald spazieren gehen? Das ist rechtlich bestimmt zu beanstanden.

Da nimmt Ministerpräsident Armin Laschet, der Mann mit größeren Ambitionen, den Mund schon sehr voll, wenn er sagt, dass das Beschlossene alles durchgesetzt wird. Durchsetzen sollten er und seine Kollegen besser eine klare Linie bei den Schulen. Bis zu welchem Wert gilt Präsenzunterricht, ab wann Hybridunterricht oder dann bei einem weiter erhöhten Wert nur noch Distanzlernen - die Eltern warten darauf. Jetzt sollen sie einen weiteren Monat aushalten, weiter Wirrwarr?

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Endlich umsetzen sollen hätten die Regierenden auch die vollständige Auszahlung der beantragten Novemberhilfe. Die soll soll über die Länder vom 10. Januar an kommen - wohlgemerkt: die Novemberhilfe. Hoffentlich geht’s wirklich schneller bei der Dezemberhilfe, bei der erst Abschläge gezahlt werden.

Freiwillige Helfer in die Heime? Man darf gespannt sein

Und erste Auszahlungen der bis Ende Juni laufenden Überbrückungshilfe III sollen die Länder im ersten Quartal vornehmen; auch daran werden Bund und Länder, wird Bundesfinanzminister Olaf Scholz, ebenfalls ein Mann mit größeren Ambitionen, zu messen sein. Bund und Länder wollen daran arbeiten, die Auszahlungen so schnell wie möglich zu realisieren, heißt es im Beschluss. Das ist das Mindeste.

Auch bei dem Desaster in Alten- und Pflegeeinrichtungen müssen Bund und Länder liefern. Da sollen freiwillige Helfer in die Heime geschickt werden, um zu testen. Darauf darf man gespannt sein. Und was dann noch zu leisten ist: Hilfsorganisationen müssen Schulungen übernehmen, kommunale Spitzenverbände den Bedarf klären, die Bundesagentur für Arbeit muss die Vermittlung unterstützen.

Zurück zum Landkreistag. Die neuen Maßnahmen würden für die Bevölkerung sehr belastend, sagt der Präsident. Es komme entscheidend auf deren Kooperation an. "Die Einschränkungen müssen transparent und verhältnismäßig sein, um verstanden und akzeptiert zu werden. Mit Blick auf die beschlossenen Bewegungseinschränkungen und Kontaktbeschränkungen auf nur noch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts könnte diese Grenze möglicherweise überschritten sein", warnt er. So kann man es sehen. Und besser kann man es nicht sagen.

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