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Die USA nutzen Drohnen für zivile und militärische Zwecke. Das Bild zeigt eine unbewaffnete „Predator“-Drohne vor einem Überwachungsflug nahe der mexikanischen Grenze.

© John Moore/AFP

Bewaffnete Drohnen: Am Bedarf vorbei

Die Anschaffung und der Einsatz von bewaffneten Drohnen ist in der deutschen Politik umstritten - nicht nur aus rechtlichen Gründen. Für das Militär geht es in der Angelegenheit auch ums Ansehen

Für die einen sind sie ein legitimes Mittel, die Verluste unter den eigenen Soldaten gering zu halten, für die anderen eine völkerrechtswidrige Waffe, die mithin nicht nur feindliche Kämpfer, sondern auch unschuldige Zivilisten trifft. Nach der von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) geforderten Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr noch in diesem Jahr stellen Politiker und Juristen die Frage nach Sinn und Zweck eines solchen Unternehmens – während man beim Militär vor allem Argumente für das Ansinnen des Ministers findet.

Die Bundeswehr verfügt derzeit lediglich über eine Reihe von unbewaffneten Drohnen, die unter anderem in Afghanistan und Kosovo zu Aufklärungszwecken zum Einsatz kommen. Allerdings haben die deutschen Streitkräfte am Hindukusch bereits mehrfach auf die Unterstützung durch amerikanische Kampfdrohnen zurückgegriffen und dabei bei einem der Einsätze „vermutlich vier Angehörige der regierungsfeindlichen Kräfte getötet“. So heißt es in der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels. Für den Verteidigungsexperten belegt das Vorgehen der Deutschen in Afghanistan, dass die deutschen Streitkräfte derzeit gar keinen Bedarf für unbemannte, bewaffnete Flugkörper haben: Mit Deutschland verbündete Nationen, etwa die USA, seien jederzeit in der Lage, die „Fähigkeitslücke“ in der Luft durch den Einsatz eigener Mittel zu kompensieren, sagte Bartels dem Tagesspiegel. Das von Verteidigungsminister de Maizière angeführte Argument für bewaffnete Drohnen, diese könnten quasi als „Begleitschutz“ von Patrouillen dienen, hält der SPD-Politiker für vorgeschoben. „Die Einsatzwirklichkeit in Afghanistan sieht derzeit anders aus“, sagte er. Aus deutscher Sicht sei in Sachen bewaffnete Drohnen überhaupt keine Eile geboten. Sollte sich die Bundesrepublik eines Tages dennoch für die Anschaffung von Kampfdrohnen entscheiden, müsse „über das Szenario ihrer Nutzung noch geredet werden“.

So sieht es auch Ernst-Reinhard Beck, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU. Für ihn muss der Einsatz von bewaffneten Drohnen an klare Regeln gebunden sein und sich strikt an den Vorgaben des Kriegsvölkerrechts orientieren. Das von amerikanischen Streitkräften unter anderem in Afghanistan praktizierte „Targeted Killing“, das gezielte Töten von einzelnen Personen, sei nach deutscher Rechtsauffassung nicht möglich, sagt Beck.

Für Völkerrechtler muss bei der Debatte um die Anschaffung und den Einsatz von bewaffneten Drohnen vor allem das Zusatzprotokoll II zur Genfer Konvention vom 12. August 1949 zum Tragen kommen: In ihm ist festgeschrieben, dass Zivilisten bei kämpferischen Auseinandersetzungen nicht das Ziel von Angriffen werden dürfen. Allerdings kommen in Afghanistan, Pakistan und anderen Ländern der Welt entgegen dieser Regelung immer wieder Zivilpersonen durch den Beschuss von Drohnen zu Tode. Untersuchungen unabhängiger Quellen wie die des Afghan Analysts Network (AAN) sprechen dafür, dass nur ein sehr geringer Teil der Getöteten tatsächlich zum Kreis sogenannter „Kombattanten“ zu zählen ist, die todbringenden Waffen aus der Luft also nicht zwangläufig diejenigen treffen, die getroffen werden sollten.

Aus Sicht der Luftwaffe scheint mit Blick auf bewaffnete Drohnen aber wohl auch noch ein ganz anderer Aspekt eine Rolle zu spielen – es geht ums Prestige. Offenbar fürchtet man beim deutschen Militär und hier besonders bei den fliegenden Streitkräften, international an Bedeutung zu verlieren und technologisch „abgehängt“ zu werden, wenn man in der Zukunft auf bewaffnete Drohnen verzichtet. Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner, brachte es in der vergangenen Woche auf den Punkt: „Zur Renaissance der Luftwaffe gehört der Einsatz hochmoderner Kampfdrohnen“, sagte er.

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