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Vizepräsidentin Kamala Harris gilt als mögliche Nachfolgerin von US-Präsident Joe Biden.

© Kevin Lamarque/REUTERS

Bewährungsprobe im Auftrag von Biden: Kamala Harris soll die illegale Einwanderung eindämmen

Die US-Regierung will die Migration an der Südgrenze in den Griff bekommen. Biden überträgt seiner Vize die schwierige Aufgabe – die auch eine Chance ist.

Nun hat Kamala Harris ihre erste große Aufgabe. Lange war gerätselt worden, welche Rolle die erste amerikanische Vizepräsidentin in der neuen Regierung spielen würde, abgesehen von ihrer Verantwortung als Senatspräsidentin, wenn die Demokraten das Patt in dieser Kongresskammer aufbrechen müssen. US-Präsident Joe Biden hat ihr am Mittwoch (Ortszeit) eine der kniffeligsten Aufgaben übertragen, die er derzeit zu vergeben hat: die Eindämmung der Migration aus den südlichen Nachbarländern, die in den vergangenen Wochen zu einer sehr angespannten Situation an der Grenze zu Mexiko geführt hat.

Wie kompliziert dies ist, machte Biden am Mittwoch deutlich: „Ich gebe dir eine schwierige Aufgabe.“ Aber niemand sei besser dafür geeignet als Kamala Harris, dieses Problem in den Griff zu kriegen, erklärte der Präsident. Harris soll nun mit Mexiko, Guatemala, Honduras und El Salvador Lösungen dafür finden, dass die Zahl der Migranten wieder abnimmt.

Biden hat Harris damit ein ähnlich wichtiges Aufgabenfeld übertragen, wie einst Barack Obama ihm: So sollte Biden gleich zu Beginn ihrer ersten gemeinsamen Amtszeit 2009 dabei helfen, die schwere Finanzkrise zu bewältigen und die Wirtschaft wieder in Schwung zu kriegen.

Biden will eine ähnliche Zusammenarbeit, wie er sie mit Obama hatte

Außerdem sollte er die damals, sechs Jahre nach Beginn des Irak-Kriegs, die immer noch 150.000 amerikanischen Soldaten nach Hause bringen. Und auch das schon damals schwierige Thema einer Reform des Einwanderungsgesetzes vertraute Obama seinem Vize an – immerhin hatte der ja 36 Jahre lang Erfahrungen im Senat gesammelt und Kontakte geknüpft. Im Wahlkampf warb Biden immer wieder damit, wie sehr Obama ihm in all den Jahren vertraut und auf ihn gesetzt habe.

Solch eine Zusammenarbeit wünscht er sich offenbar auch mit seiner Stellvertreterin. Über die Rollenverteilung sagt Biden: „Wenn sie spricht, dann spricht sie für mich.“ Harris, die auch die erste Afroamerikanerin und asiatisch-stämmige Amerikanerin in der Rolle der Vizepräsidentin ist, gilt als mögliche Nachfolgerin von Biden.

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Der 78-Jährige hat signalisiert, dass er lediglich eine Amtszeit regieren will. Daher war mit Spannung erwartet worden, mit welchem Aufgabenbereich sich die 56-jährige ehemalige Staatsanwältin und Senatorin profilieren und vor allem auch ihre außenpolitischen Erfahrungen erweitern könnte.

Das Migrationsthema ist ein innenpolitisches Minenfeld

Bei dem Grenzthema ist das theoretisch möglich. Als erstes soll Harris nun mit den Regierungen von Mexiko und den Ländern des Nördlichen Dreiecks – Guatemala, Honduras und El Salvador – zusammenarbeiten, um Wege zu finden, wie sich die Migration in Richtung USA eindämmen lässt, die seit Monaten zunimmt.

Die Lage an der Südgrenze sei ohne Frage eine „herausfordernde Situation“, sagte Harris am Mittwoch. Die Menschen verließen die Länder aus unterschiedlichen Gründen, und es gehe darum, die Ursachen anzugehen, die die Menschen dazu bringen, sich auf den Weg zu machen. Fluchtursachenbekämpfung ist allerdings eine langfristige Aufgabe, schnelle Erfolge sind da nicht zu erwarten.

Gleichzeitig ist das Migrationsthema ein innenpolitisches Minenfeld. Vom linken Flügel der Demokratischen Partei werden die derzeitigen Zustände, vor allem die Situation tausender unbegleiteter Minderjähriger, als unhaltbar kritisiert, und alles, was nach Abschottung und mehr Abschiebungen klingt, wird in diesen Kreisen kaum gut ankommen.

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Auf der anderen Seite nutzen die Republikaner das Thema schon jetzt dazu, um die Regierung hart anzugreifen. Sie sprechen von „Bidens Krise“, die „außer Kontrolle“ sei, obwohl die Migration seit April vergangenen Jahres ansteigt, also bereits Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA.

Der Präsident will ins Grenzgebiet reisen

Biden hatte die strikte Einwanderungspolitik seines Vorgängers Donald Trump gelockert. Während an der Grenze aufgegriffene Erwachsene und Familien weiterhin nach Mexiko zurückgeschickt werden, dürfen unbegleitete Minderjährige in die USA einreisen. Die oppositionellen Republikaner werfen Biden vor, er habe die Migranten quasi eingeladen.

Die Übertragung des heiklen Themas an Vizepräsidentin Harris ist ein Zeichen dafür, wie ernst die Regierung das Problem an der Grenze nun nimmt. Noch immer weigert sich das Weiße Haus, von einer „Krise“ zu sprechen, es gehe doch um Kinder und Jugendliche, hatte Sprecherin Jen Psaki gerade erst erklärt. Harris spricht von einem „großen Problem“, auch Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas vermeidet das Wort Krise.

Biden immerhin hat inzwischen dem Druck nachgegeben und angekündigt, ins Grenzgebiet reisen zu wollen. Dort bleibt die Lage weiter angespannt: Nach jüngsten offiziellen Zahlen von Mittwoch befanden sich rund 5000 Kinder und Jugendliche in Einrichtungen des Grenzschutzes, mehr als 11.500 in der Obhut des Gesundheitsministeriums.

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