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Camp Taji im Irak: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) steht beim Besuch der Bundeswehrsoldaten im internationalen Militärlager neben dem deutschen Kontingentführer, Bundeswehroberst Jörg Wellbrink (Mitte).

© Michael Kappeler/dpa

Besuch in Jordanien und im Irak: Heikles Terrain für die neue Verteidigungsministerin

Soll Deutschland in der Anti-IS-Koalition bleiben oder nicht? Die SPD will raus – und Annegret Kramp-Karrenbauer sucht nach Argumenten für den Verbleib.

Von Robert Birnbaum

Auf heiklem Terrain tastet man sich besser vorsichtig voran, und das Gelände, auf dem die neue Verteidigungsministerin sich gerade bewegt, ist ganz entschieden unsicher. Das gilt für die Region selbst, in der Annegret Kramp-Karrenbauer ihren ersten Besuch bei Truppen im Einsatz absolviert – am Montag in Jordanien, am Dienstag in Bagdad.

Schwierig ist die Lage aber auch an der politischen Heimatfront. Am 31. Oktober läuft das deutsche Mandat für die internationale Koalition gegen die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) aus. Ihre eigene CDU würde eine weitere Verlängerung wohl mittragen. In der SPD aber gibt es gewichtige Stimmen, die auf einen Ausstieg drängen.

Entsprechend vorsichtig geht Kramp-Karrenbauer das Thema an. Die CDU- Chefin lässt zwar keinen Zweifel an ihrer eigenen Position, aber sie lässt vor allem andere für sie sprechen. Nach dem Besuch in Amman berichtete sie, die jordanischen Gesprächspartner hätten den „Wunsch“ an sie herangetragen, dass die Deutschen bleiben. In Badgad erläutert sie, es sei „der irakischen Seite schwer zu erklären, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass der Einsatz fortgesetzt wird“.

Der Vizekommandeur der Anti-IS-Koalition, der Brite Christopher Ghika, lobt die Bundeswehr als „wirklich standfesten Partner“, der zentrale Fähigkeiten für die Mission stelle. Ein Abzug der Sanitäter, der Ausbilder und erst recht der in Jordanien stationierten „Tornado“-Luftaufklärer wäre ein „schwerer Schlag“, sagt der Generalmajor.

IS gilt als besiegt

Auf den ersten Blick erscheint das unverständlich. Der IS gilt seit Ende 2017 als besiegt, als Koalitionstruppen und verbündete Kurden die letzte größere Ortschaft des selbst ernannten „Kalifats“ eroberten. Aber längst nicht alle IS-Kämpfer sind in Nachbarländer oder nach Libyen ausgewichen, viele sind im Untergrund weiter tätig.

Wird der Kampf gegen sie jetzt eingestellt, so die Sorge, geht im schlimmsten Fall bald alles wieder von vorn los. Jetzt entscheide sich, ob der Sieg über die Terroristen nachhaltig bleibe, sagt auch Kramp-Karrenbauer.

So ähnlich hatte das kürzlich auch Außenminister Heiko Maas auf einer Reise in die Region ausgedrückt. Doch in seiner eigenen SPD-Fraktion gibt es erheblichen Widerstand speziell gegen die Fortschreibung der „Tornado“-Einsätze. Die letzte Verlängerung des Mandats im Oktober 2018 musste sich die Koalition schon damit erkaufen, dass sie das Ende des Einsatzes in diesem Herbst zusagte.

Bei Kramp-Karrenbauers Amtsantritt pochte der Außenpolitiker und jetzige amtierende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich darauf, dass diese Festlegung gelte.

Kompromisse werden doppelt schwierig

Mützenich würde sein vorläufiges Amt gern behalten. Das macht Kompromisse mit ihm doppelt schwierig. Das laufende Auswahlverfahren für den SPD-Vorsitz erschwert sie dreifach. Dass Donald Trump die Deutschen in dem Einsatz halten will und neulich sogar in gewohnt undiplomatischer Manier aufforderte, gefälligst Bodentruppen für Operationen in Syrien zu stellen, liefert den Gegnern des deutschen Einsatzes obendrein ein starkes emotionales Argument.

Kramp-Karrenbauer versucht dem zaudernden Koalitionspartner mit Worten Brücken zu bauen: Der Einsatz müsse „angepasst“ werden und stärker „zivil-militärisch“ orientiert sein. Ihre Gesprächspartner vor Ort heben hervor, wie schwer vor allem die deutschen Luftaufklärer zu ersetzen wären. Mit den Bildern von oben, sagt etwa der Brite Ghika, ließen sich Flüchtlingstrecks entdecken, Depots und Untergrundstellungen von IS-Kämpfern aufspüren und versehentliche Angriffe auf Zivilisten verhindern.

Sie hoffe, dass die Reise genug „Argumente“ für ein neues Mandat liefere, sagt die Ministerin. Sie denkt da vor allem an die zwei Sozialdemokraten, die sie begleiten: den Außenpolitiker Nils Annen und die junge Abgeordnete Siemtje Möller.

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