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Franziskus wird der erste Papst, der den Irak bereist.

© Sabah ARAR / AFP

Beschützt von 10.000 Polizisten: Die wohl riskanteste Reise von Papst Franziskus

Wo vor sieben Jahren der IS das „Kalifat“ ausrief, wird am Freitag der Papst in Empfang genommen. Er sei der „Hirte der Menschen, die leiden“.

Der „Platz der Kirchen“ im nordirakischen Mossul ist gezeichnet von der Gewalt vergangener Jahre. Die vier Kirchen rund um den Platz wurden in den Kämpfen zwischen der Armee und dem „Islamischen Staat“ schwer beschädigt. In wenigen Tagen will Papst Franziskus auf diesem Platz beten, um den wenigen verbliebenen Christen in der Stadt am Tigris Mut zuzusprechen.

Einst lebten rund 50.000 Christen in Mossul – der Stadt, in der IS-Chef Abubakr al Bagdadi vor sieben Jahren das „Kalifat“ der Extremisten ausrief. Jahrelang wurde in Mossul gekämpft, bis der IS vertrieben war. Tausende starben, die Stadt wurde fast völlig zerstört. Heute leben nur noch wenige christliche Familien in Mossul.

Die Stadt ist eine der Stationen des historischen Besuches von Franziskus im Irak vom 5. bis zum 8. März. Obwohl wichtige Schauplätze der Bibel im heutigen Irak liegen, ist der 84-jährige der erste Papst, der in das Land an Euphrat und Tigris reist.

Im überwiegend muslimischen Irak leben etwa 300.000 Mitglieder verschiedener christlicher Gemeinden. Die meisten von ihnen gehören zur chaldäisch-katholischen Kirche, die den Papst als Oberhaupt anerkennt. Doch der Besuch von Franziskus gilt allen Christen im Land.

10.000 Polizisten schützen den Papst auf seiner Reise

Bei seiner ersten Auslandsreise nach einer mehr als einjährigen Corona-Pause besucht Franziskus neben der Hauptstadt Bagdad das südirakische Nadschaf sowie Mossul, Karakosch und Erbil im Norden. Auch ein Abstecher nach Ur, der Heimatstadt des Propheten Abraham, ist geplant. In Nadschaf kommt der Papst mit Groß-Ajatollah Ali al Sistani zusammen, dem einflussreichsten Geistlichen der schiitischen Muslime im Irak.

Der Besuch ist die bisher die wohl riskanteste Reise von Franziskus. Immer noch kommen viele Menschen im Irak bei Gewalttaten ums Leben. Vor einem Monat töteten mutmaßliche IS-Anhänger 32 Menschen in Bagdad. Die Hauptstadt und Erbil wurden zudem noch kürzlich von Raketenangriffen erschüttert.

Zudem gehen die Sicherheitskräfte brutal gegen Demonstranten vor, die gegen Korruption und Misswirtschaft protestieren. Im Februar starben sechs Menschen bei Straßenschlachten in der Stadt Nassirijah, einer Zwischenstation des Papstes. Um Franziskus zu schützen, werden 10.000 Polizisten und Soldaten im Einsatz sein.

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Der Irak leidet bis heute an den Folgen der amerikanischen Invasion von 2003, die Diktator Saddam Hussein entmachtete, das Land jedoch in einen Abgrund aus Anarchie und religiös motivierter Gewalt stürzte. Zehntausende starben bei Anschlägen sunnitischer und schiitischer Extremisten, unter denen auch die Christen litten.

Nach dem Sturz Saddam Huseins flohen 1,5 Millionen Christen

Die Schreckensherrschaft des „Islamischen Staates“ in Teilen von Nord- und Nordwest-Irak dezimierte die christliche Minderheit weiter. Saddam hatte die Christen mehr oder weniger in Ruhe gelassen, doch nach seinem Sturz begann ein Exodus. Rund 80 Prozent der ehemals rund 1,5 Millionen Christen haben den Irak seitdem verlassen.

Prieser Ammar Altony Yako hält eine Predigt in der alten Kirche von Karakosh.
Prieser Ammar Altony Yako hält eine Predigt in der alten Kirche von Karakosh.

© REUTERS/Thaier al-Sudani

Beim Besuch von Franziskus stellt sich nicht nur die Frage nach der Sicherheit des Papstes. Gefahr droht nach Einschätzung von Experten ebenfalls den Gläubigen, die Franziskus sehen wollen. Auftritte des Kirchenoberhaupts bei Massenereignissen wie einer Messe in einem Stadion im nordirakischen Erbil mit 10.000 Teilnehmern könnten die Pandemie im Irak verschlimmern.

„Ich halte das für keine gute Idee“, sagte die Virologin Navid Madani der Nachrichtenagentur AP. Vor zehn Tagen hatte die Regierung einen Teil-Lockdown verhängt, um dem plötzlichen Anstieg der Infektionsfälle Herr zu werden. Kurz vor der Ankunft des Papstes infizierte sich der Vatikan-Botschafter im Irak mit dem Corona-Virus.

Premier Kadhimi will der Welt beweisen, dass der Irak stabil und sicher ist

Trotz der Risiken halten Gast wie Gastgeber am Besuch fest. Alle Mitglieder der päpstlichen Delegation wurden gegen das Corona-Virus geimpft. Dennoch bezweifelte Franziskus noch vor wenigen Wochen, dass sein Irak-Besuch stattfinden werde. Er könne nicht guten Gewissens große Veranstaltungen verantworten, sagte er damals.

Inzwischen sind diese Bedenken offenbar ausgeräumt. Der Papst könne es kaum erwarten, wieder auf Reisen zu gehen, ließen sich Vatikan-Vertreter von der Nachrichtenagentur Reuters zitieren. Mit dem Besuch im Irak will der Papst dazu beitragen, das Aussterben des Christentums im Nahen Osten zu verhindern.

Er sei der „Hirte der Menschen, die leiden“, sagte Franziskus der amerikanischen katholischen Nachrichtenagentur CNS. Auch Iraks Regierung von Ministerpräsident Mustafa al Kadhimi setzt auf den Papstbesuch. Premier Kadhimi will der Welt beweisen, dass der Irak stabil und sicher ist.

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