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Geimpfte und Genesene müssen sich vor dem Restaurantbesuch testen lassen.

© imago images/Sven Simon

Update

Beschlüsse bei Bund-Länder-Gipfel: 2G Plus in Gastronomie und kürzere Quarantäne kommt

Wegen Omikron kommt eine 2G-Plus-Regel für die Gastronomie – nur Geboosterte brauchen keinen Test. Die Union setzt Scholz bei der Impfpflicht unter Druck.

Wegen der Omikron-Variante wird es eine deutliche Verschärfung beim Zutritt zu Restaurants, Kneipen und Cafés geben. Bundesweit und inzidenzunabhängig soll in Kürze der Zugang zur Gastronomie für Geimpfte und Genesene nur noch mit einem tagesaktuellen Test oder mit dem Nachweis einer Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) möglich sein, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern am Freitag. Die Beschlüsse liegen dem Tagesspiegel vor. Die Gastronomie-Verschärfungen sollen kurzfristig gelten.

Ziel der neuen 2G-Plus-Gastronomie-Regelung ist auch, noch einmal deutlich die Booster-Impfquote zu erhöhen. Für die Beschäftigten in der Gastronomie wird aber weiter 3G (geimpft, genesen oder getestet) gelten, da hier die Arbeitsplatzregelungen gelten. Aber Bayern und Sachsen-Anhalt stellten sich in Protokollerklärungen gegen die 2G-Plus-Verschärfung.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der bisher zum "Team Vorsicht" gehörte, aber zunehmend Gegenwind spürt, vermerkte in einer Protokollerklärung. "Weitere Verschärfungen freiheitseinschränkender Maßnahmen, wie eine inzidenzunabhängige 2G Plus-Regel in der gesamten Gastronomie, müssen erst auf Basis einer möglichst gesicherten wissenschaftlichen Expertise sorgfältig geprüft werden."

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Scholz und die SPD-regierten Länder lehnten in der Sitzung das Ansinnen der Unions-regierten Länder ab, dass wegen der unsicheren Omikron-Lage Bundestag und Bundesrat die von der Ampel-Koalition ausgesetzte epidemische Lage nationaler Tragweite wieder neu feststellen sollen. So hätte den Bundesländern die Möglichkeit gegeben werden können, etwa auch Hotels und Geschäfte wieder notfalls zu schließen.

Die wichtigsten weiteren Beschlüsse im Überblick

  • Private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen werden weiterhin auf zehn Personen beschränkt. Bei Nicht-Immunisierten gilt: Treffen beschränken sich auf Angehörige des eigenen Hausstandes sowie höchstens zwei Personen eines anderen Haushalts. Kinder bis 14 Jahre sind jeweils ausgenommen.
  • Beim Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie im Handel (ausgenommen Geschäfte für den täglichen Bedarf) gilt inzidenzunabhängig weiter die 2G-Regel.
  • Die Pflicht zum Homeoffice, wo es möglich und zumutbar ist, wird verlängert.
  • Da insbesondere Bars und Kneipen als Risikozonen für Ansteckungen gelten, sollen diese stärker auf Einhaltung der 2G-plus-Regel kontrolliert werden. Clubs und Diskotheken bleiben geschlossen.
  • Verkürzte Isolation und Quarantäne: Die Isolation von Erkrankten wird auf zehn Tage verringert (bisher dauerte sie 14 Tage) - bei negativem PCR- oder Schnelltest endet sie nach sieben Tagen. Die Quarantäne für Kontaktpersonen bleibt zwar bei zehn Tagen, wer geboostert, frisch geimpft oder gerade erst genesen ist, muss aber nicht in Quarantäne. Bei allen anderen ist eine Freitestung über einen negativen PCR-Test oder einen zertifizierten Antigen-Schnelltest mit Nachweis nach sieben Tagen möglich. Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe brauchen für die Beendigung der Isolation nach sieben Tagen dagegen nicht nur einen negativen PCR-Test, sondern müssen zuvor auch 48 Stunden symptomfrei gewesen sein.
  • Kinder und Jugendliche, soweit in Kitas und Schulen, können eine Quarantäne schon nach fünf Tagen per Test beenden. Bei Infizierten gilt die Sieben-Tage- Frist wie bei Erwachsenen.
  • Beschlossen wurde am Freitag beim virtuellen Gipfel auch, dass alle Maßnahmen als bundesweite Mindeststandards zu betrachten sind. Den Ländern steht es wie bisher frei, weiter gehende Schritte zu beschließen.
  • Eine dringende Empfehlung FFP2-Masken zu tragen, etwa in Geschäften, Bus und Bahn - sie schützen nachweislich besonders gut gegen die Omikron-Variante.

Impfpflicht soll kommen – Scholz verfehlt Impfziel

Eigentlich wollte Kanzler Scholz bis zu dem Treffen an diesem Freitag eine Quote bei den Erstimpfungen von 80 Prozent erreichen, mit 74,5 Prozent wird dieses von Scholz verkündete Ziel aber deutlich verfehlt. Alle 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben sich in der Runde für die Einführung einer Impfpflicht ausgesprochen, er selbst sei auch weiterhin dafür, betonte Scholz. „Ich fühle mich da maximal unterstützt.“ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte von Scholz aber mit Nachdruck einen raschen Zeitplan, bis wann die Impfpflicht im Bundestag beschlossen werden soll.

Scholz hatte im Dezember ein Inkrafttreten bereits bis Februar, spätestens März angekündigt. Zunächst ist im Bundestag nun aber eine Orientierungsdebatte geplant, Ziel ist ein Abschluss des Gesetzgebungsprozesses bis März. Scholz ließ auf Nachfrage offen, ob sein Ziel noch zu halten ist, ein Zeitplan sei Sache des Bundestags. Da sich vor allem bei der FDP Widerstand regt, ist die Ampel-Koalition wahrscheinlich auf Unterstützung etwa aus dem Unions-Lager bei einer zur Gewissenentscheidung deklarierten Entscheidung im Bundestag angewiesen.

Kanzler Olaf Scholz und Berlins Regierungschefin Franziska Giffey.
Kanzler Olaf Scholz und Berlins Regierungschefin Franziska Giffey.

© AFP/John Macdougall

Die Anstrengungen müssten deutlich verstärkt werden, "damit die bereits mit dem Beschluss vom 2. Dezember 2021 für Februar 2022 in den Blick genommene Einführung einer allgemeinen Impfpflicht diesem Zeitplan entsprechend in Kraft treten kann", hatte die Union einer eigenen Beschlussvorlage vor dem Treffen den Druck auf Scholz gehört. "Die Länder fordern den Bundestag und die Bundesregierung erneut auf, hierzu kurzfristig einen belastbaren Zeitplan vorzulegen." In der Vorlage des Kanzleramts stand zunächst gar nichts zur Impflicht, im gemeinsamen Bund-Länder-Beschluss wird nun die Einführung bekräftigt.

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Scharfe Kritik an den neuen 2G-Plus-Regelungen in der Gastronomie kommt vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. „Ich warne vor panischem Aktionismus, 2G plus stürzt Betriebe in Existenznot ohne Mehrwert für das Infektionsgeschehen“, teilte die Verbandspräsidentin Angela Inselkammer mit. „Der geplante Beschluss käme im ohnehin extrem umsatzschwachen Januar einem Quasi-Lockdown gleich, für viele Betriebe würde sich eine weitere Öffnung nicht mehr rechnen.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte dagegen im Vorfeld der Bund-Länder-Runde: „Die Gastronomie ist ein Problembereich. Da sitzt man ohne Maske oft für Stunden. Und wenn sich die Menschen dort dann gegenseitig infizieren, wie wir es bei Omikron sehr viel sehen, dann brauchen wir einen besseren Schutz, daher 2G plus, also geimpft und zusätzlich eben getestet“.

Neue Überbrückungshilfe – auch für für Profi-Vereine

Zudem werden die finanziellen Hilfen wegen der neuen Einschränkungen und Auflagen ausgeweitet:

„Mit der neuen Überbrückungshilfe IV, dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und den Härtefallhilfen sowie den Sonderregeln für die Veranstaltungsbranche, dem Sonderfonds des Bundes für Messen und Ausstellungen, dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen, dem Programm Corona-Hilfen Profisport und dem KFW-Sonderprogramm steht für die von den Corona-Schutzmaßnahmen betroffenen Unternehmen auch weiterhin finanzielle Unterstützung zur Verfügung“, wird betont. Das bedeutet: Auch Vereine, die auf Zuschauereinnahmen verzichten müssen, können mit dem Corona-Programm "Profisport" auf neue Finanzhilfen hoffen.

Da die 2G-Zugangsbeschränkungen etwa für den Einzelhandel und für die Gastronomie einen zusätzlichen Kontrollaufwand erfordern können, werde der Bund zudem im Rahmen der Überbrückungshilfe IV entsprechende Sach- und Personalkosten bei den Fixkosten besser berücksichtigen. „Die Länder werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um kriminellen Missbrauch der Wirtschaftshilfen zu verhindern“, wird hervorgehoben.

Vor dem Corona-Gipfel hatte der Expertenrat der Bundesregierung eine neue Einschätzung der Lage gegeben – mit einer ganz vorsichtigen Entwarnung. „Erste epidemiologische Analysen aus Großbritannien, Dänemark und den USA deuten auf einen milderen Krankheitsverlauf bei Infektionen mit der Omikron-Variante im Vergleich zur Delta-Variante hin. Dies gilt auch für Kinder“, heißt es in der Stellungnahme. Insgesamt klingt diese weniger alarmistisch als zuletzt.

„Infektionen mit der Omikron-Variante führen, bezogen auf die Fallzahl, seltener zu Krankenhausaufnahmen und schweren Krankheitsverläufen“, wird betont. Die Reduktion der relativen Krankheitsschwere erkläre sich größtenteils durch Impfungen und vorangegangene Infektionen eines Großteils der Bevölkerung.

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Inzwischen wird nicht mehr von einer akut drohenden Überlastung des Gesundheitssystems ausgegangen. Aber auch trotz einer reduzierten Hospitalisierungsrate sei bei sehr hohen Inzidenzwerten aufgrund des hohen zeitgleichen Aufkommens infizierter Patienten mit einer erheblichen Belastung „und regional auch Überlastung der Krankenhäuser und der ambulanten Versorgungsstrukturen (Praxen, Ambulanzen, Tageskliniken) und dem öffentlichen Gesundheitsdienst zu rechnen“.

Da auch Geimpfte stark von neuen Infektionen betroffen sind, entstehe „ein weiteres wesentliches Problem durch Personalausfälle aufgrund von Ansteckungen innerhalb der Belegschaften von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Versorgungsstrukturen“.

Ein hohes Patientenaufkommen kombiniert mit akutem Personalmangel könne innerhalb von kurzer Zeit die allgemeine medizinische Versorgung in Deutschland gefährden. „Alle medizinischen und pflegerischen Versorgungseinrichtungen müssen sich für die kommenden Wochen auf eine erhebliche Belastungssituation einstellen.“

Aktuelle Statistiken aus verschiedenen europäischen Staaten zeigten deutlich vermehrte Aufnahmen auf die Normalstationen, aber im Vergleich zu vorangegangen Infektionswellen anteilig weniger Aufnahmen auf die Intensivstationen.

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