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Teilnehmer einer AfD-Versammlung in Sachsen (Archivbild)

© dpa/Monika Skolimowska

Bertelsmann-Umfrage: 29 Prozent der AfD-Wähler haben rechtsextreme Einstellung

Fast jeder dritte AfD-Wähler vertritt laut einer Studie rechtsextreme Positionen. Die hohe Konzentration rechter Gesinnung bei der AfD sei neu.

Bei der letzten Bundestagswahl wurde das Wahlergebnis der AfD noch auf Protestwähler zurückgeführt. Umfragen zeigten, dass die Wähler der AfD überwiegend aus Enttäuschung über die anderen Parteien für die AfD stimmten und weniger aus Überzeugung. Dieses Bild dürfte nach der Bundestagswahl 2021 ein anderes sein.

Bereits jetzt zeigt sich: Mehr als die Hälfte der AfD-Wähler ist mittlerweile latent oder manifest rechtsextrem eingestellt. Zu diesem Ergebnis kommt die Bertelsmann Stiftung auf Grundlage einer repräsentativen Onlinebefragung mit 10.055 Teilnehmern aus dem Juni 2020.

Insgesamt, so die Studie, hätten acht Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Neu sei die starke Konzentration dieser Wähler bei der AfD. Unter den AfD-Wählern sei fast jeder dritte Wähler (29 Prozent) rechtsextrem eingestellt, ein weiteres Viertel (27 Prozent) vertrete latent rechtsextreme Einstellungen.

94 Prozent mindestens latent fremdenfeindlich

Um diese Einstellungen zu messen fragte die Bertelsmann Stiftung die Zustimmung zu verschiedenen Aussagen ab. In der Dimension „Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur“ wurde etwa nach der Zustimmung zum Satz gefragt: „Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“. Im Bereich „Verharmlosung des Nationalsozialismus“ konnten sich die Teilnehmer etwa zu dem Satz verhalten: „Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen“. Und in der Kategorie „Sozialdarwinismus“ wurde unter anderem nach der Zustimmung zu folgender Aussage gefragt: „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“.

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Stimmten die Teilnehmer den Aussagen durchschnittlich „überwiegend“ oder „voll und ganz“ zu, gingen die Forscher davon aus, dass die jeweilige Einstellung „manifest“ vorhanden sei. Wenn sie überwiegend mindestens mit „teils teils“ zustimmten, ist von einem „latenten“ Vorhandensein der jeweiligen Einstellung die Rede.

Während nur fünf Prozent aller Wahlberechtigten eine rechtsgerichtete Diktatur befürworteten, waren es bei den AfD-Wählern 15 Prozent und latent insgesamt 50 Prozent. Und während insgesamt ein Fünftel aller Wahlberechtigten fremdenfeindliche Ansichten vertritt wie „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“, sind es unter AfD-Wählern 65 Prozent. Insgesamt 94 Prozent aller AfD-Wähler sind demnach latent fremdenfeindlich eingestellt.

Ebenfalls wurde erhoben, wie populistisch die AfD-Wähler eingestellt sind. Rechtspopulistische Einstellungen zeigten sich als eine weniger extrem ausgeprägte Form rechtsextremer Einstellungsmuster, schreiben die Autoren. Insgesamt seien fast drei Viertel (73 Prozent) aller AfD-Wähler entweder klar populistisch (38 Prozent) oder zumindest teilweise populistisch (35 Prozent). Am Ende liege der Anteil unpopulistischer und zugleich nicht rechtsextrem eingestellter AfD-Wähler bei lediglich 13 Prozent.

Die Studie kommt im Bezug auf die AfD zu folgendem Ergebnis: „Mag sie ihren Wahlerfolg bei der Bundestagswahl 2017 noch als eine vor allem rechtspopulistische Mobilisierungsbewegung im Schatten der Flüchtlingskrise erreicht haben. Vor der Bundestagswahl 2021 erscheint sie als eine mehrheitlich von rechtsextremen Einstellungen dominierte Wählerpartei.“

Latent rechtsextreme Einstellungen als Mobilisierungsreserve

Ebenfalls interessant ist aber auch, wie latent rechtsextreme Einstellungen bei den anderen Parteien verteilt sind. So sind laut Studie 21 Prozent der FDP-Wähler latent rechtsextrem eingestellt, 18 Prozent der Unionswählerschaft, 15 Prozent der Linken-Wähler, 16 Prozent der SPD-Wähler und acht Prozent der Grünen-Wähler. Diese Zahlen sind ein Hinweis darauf, dass latent rechtsextreme Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen.

Aus Sicht der Studienautoren erweist sich die Latenz rechtsextremer Einstellungen als eine Art „Mobilisierungsreserve“ auch für die extreme Rechte, die sie mit rechtspopulistischen Mobilisierungsstrategien für sich zu nutzen versuche. Die größere Gefahr gehe nicht von einer insgesamt stärkeren Ausbreitung rechtsextremer Einstellungen aus, sondern von deren parteipolitischer Konzentration und Radikalisierung innerhalb der Wählerschaft der AfD

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