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Das Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin.

© imago/Seeliger

Berliner Universitäten: Stadt der Exzellenz

Die Berliner Unis feiern ihre Erfolge in der Exzellenzstrategie - auch in Erinnerung an schlechtere Zeiten für die Wissenschaftsstadt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anja Kühne

Am Donnerstagmorgen twitterte Anita Traninger, Romanistik-Professorin an der FU: „Schnaps oder Schampus heißt es heute für unseren Exzellenzcluster.“ Am Nachmittag stand dann fest: Schampus! Und nicht nur für das große Literaturprojekt, das Traninger nun über sieben Jahre lang mit ihren Kolleginnen und Kollegen zum Leben erwecken kann: Berlins drei große Unis haben in der „Exzellenzstrategie“ von Bund und Ländern richtig abgesahnt. Gleich sieben von neun Clustern, also großen Forschungsprojekten, die vor einem Jahr die Vorrunde überstanden hatten, fanden das Gefallen der wissenschaftlichen Gutachterinnen und Gutachter in Bonn. Und das in einem hoch kompetitiven Wettbewerb, in dem die Hälfte der Anträge durchfiel, darunter sogar sehr gute.

Die Wissenschaftsstadt Berlin wird darüber euphorisch, von der TU-Pressesprecherin über die Professorin bis zum Staatssekretär: „Absoluter Knaller!“, „Wir freuen uns so!“, heißt es jetzt. Glanz und Gloria – daran muss man sich in Berlin erst wieder gewöhnen, muss lernen, dran zu glauben. Zu lange stand Berlin neben München als arme Verwandte im Osten da. Die historischen Verwerfungen wirkten nach. Brutale Sparrunden waren die Folge, auch bei den Hochschulen. Regierungen aller Couleur waren über Jahrzehnte daran beteiligt. Die letzte vom Jahr 2004 hatte der Senat unter Klaus Wowereit und dem zynischen und wissenschaftsfeindlichen damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin zu verantworten. Im ersten Exzellenzwettbewerb 2006 argwöhnte man im Wissenschaftsrat sogar, das Land Berlin werde gar nicht willens sein, die von den Unis eingeworbenen Projekte zu bezuschussen, Berlin sei nicht vertrauenswürdig. Das steckt vielen noch in den Gliedern.

Der Regierende setzt sich ein

Wie sich die Zeiten ändern. Inzwischen hat Berlin einen Regierenden Bürgermeister und Wissenschaftssenator, der das Potenzial des großen und eng vernetzten Wissenschaftsstandorts erkannt hat. Das zeigt Michael Müller immer wieder: ob es um die finanzielle Ausstattung der Berliner Hochschulen geht, ob er einen Impuls aus der Berliner Gesellschaft aufnimmt und über 50 neue Digitalprofessuren schafft oder ob er Berlin bei der Clusterentscheidung in Bonn selbst vertritt.

Die Berliner Wissenschaft gilt nicht mehr als teure Kostgängerin – sie genießt die Wertschätzung der Berliner Politik. Gut für Berlin, das sonst oft nur von sich reden macht, wenn wieder kein Termin im Bürgeramt frei ist. In der Wissenschaft zeigt es seine andere Seite: Berlin zieht kreative und kluge Menschen an, bringt gesellschaftliche Themen voran, spielt bundesweit ganz oben mit.

Osten bleibt nahezu exzellenzfreie Zone

Die Freude über den Berliner Erfolg darf die Probleme der deutschen Hochschulpolitik aber nicht verdecken. „Exzellenz“ hin oder her: Kaum je wird ein Nobelpreis von einer deutschen Uni errungen. Dafür ist die außeruniversitäre Max-Planck-Gesellschaft zuständig, an der die Professoren nicht 80 Studierende zu betreuen haben. Auch in der neuen Exzellenzstrategie bleibt der Osten eine nahezu exzellenzfreie Zone: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gehen wieder einmal leer aus. Und auch die Hoffnung, deutsche Unis könnten mit dem Exzellenzwettbewerb an die internationale Spitze anschließen, hat sich noch nicht erfüllt, wie die Evaluation des Wettbewerbs ernüchternd gezeigt hat. Gleichwohl tanzen die Wissenschaftler weiter ums Goldene Kalb, schreiben Antrag um Antrag in papierenem Deutsch, um die Finanzierung über Drittmittel abzusichern.

Das gilt auch für Berlins Unis. Und doch besteht jetzt die Chance, dass die Exzellenzinitiative für die Hauptstadt mehr wird als eine Geldquelle. Die Freie Universität, die Humboldt-Universität und die TU wollen in einem Jahr gemeinsam, als Verbund, unter die elf neuen Exzellenzunis kommen. Ein spannendes Experiment läuft also an, weitere Synergien sind möglich. Läuft es gut, wächst dabei zusammen, was zusammengehört. Zum Wohle von Wissenschaft und Gesellschaft, nicht nur in Berlin.

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