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Fracking-Gas - hier eine Förderanlage im US-Staat Pennsylvania - gilt als schmutzig. Nun will es die EU aus den USA importieren.

© Jim Lo Scalzo/epa /PICTURE ALLIANCE / DPA

Berichte über Einflussnahme aus Moskau: Deutsche Klimaschützer dementieren Zuwendungen aus Russland

Es gibt Hinweise, dass Moskau NGOs fördert, die gegen Fracking kämpfen. Das Ziel: Die Abhängigkeit von Russlands Erdgas zu erhalten.

Von Hans Monath

Deutsche Umwelt- und Klimaschutzverbände wehren sich gegen den Vorwurf, ihr Widerstand gegen die Förderung von Fracking-Gas in Europa sei auch durch Russland finanziert worden.

Sprecher von Greenpeace Deutschland, der Deutschen Umwelthilfe, des Bundes Umwelt und Naturschutz Deutschland, des Naturschutzbundes Deutschland und von Fridays for Future Deutschland versicherten auf Anfrage des Tagesspiegels, ihre Organisationen hätten keine finanziellen Zuwendungen von Russland erhalten.

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Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter empfahl Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organisations, NGOs) für Umwelt- und Klimaschutz in diesem Zusammenhang, ihre Finanzierung transparent zu machen. Zugleich regte er eine Prüfung strengerer gesetzlicher Vorgaben dazu an.

Zuvor hatten Medien in Deutschland und den USA von Hinweisen berichtet, wonach Moskau Aktivisten in den USA und Europa in ihrem Kampf gegen fossile Energien unterstütze, um russisches Gas und Öl besser verkaufen zu können.

Vorwürfe der Nato gegen NGOs

Die „Welt“ verwies auf Informationen des Martens Centre für European Studies, wonach die russische Regierung 82 Millionen Euro an europäische Klimaschutzverbände überwiesen habe, die Erdgasförderung in Europa verhindern wollten.

Ziel war nach Angaben der Zeitung, die Selbstversorgungsquote der Europäer bei der Energieversorgung gering zu halten und so die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu vergrößern.

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Besonders Deutschland ist stärker als viele andere EU-Staaten auf die Lieferung von russischem Gas und Öl angewiesen. Die Bundesregierung stellt sich gegen ein Embargo dieser Energielieferungen, weil sie bei einem Wegfall der Versorgung aus Russland einen Einbruch der deutschen Wirtschaft und Massenarbeitslosigkeit befürchtet. Inzwischen arbeitet sie daran, die Energiequellen zu diversifizieren.

Der damalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte Russland 2014 vorgeworfen, den Widerstand gegen das Fracking in anderen Ländern zu fördern. 

„Es gehört zu den raffinierten Informations- und Desinformationskampagnen Russlands, aktiv so genannte Nicht-Regierungs-Organisationen zu unterstützten, nämlich Umweltschutzverbände, die gegen Fracking-Gas sind, um die Abhängigkeit vom Import russischen Gases aufrechtzuerhalten“, erklärte er.

Der "hybride Krieg", in dem Gesellschaften unterwandert werden, gehört zu den Mitteln des ehemaligen Geheimdienstlers Putin.
Der "hybride Krieg", in dem Gesellschaften unterwandert werden, gehört zu den Mitteln des ehemaligen Geheimdienstlers Putin.

© Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Die von dieser Zeitung befragten NGOs bestätigten, dass sie Fracking-Gas ablehnen, bestritten aber entschieden die Entgegennahme russischer Zuwendungen. Greenpeace fordere in der EU und weltweit zudem „einen Stopp für den Bau und Investitionen in weiterer fossile Strukturen, inklusive von Gaspipelines und LNG-Terminals, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können“, erklärte ein Sprecher.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erklärte, sie habe sich schon in der vorvergangenen Legislaturperiode wegen negativer Auswirkungen auf das Grundwasser und den Naturschutz für ein Verbot von unkonventionellem Fracking bei der Öl- und Gasförderung eingesetzt.

„Zu einer solchen gesetzlichen Regelung kam es in Deutschland schließlich auch“, meinte ein DUH-Vertreter. Seine Organisation kämpfe „konsequenterweise auch gegen den Import von gefracktem Gas aus anderen Regionen“.

Ein Sprecher des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sagte, seine Organisation habe „zu keinem Zeitpunkt Mittel aus russischen Quellen erhalten“. Auch die DUH schloss solche Zahlungen aus. „Greenpeace Deutschland hat keine Spenden aus Russland erhalten“, erklärte ein Sprecher.

Das regionale Büro von Greenpeace in Russland mit Sitz in Moskau habe 2021 von russischen Privatpersonen Spenden in der Höhe von umgerechnet 1,1 Millionen Euro erhalten. Die Organisation nehme keine Gelder von Konzernen, Parteien oder vom Staat.

Auch bei den Spenden von Privatpersonen behalte sich Greenpeace vor, diese zurückzuweisen, wenn der Verdacht der Einflussnahme bestehe. Alle Spenden über 5.000 Euro würden auf diesen Punkt hin geprüft, Firmenspenden bereits ab 1.000 Euro.

Ein Sprecher des Naturschutzbundes Deutschland dementierte Zahlungen „aus staatlichen russischen  Quellen" an seine Organisation. Eine Vertreterin von Fridays for Future (FFF) antwortete dieser Zeitung: „Wir erhalten unsere Spenden zu großen Teilen auf den Klimastreiks anonym von Privatpersonen. Zu den Spender*innen, die etwa auf unser Spendenkonto spenden, haben wir außer mit Dankes- und Informationsmails keinen Kontakt.“ 

Mitte März protestierte auch Greenpeace in Berlin gegen den Krieg gegen die Ukraine.
Mitte März protestierte auch Greenpeace in Berlin gegen den Krieg gegen die Ukraine.

© John MACDOUGALL / AFP

Kiesewetter, der auch Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages für die Geheimdienste ist, sagte, es sei „angesichts der intransparenten Finanzströme schwierig“, russische Zahlungen an NGOs in Europa konkret zu belegen. „Hilfreich wäre, wenn die entsprechenden NGOs ihre Finanzströme freiwillig offenlegen würden“, meinte er.

Zahlungen oder verdeckte Zahlungen an NGOs passen nach Ansicht Kiesewetters zum Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser habe auf eine strategische Schwächung und Spaltung Europas hingearbeitet.

„Indem er gezielt die Energieabhängigkeit Deutschlands und anderer europäischer Staaten von Russland beförderte, schwächte er damit die EU im Bereich der Hard Power-Fähigkeiten und stärkte seine eigenen“, meinte der Abgeordnete. Er verwies darauf, dass es möglich sei, den rechtlichen Status von NGOs neu zu bewerten, wie der Entzug der Gemeinnützigkeit von   Campact zeige.

Es bleibe schwierig, die oft komplexen Netzwerke und Finanzverbindungen transparent zu machen. „Insofern gilt es zu prüfen, ob hier auch in Bezug auf das Transparenzregister nachgesteuert werden sollte, ohne die vielen engagierten und ehrenamtlich geführten gemeinnützigen Vereine unter Generalverdacht zu stellen.“

Sicherheitspolitisch und nachrichtendienstlich müsse sich Deutschland darauf einstellen, „dass ausländische Staaten versuchen, unsere offene Gesellschaft und mitunter somit auch NGOs gezielt zu beeinflussen und für ihre Agenda zu nutzen“, sagte der CDU-Politiker.

Deshalb sei es insgesamt erforderlich, „eine strategische Kultur in Deutschland und Europa zu entwickeln, die die Gesellschaft resilienter in Bezug auf die Einflussnahme ausländischer Staaten und ihrer Einflussvektoren macht, eine wehrhafte Demokratie“. 

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