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Die rasant steigenden Temperaturen in der Arktis beschleunigen auch die Eisschmelze.

© picture-alliance/ dpa

Bericht des Weltklimarats IPCC: Wo sich die Klimakrise am deutlichsten zeigt

Hitzewellen, Dürren oder Starkregen – die Folgen des Klimawandels sind in vielen Regionen längst deutlich spürbar. Welche Regionen stark betroffen sein werden.

Es ist eine düstere Bestandsaufnahme: Die Erderwärmung schreitet noch schneller voran, als dies bisher prognostiziert wurde. Bei der derzeitigen Entwicklung wird sich die Erde bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmt haben, bis zu jener Grenze also, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgehalten wurde. Die Schwelle wird zehn Jahre früher erreicht als 2018 prognostiziert. So steht es im ersten Teil des mittlerweile sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC, der am Montag veröffentlicht wurde.

Der Bericht liefert auch Erkenntnisse darüber, wie der Klimawandel regional voranschreitet und welche Erdregionen die Klimakrise wohl am härtesten trifft. Erstmals sind regionale Faktenblätter enthalten sowie ein interaktiver Atlas. Wasserknappheit, Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen – die Folgen des Klimawandels sind in vielen Regionen längst deutlich spürbar, variieren aber in Intensität und Häufigkeit ihres Auftretens. Selbst die Erderwärmung trifft einige Gebiete erheblich härter als andere. 

„Der Klimawandel wirkt sich bereits auf jede Region der Erde aus, in vielfacher Hinsicht. Die Veränderungen werden mit weiterer Erwärmung zunehmen“, sagte Panmao Zhai, Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe 1, deren Bericht nun veröffentlicht wurde. Je wärmer die Welt wird, desto stärker werden auch die klimatischen Veränderungen ausfallen. Ein Überblick über die am stärksten betroffenen Regionen.  

Die Arktis erwärmt sich erheblich schneller als der Rest des Planeten.
Die Arktis erwärmt sich erheblich schneller als der Rest des Planeten.

© Jens Büttner/dpa

Das Nordpolarmeer – vor 2050 erstmals eisfrei                

Das arktische Meereis schrumpft seit Jahren gewaltig. Laut IPCC-Bericht hat es zwischen 2011 und 2020 im Jahresdurchschnitt seine kleinste Ausprägung seit zumindest 1850 erreicht. Im vergangenen September schrumpfte es auf die zweitkleinste jemals gemessene Fläche. Und die Autoren nehmen an, dass die Eisfläche in den Spätsommern des vergangenen Jahrzehnts kleiner gewesen sein könnte als zu irgendeinem Zeitpunkt in den vergangenen 1000 Jahren. Der Haupttreiber des Rückgangs des arktischen Eises seit den 1990er Jahren sei der menschliche Einfluss.  

Interaktive Simulationen zeigen, dass sich die Arktis mehr als zwei Mal so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten. Das Fatale: Mit jeder weiteren Erwärmung werden auch die Extreme größer. So werden bei einer durchschnittlichen Erwärmung von zwei Grad Celsius die Temperaturen in der Polregion sowie in Teilen von Kanada und Russland wohl um bis zu vier Grad ansteigen – eine Tendenz, die sich bei steigender Erderwärmung fortsetzt.   

Die Entwicklungen beschleunigen folglich auch die Eisschmelze weiter: „In der Arktis sind Dreiviertel des Meereisvolumens im Sommer schon abgeschmolzen“, sagte Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Die Arktis soll demnach vor 2050 im September erstmals eisfrei sein, also im Monat mit der geringsten Ausprägung des Eises – und dies in allen Szenarien, die der Bericht betrachtet, hingegen öfter auftretend in den wärmeren Szenarien.  

Als Folge des Klimawandels tauen in der Polarregion die Permafrostböden auf und setzen weitere klimarelevante Gase frei,
Als Folge des Klimawandels tauen in der Polarregion die Permafrostböden auf und setzen weitere klimarelevante Gase frei,

© Yevgeny Sofroneyev/TASS/Imago

Das Tauen der Permafrostböden   

Die Hitzewellen, die Sibirien in den vergangenen Jahren erlebt hat, die Waldbrände, die die Region in den vergangenen Wochen beherrschten, könnten ein Vorgeschmack auf die Veränderungen sein, die das Gebiet nehmen könnte. Interaktive Karten im IPCC-Bericht zeigen, dass sich gerade der Norden Sibiriens stark erwärmen wird.  

Im Zuge der Erwärmung tauen in der Polarregion auch die Permafrostböden schneller auf, wie es im IPCC-Bericht heißt. Böden also, die aufgrund der niedrigen Temperaturen dauerhaft gefroren sind. Sie setzen dann Unmengen an Kohlenstoffdioxid und Methan frei, die im Permafrost gebunden sind. Den Klimawandel stärkt dies durch die austretenden Gase weiter an. Gefroren sind die Permafrostböden in einem Zeitraum von mehreren Jahrtausenden, auftauen tun sie oft abrupt, dann füllen sie sogenannte Thermokarst-Seen, unter denen die Böden anschließend noch schneller weiter tauen. Oft sinken sie auch ab, gefährden Ortschaften und Infrastrukturen.  

Das Fatale ist: Der Verlust der Kohlendioxid- und Methan-Speicherfunktion , so schreiben es die Autoren des aktuellen IPCC-Berichts, ist für Jahrhunderte unumkehrbar. Aber: „Die Befürchtungen, dass auftauender Permafrost einen Kipppunkt im Klimasystem auslöst, also zu einer extrem beschleunigten Erwärmung führt, scheinen unbegründet“, sagt Mitautor Fortunat Joos von der Universität Bern

Starkregen könnte zum Verlust weiterer Böden in der Sahelzone führen.
Starkregen könnte zum Verlust weiterer Böden in der Sahelzone führen.

© Reuters

Westafrika und die Sahelregion  

Bereits in der Vergangenheit stieg die Oberflächentemperatur in Afrika laut IPCC stärker als im globalen Durchschnitt. Während die Niederschläge in Teilen Südamerikas, Südafrikas und Europas im Zuge der Erderwärmung abnehmen sollen, ist laut prognostizieren IPCC-Simulationen in Äquatornähe in Afrika und dem größten Teil der Sahelzone mittel- bis langfristig sogar mehr Niederschlag in der Regenzeit. In einer zwei Grad wärmeren Welt fällt die Entwicklung stärker aus als bei 1,5 Grad. Und sie intensiviert sich mit zunehmender Erderwärmung. Folglich verändert sich auch die Bodenfeuchte, abhängig von der regionalen Verdunstung. Auch Hitzewellen sollen zunehmen.   

Doch das Fatale ist: Während die Regenmengen also teilweise sogar steigen, beobachten Forscher seit Jahren, dass der Niederschlag vermehrt in Starkregenereignissen fällt. Das verstärkt Erosion, Ernteausfälle und den Verlust von Infrastruktur durch Überschwemmungen. Dass die Austrocknung von landwirtschaftlichen Flächen beobachten wird, erwähnt auch der IPCC-Bericht. Gerade in der Sahelzone bilden sich Wüsten, die Bauern und Viehzüchter immer mehr konkurrieren lassen. Probleme um Weide- und Ackerland sowie Wasser werden allzu oft mit Gewalt gelöst und das Bevölkerungswachstum lässt Knappheiten weiter zunehmen. Immerhin 70 Prozent des benötigten Wassers fließen in die Nahrungsproduktion.  

Bei einer Erderwärmung von zwei Grad und mehr würde das Amazonasgebiet erheblich trockener werden und unter anderem Waldbrände drohen.
Bei einer Erderwärmung von zwei Grad und mehr würde das Amazonasgebiet erheblich trockener werden und unter anderem Waldbrände drohen.

© Marcelo Sayao/dpa

Südamerika und das Amazonas-Gebiet 

Auch in Zentral- und Südamerika werden die Temperaturen laut IPCC-Bericht mit großer Wahrscheinlichkeit schneller ansteigen als im globalen Durchschnitt – und das in allen Regionen des Kontinents. Für die Mitte des 21. Jahrhunderts wird gerade im Amazonas-Gebiet bei einer Erderwärmung von zwei Grad und mehr mit zunehmender Trockenheit gerechnet. Dürre, Waldbrände, Trockenheit: Die Auswirkungen, die sich im Laufe des 21. Jahrhunderts verstärkt bemerkbar machen sollen, betreffen die Gesundheit der Menschen ebenso wie Ökosysteme, Landwirtschaft und Forstwirtschaft. Auch die Intensität und Häufigkeit von Extremniederschlägen und Überschwemmungen könnte bei einer Erderwärmung von über zwei Grad zunehmen.   

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Ein großer Teil des Urwalds könnte so zur Savannenlandschaft werden, da schon durch die massiven Rodungen eine Versteppung droht. Ein Verlust des Urwalds, die Freisetzung von gewaltigen Mengen an Kohlendioxid hätte wiederum eine verstärkende Wirkung auf den Klimawandel. Forscher sprechen hier auch von einem Kipppunkt.  

Die Niederschläge in der Mittelmeerregion werden sich im Zuge des Klimawandels voraussichtlich deutlich abhnehmen.
Die Niederschläge in der Mittelmeerregion werden sich im Zuge des Klimawandels voraussichtlich deutlich abhnehmen.

© dpa

Der Mittelmeerraum – mehr Hitzewellen und Waldbrände 

Die Temperaturen in Europa werden laut IPCC-Bericht schneller zunehmen als im globalen Durchschnitt, unabhängig vom Ausmaß der globalen Erwärmung. Simulationen im Bericht zeigen auch, wie Niederschläge im Jahresmittel in weiten Teilen des Kontinents wohl abnehmen werden. Starkregen und Überschwemmungen werden jedoch zunehmen – mit Ausnahme der Mittelmeer-Region. Ebenso wie Hitzewellen, ganz unabhängig davon, welche Erwärmung man zugrunde legt. Eine kritische Schwelle für Mensch und Ökosystem ist laut Bericht die Zwei-Grad-Marke.  

Deutlich werden die Folgen für die Menschen vor allem in der Mittelmeer-Region. So wird laut Bericht beim Fortschreiten des Klimawandels und einer Erwärmung von zwei Grad und mehr die Trockenheit stark zunehmen, Hitzewellen, Dürren und Brände enorm begünstigt, mit Folgen für Landwirtschaft und Ökologie.

Wie stark diese ausfallen könnten, zeigt der Entwurf eines weiteren IPCC-Berichts, der der AFP vorlag. In einigen Regionen des Mittelmeerraums könnten die landwirtschaftlichen Erträge aus dem Regenfeldbau demnach um 64 Prozent zurückgehen. Die Fläche abgebrannter Wälder werde bei einer Erderwärmung von zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um 87 Prozent zunehmen, bei einem Anstieg um drei Grad sogar um 187 Prozent. Bis zu 93 Millionen Menschen zusätzlich könnten bis zum Jahr 2050 an den nördlich gelegenen Küsten des Mittelmeers von Hitzewellen betroffen sein und die Zahl hitzebedingter Todesfälle im nördlichen Mittelmeerraum auf 20.000 pro Jahr steigen. 

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