zum Hauptinhalt
2015 in Leipzig: Abgelehnte Asylbewerber werden zum Transport zum Flughafen abgeholt.

© picture alliance / Sebastian Wil

Bericht des EU-Rechnungshofs: Warum die EU häufig bei der Rückführung von Migranten scheitert

Die EU will über Abkommen mit Drittstaaten die Rückkehr irregulärer Migranten sicherstellen. Die EU-Rechnungshof sieht dabei aber zahlreiche Lücken.

Der Europäische Rechnungshof kritisiert, dass die EU bei der Rückführung irregulärer Migranten in ihre Heimatländer nicht wirksam genug vorgeht. „Die Ineffizienz des EU-Rückkehrsystems leistet der irregulären Migration Vorschub“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Sonderbericht des Rechnungshofs. Als eine der Ursachen benannte der maltesische Politiker Leo Brincat, der beim Rechnungshof für den Bericht verantwortlich zeichnete, das Fehlen einer einheitlichen EU-Asylpolitik. Statt eines eines einheitlichen Ansatzes der EU gebe es 27 verschiedene Migrationspolitiken, beklagte Brincat.

Seit 2008 wurden nach Angaben des Rechnungshofs jedes Jahr rund eine halbe Million Nicht-EU-Bürger aufgefordert, das Unionsgebiet zu verlassen, weil sie unerlaubt in die EU eingereist waren. Demnach kehrten allerdings weniger als 20 Prozent von ihnen tatsächlich in ihre Heimatländer außerhalb Europas zurück.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die EU mit ihren 27 Mitgliedern stand in den Jahren 2015 und 2016 unter dem Druck der Flüchtlingskrise; inzwischen sind die Flüchtlingszahlen wieder gesunken. In seinem Bericht ging der Europäische Gerichtshof der Frage nach, ob es die Maßnahmen der EU in der Zeit zwischen 2015 und Mitte 2020 den Drittländern außerhalb der EU erleichtert haben, ihren Verpflichtungen bei der Rücknahme irregulärer Migranten nachzukommen.

In dem Bericht kommt der Rechnungshof zu dem Fazit, dass die EU mit Drittländern nicht effizient genug zusammenarbeitet, um dafür zu sorgen, dass irreguläre Migranten in ihr eigenes Land zurückkehren. Für den Zeitraum von 2014 bis 2018 verzeichnete die europäische Statistikbehörde Eurostat laut dem Bericht pro Jahr EU-weit 25.620 nicht zurückgekehrte irreguläre Migranten aus Afghanistan.

EU schloss 18 rechtsverbindliche Abkommen

Für Syrien verzeichnet die Statistik 25.199 Menschen, die im Jahresdurchschnitt einer Ausreiseanordnung nicht Folge leisteten. Im Fall Marokkos waren es 23.287 Personen. Zu den zehn Ländern, aus denen zwischen 2014 und 2018 die meisten nicht zurückgekehrten irregulären Migranten kamen, zählen außerdem Pakistan, Irak, Algerien, Nigeria, Tunesien, Indien, Bangladesch und Guinea.

Neben bilateralen Rückübernahmeabkommen zwischen einzelnen EU-Ländern und den Herkunftsländern verfügen die EU-Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) über die Möglichkeit, entsprechende Vereinbarungen mit Drittländern zu schließen. Laut dem Bericht hat die EU bereits 18 rechtsverbindliche Abkommen und zudem weitere sechs nicht rechtsverbindliche Vereinbarungen über Rückkehr und Rückübernahme ausgehandelt.

Nur begrenzte Ergebnisse

Laut dem Bericht haben die Bemühungen der EU-Kommission seit 2015 allerdings nur in begrenztem Umfang zu Ergebnissen geführt. Dies liege unter anderem daran, dass viele Nicht-EU-Länder eine so genannte Drittstaaatsangehörigen-Klausel ablehnten. Viele Staaten außerhalb der EU sehen die Klausel im Widerspruch zum internationalen Recht. Sie sieht vor, dass auch durchgereiste Drittstaatsangehörigen und Staatenlose zurückgenommen werden müssen.

Visapolitik als Hebel

Nach der Auffassung der Prüfer hat sich in der Vergangenheit für die EU ein anderes Druckmittel beim Abschluss von Rücknahmeabkommen als wirksam erwiesen – die Visapolitik. Parallele Verhandlungen über Visaerleichterungsabkommen hätten häufig bei den Rückübernahme-Vereinbarungen zum Erfolg geführt. Die EU verfüge zwar über zahlreiche Instrumente zur Kooperation mit den Drittländern, aber häufig habe sich nur die Visapolitik als wirkungsvoller Hebel in den Verhandlungen erwiesen, heißt es in dem Bericht.  

Zur Startseite