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In Neapel sind Plätze wie die Piazza vor dem Königspalast derzeit Corona-bedingt nicht zugänglich.

© Ciro de Luca/REUTERS

Bericht des Bundesrechnungshofs: Diese Risiken birgt der Corona-Fonds der EU für Deutschland

Ab dem Sommer sollen die Gelder aus dem Corona-Hilfsfonds der EU fließen. Doch der Bundesrechnungshof warnt vor den Folgen der Gemeinschaftshaftung.

Der Bundesrechnungshof sieht ein finanzielles Risiko für Deutschland, das sich aus dem milliardenschweren Corona-Hilfsfonds der EU ergeben könnte. Demnach könne Deutschland nicht nur mit dem vorgesehenen Nettobeitrag von 65 Milliarden Euro für den Fonds geradestehen, sondern möglicherweise mit einer weit höheren Summe. Das ergibt sich aus einem Prüfbericht, den der Bundesrechnungshof am Donnerstag dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung übermittelte.

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Im vergangenen Jahr hatten sich die EU-Mitgliedstaaten auf den Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro geeinigt, mit dessen Hilfe vor allem Staaten wie Italien oder Spanien wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen sollen. Im Einzelnen sind dabei insgesamt 360 Milliarden Euro an rückzahlbaren Krediten und 390 Milliarden Euro Zuschüsse geplant, die von den Ländern nicht zurückgezahlt werden müssen.

Italien ist der Haupt-Empfänger

Italien kann als größter Empfänger insgesamt 209 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten aus dem Fonds erwarten. Ein Großteil der Gelder soll den Brüsseler Auflagen zufolge in Digitalisierungsprojekte fließen und dem Klimaschutz zugute kommen. Kritiker befürchten allerdings, dass die Milliarden aus dem Wiederaufbaufonds in erster Linie doch nicht in Reformprojekte fließen werden. Laut dem Bericht des Rechnungshofs wecken die „negativen Erfahrungen aus den bisherigen EU-Programmen“ jedenfalls „Zweifel an der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes“. Wie begründet derartige Zweifel sind, hatten die zurückliegenden turbulenten Wochen in Rom gezeigt: Bevor der neue Regierungschef Mario Draghi in Rom das Ruder übernahm, war die Vorgängerregierung am Streit über die Vergabe der Gelder aus dem Corona-Hilfsfonds zerbrochen.

Rechnungshof sieht gemeinschaftliche Schulden als „Zäsur"

Vor diesem Hintergrund erhält die Mahnung der Rechnungsprüfer aus Deutschland ein besonderes Gewicht. „Faktisch handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung – eine Zäsur für die EU“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, am Donnerstag mit Blick auf das neue Finanzinstrument der EU. Der Fonds erlaubt es der Europäischen Union, erstmals Schulden im großen Stil aufzunehmen. Ihre Bonität ermöglicht es der EU, am Kreditmarkt günstiger Anleihen aufzunehmen als etwa Länder wie Italien.

Als Garantie gilt dabei der EU-Haushalt, in den die Mitgliedstaaten bei der Rückzahlung der Gelder ab 2028 höhere Beiträge einzahlen müssen. Allerdings kritisiert der Bundesrechnungshof, dass derzeit noch offen ist, welcher Anteil bei der Tilgung auf die einzelnen Länder entfällt. Darüber soll erst bei den Verhandlungen über die nächste EU-Finanzperiode entschieden werden, die 2028 beginnt.

Warnung vor einer „Dauereinrichtung“

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt bei den Bundestags-Beratungen über den Wiederaufbaufonds gelobt, dass die EU einen „Weg in die Fiskalunion“ beschreite. Eine derartige Vergemeinschaftung von Schulden sehen die Rechnungsprüfer hingegen skeptisch. Der Bundestag könnte in einer Entschließung deutlich machen, dass das neue Finanzinstrument „keine Dauereinrichtung“ sein solle, regte Bundesrechnungshof-Präsident Scheller an. Anderenfalls müssten die EU-Verträge geändert werden, fügte er hinzu. Auch wenn sie anerkennen, dass der Corona-Hilfsfonds im Sinne der Solidarität unter den 27 Mitgliedstaaten „politisch gewünscht“ ist, geht es den Rechnungsprüfern in erster Linie um Transparenz.

Risiko bei Zahlungsausfall einzelner EU-Mitglieder

Zu den Risiken, die der Corona-Fonds der EU birgt, gehört die Möglichkeit, dass die EU-Kommission beim Zahlungsausfall einzelner EU-Staaten bei der Tilgung schlimmstenfalls bis zu 20 Milliarden Euro pro Jahr von Deutschland verlangen könnte. „Wir können davon ausgehen, dass es nicht eintritt“, fügte Scheller allerdings mit Blick auf dieses Worst-Case-Szenario hinzu.

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