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Ursula von der Leyen (CDU), damals Bundesverteidigungsministerin (Archivbild von 2018)

© dpa/Daniel Reinhardt

Berateraffäre der Ex-Verteidigungsministerin: Opposition wirft von der Leyen „bedenklichen Führungsstil“ vor

Die große Koalition sieht bei von der Leyen keine persönliche Schuld in der Berateraffäre im Verteidigungsministerium. Die Opposition widerspricht nun.

Von Robert Birnbaum

Am Ende ihres Sondervotums wird die Opposition sarkastisch. Wenn Ursula von der Leyen (CDU) ständig betone, sie trage die politische Verantwortung für alle Vorgänge in ihrem früheren Ministerium, dann „erschließt sich nicht, was die ehemalige Verteidigungsministerin meint, wenn sie von Verantwortung spricht“.

Mehrere Monate hindurch hatte der Verteidigungsausschuss des Bundestages die Berateraffäre untersucht. Die Koalitionsmehrheit kam danach zu dem Schluss, dass die Ministerin wenig wusste und Fehler auf unterer Ebene passierten.

Doch das sehen FDP, Grüne und Linke deutlich anders. Am Dienstag legten sie ihr eigenes Urteil vor.

Es fällt deutlich anders aus: Von der Leyen habe weggeschaut, sich um bekannte Probleme nie gekümmert und zu allem Überfluss der Untersuchung „Steine in den Weg“ gelegt.

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Kumpanei zwischen Führung und Beraterfirmen?

Zu den Details der Affäre enthalten die 115 Seiten nichts Neues. Wie im offiziellen Abschlussbericht, den Union und SPD mit ihrer Koalitionsmehrheit verabschiedet hatten, zeichnet das Sondervotum nach, wie unter von der Leyen und ihrer damaligen Staatssekretärin, der Ex-McKinsey-Beraterin Katrin Suder, externe Berater freihändig beauftragt wurden und danach ein regelrechtes Eigenleben führten.

Die Koalition spare aber in ihrem Fazit „wesentliche Erkenntnisse der Untersuchung aus oder verharmlose diese“. Besonders bedauerlich sei, dass die SPD im Ausschuss kritisch nachgefragt, die Vorgänge aber danach „im Sinne der Union mitbagatellisiert“ habe.

Das betrifft aus Sicht der Kritiker vor allem drei Felder: Den Verdacht der Kumpanei zwischen Suder, Führungsleuten des Ministeriums und Beratern, die Löschung von Leyens Diensthandys und die „Gesamtverantwortung“ der Ministerin.

Dabei betonen die drei Fraktionen, dass sie trotz ihrer zum Teil sehr großen Differenzen in der Verteidigungspolitik in dieser Einschätzung völlig einig sind. So sehen sie es etwa als erwiesen an, dass Suder einen alten Bekannten mit seiner Firma Accenture an allen Vergabeverfahren vorbei protegiert hat.

Bedenken im zuständigen Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr seien beiseite gewischt, Mitarbeiter durch „eine Kultur der Angst und des Drucks“ eingeschüchtert worden. Die Ministerin habe Beschwerden nach Aussagen eines Zeugen „freundlich … zur Kenntnis genommen“, aber nichts unternommen.

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„Leyen kontrollierte nicht“

Als Vernichtung von Beweisen werten es die drei Fraktionen, dass Leyens Diensthandys gelöscht wurden, obwohl der Ausschuss zu diesem Zeitpunkt bereits die Sicherung aller Belegmittel eingefordert hatte.

Dies sei eine „klare Missachtung“ der Aufklärungsarbeit, die sich auch sonst gezeigt habe: Ministerin und Ministerium hätten „häufig nur das Nötigste“ getan, um mit dem Ausschuss zu kooperieren, „und manchmal nicht einmal das“. Leyens selbst werfen sie vor, der Untersuchung „Steine in den Weg“ gelegt zu haben.

Vor allem aber widersprechen die Fraktionen der Schlussfolgerung der Koalition, dass Fehler nur auf unteren Ebenen oder höchstens bei Staatssekretären passiert seien. Damit werde die Gesamtverantwortung der Ministerin „heruntergespielt“. Leyen habe gewusst, dass der Einsatz externer Berater mit Risiken verbunden sei.

Sie habe aber weder für Transparenz gesorgt noch ein taugliches Kontrollsystem eingesetzt. Hinterher habe sie alles auf „Nachlässigkeit, Abkürzung, Einzelversagen und auch Überforderung“ unterer Ebenen geschoben, zitiert der Bericht aus der Vernehmung der Ex-Ministerin.

Sich auf das volle Vertrauen in die Staatssekretäre zu berufen offenbare einen „bedenkliche(n) Führungsstil“. Denn, so das Fazit der Opposition: „Vertrauen entlässt nicht aus der eigenen Verantwortung“.

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