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Cyberabwehrzentrum von HP in Böblingen (Illustration).

© Daniel Naupold/dpa

Update

Bekämpfung des Rechtsextremismus: Innenminister wollen Provider stärker in die Pflicht nehmen

Die Ressortchefs aus Union und SPD wollen rasch auf den Anschlag in Halle reagieren. Regeln für das Internet und Waffen sollen verschärft werden.

Von Frank Jansen

Die Innenminister von Bund und Ländern werden sich diesen Freitag vermutlich auf eine härtere Bekämpfung des Rechtsextremismus verständigen. Bei dem Sondertreffen am frühen Nachmittag in Berlin dürfte es zumindest in einem Punkt eine Einigung geben, hieß es im Umfeld der Innenministerkonferenz (IMK). Es sei zu erwarten, dass Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter verpflichtet werden sollen, mutmaßliche Hasskriminalität im Internet dem Bundeskriminalamt zu melden.

Das BKA müsste dann prüfen, ob ein Straftatbestand wie zum Beispiel Volksverhetzung gegeben sei. Wenn ja, müsste der Provider die IP-Adresse des Tatverdächtigen herausgeben, damit eine Strafanzeige erstattet werden kann. Bislang müssen die Provider nur den Zugang zu mutmaßlich strafbaren Inhalten sperren oder diese löschen, wenn Beschwerden eingegangen sind.

Keine Waffenerlaubnis für Menschen in extremistischen Organisationen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und seine Länderkollegen kommen im Bundesrat zusammen, um über eine gemeinsame Reaktion auf den Anschlag in Halle, die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und die vom Rechtsextremismus ausgehende Gefahr überhaupt zu sprechen. Ein Thema, bei dem auch eine Einigung möglich erscheint, ist die Verschärfung des Waffenrechts. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) fordert, jedem Bewerber eine Waffenerlaubnis zu verweigern, wenn die Person einer extremistischen Organisation angehört.

Außerdem sollen die Waffenbehörden eine Regelanfrage zu Bewerbern beim Verfassungsschutz stellen, bevor es eine Erlaubnis gibt. Die CDU sehe den Vorstoß kritisch, könnte aber zustimmen, um die härteren Regeln für Provider zu erreichen, war in IMK-Kreisen zu hören.
Widerstand leisten wird die Union jedoch gegen den Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius (SPD), AfD-Mitgliedern aus dem öffentlichen Dienst den Beamtenstatus zu entziehen, wenn sie sich beim Parteizirkel „Der Flügel“ engagieren. Das gehe zu weit, hieß es in CDU-Kreisen.

Weitere Themen sind die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur schnelleren Verfolgung von Hasskriminalität und ein rechtlich verbesserter Schutz bedrohter Kommunalpolitiker. Bislang ist Paragraf 188 Strafgesetzbuch eher auf die Verleumdung von Berufspolitikern ausgerichtet. Die Innenminister wollen speziell auch Beleidigungen gegen örtliche Politiker erfassen.

Staat übernimmt Kosten für Sicherung von Synagogen

Pistorius hatte zuvor schon gefordert, dem Flügel-Anführer Björn Höcke den Beamtenstatus abzuerkennen. Höcke ist Oberstudienrat, in Thüringen führt er den Landesverband der AfD und die Landtagsfraktion der Rechtspopulisten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte im Januar den Flügel wegen extremistischer Bestrebungen als „Verdachtsfall“ eingestuft.
Die Innenminister sprechen auch über einen stärkeren Schutz für Synagogen. Sachsen-Anhalt hat bereits auf den Anschlag in Halle reagiert. „Wir haben mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden vereinbart, dass die Polizei bei Gottesdiensten durchgängig Präsenz zeigt“, sagte Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Freitag dem Tagesspiegel. Außerdem werde das Land die Kosten für „hochsichere Fenster und Türen“ übernehmen, mit denen die drei Synagogen in Halle, Magdeburg und Dessau sowie weitere jüdische Einrichtungen ausgestattet werden sollen.

Am 9. Oktober stand keine Polizei vor der Synagoge in Halle, als der rechtsextreme Attentäter Stephan Balliet mit Schusswaffen und Sprengstoff angriff. In dem Gotteshaus hatten sich zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur mehr als 50 Gläubige versammelt. Balliet gelang es jedoch nicht, die verschlossene Holztür gewaltsam zu öffnen.

Der Täter erschoss dann in seiner Wut eine Passantin auf der Straße und einen Mann in einem Dönerimbiss. Stahlknecht verwahrte sich nach dem Anschlag gegen Kritik am mangelnden Schutz der Synagoge. Er verwies auf das Bundeskriminalamt, das nur eine abstrakte Gefahr gesehen hatte. Die Polizei in Halle hatte die Synagoge dennoch unregelmäßig „bestreift“.

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