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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (rechts) im Gebet während der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee in Köln.

© Wolfgang Rattay/REUTERS

Bei Moschee-Eröffnung in Köln: Erdogan kritisiert Umgang mit Özil und Gündogan

Als "ihr Präsident" beklagt der türkische Staatschef den Umgang mit den beiden Fußballern. In Köln wirbt Erdogan zugleich für die doppelte Staatsbürgerschaft.

Am dritten und letzten Tag seines Staatsbesuchs hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Köln die Zentralmoschee des Verbands Ditib eingeweiht. In seiner Rede sprach er sich für die doppelte Staatsbürgerschaft aus: „Das würde es Türken ermöglichen, sich noch besser in Deutschland zu integrieren“, sagte der Präsident. Die Türkei werde die Integration weiter unterstützen. „Wir sehen die Zukunft unserer Brüder hier.“ Gegen Rassismus müsse aber „gemeinsam Haltung“ angenommen werden.

Erdogan kritisierte den Umgang Deutschlands mit dem ehemaligen Fußballnationalspieler Mesut Özil und seinem Nationalmannschaftskollegen Ilkay Gündogan, die nach einem Foto mit Erdogan starker Kritik ausgesetzt waren. Nur deswegen seien sie „aus dieser Gesellschaft ausgegrenzt worden“, sagte Erdogan. „Dafür habe ich kein Verständnis.“

Özil und Gündogan hatten Erdogan bei einem Treffen im Mai in London als „ihren Präsidenten“ bezeichnet und damit Kritik hervorgerufen. Erdogan griff diese Formulierung nun selbst auf. „Ehrlich gesagt konnte ich es als ihr Präsident nicht verdauen, dass unsere zwei jungen Männer, die bis in die deutsche Nationalmannschaft aufgestiegen sind, ausgegrenzt wurden“, sagte er am Samstag. Erdogan forderte, dass Muslime in Deutschland nicht zur Zielscheibe gemacht werden dürften: „Wir sagen, dieser Rassismus muss endlich aufhören.“

Die Foto-Affäre hatte den ganzen deutschen WM-Sommer überschattet und letztlich zum Rücktritt Özils aus der deutschen Nationalmannschaft geführt. Der 29-Jährige fühlte sich vom Deutschen Fußball-Bund und speziell dessen Präsidenten Reinhard Grindel nicht ausreichend vor rassistischen Ausfällen geschützt. Im Gegensatz zu Gündogan, der sich zu den Fotos noch vor der WM öffentlich erklärt hatte und der auch weiterhin für die DFB-Auswahl spielt, verweigerte Özil lange jede Reaktion. Mit Bundestrainer Joachim Löw hat es zu dessen Bedauern seit der WM keinen Kontakt mehr gegeben.

Trotz aller Kritik bezeichnete Erdogan seine Visite in Berlin und Köln als gelungen. „Es war ein erfolgreicher Besuch.“ Die Reise habe die deutsch-türkische Freundschaft vertieft. Die Feier in Köln fand ohne deutsche Politiker statt: Weder Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet noch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nahmen teil. Laschet hatte zuvor mehr Distanz des Islamverbands Ditib zur Türkei gefordert. „Mit Herrn Erdogan in Köln in die Moschee zu fahren, wäre ein falsches Signal, weil wir wollen, dass Ditib möglichst unabhängig wird vom türkischen Staat“, sagte er der „taz“.

Cem Özdemir fordert mehr Konsequenz im Umgang mit Türkei

Den Auftritt Erdogans konnten nur geladene Gäste verfolgen. In der Delegation des Präsidenten hieß es, man sei „sehr enttäuscht“ über die Kölner Entscheidung, eine Außenveranstaltung vor der Moschee aus Sicherheitsgründen zu untersagen. In Köln gingen Tausende gegen und für Erdogan auf die Straße. Die Proteste fielen geringer aus als erwartet.

Vor dem Moscheebesuch traf sich Erdogan zu einem Gespräch mit Laschet auf dem Flughafen Köln-Bonn. Er habe deutlich gemacht, dass Rechtsstaatlichkeit eine wichtige Voraussetzung für eine Normalisierung der Beziehungen sei, sagte der Laschet später. Am Morgen hatte sich Erdogan in Berlin ein weiteres Mal mit Kanzlerin Angela Merkel getroffen.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir forderte von der Bundesregierung mehr Konsequenz im Umgang mit der Türkei. „Mit dem Staatsbesuch hat Erdogan genau die Bilder bekommen, die er wollte“, sagte der Ex- Grünen-Chef dem Tagesspiegel. Die Türkei müsse nicht nur die aus politischen Gründen inhaftierten Deutschen, sondern auch türkische politische Gefangene freilassen. Er sprach sich dafür aus, gegebenenfalls staatliche Hermes-Bürgschaften für die Türkei einzuschränken.

Im Bundestag wurde Kritik an den Sicherheitsmaßnahmen während des Besuchs laut. Der Abgeordnete Michael Brand (CDU) forderte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble auf, bei den Behörden Protest dagegen einzulegen, dass Abgeordnete in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden seien. (mit dpa)

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