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Das private Rettungsschiff „Ocean Viking“ bei einem Einsatz auf dem Mittelmeer.

© Flavio Gasperini/dpa

„Behördliche Schikane“ im Mittelmeer: Italienische Küstenwache setzt privates Rettungsschiff „Ocean Viking“ fest

Anfang Juli hatte die „Ocean Viking“ 180 Geflüchtete aus dem Mittelmeer gerettet. Nun sitzt sie in Italien fest – wegen „technischer und betrieblicher Mängel“.

Die italienische Küstenwache hat das private Rettungsschiff „Ocean Viking“ auf unbestimmte Zeit festgesetzt.

Der Entscheidung sei eine elfstündige Inspektion im sizilianischen Hafen von Porto Empedocle vorausgegangen, teilte die europäische Hilfsorganisation SOS Méditerranée in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Organisation sprach von einer neuen Stufe „behördlicher Schikane mit dem Ziel, die lebensrettenden Einsätze der zivilen Seenotrettungsschiffe zu blockieren“.

Nach Angaben der italienischen Küstenwache wurden bei der Inspektion der „Ocean Viking“ mehrere „technische und betriebliche Mängel“ festgestellt. Diese gefährdeten nicht nur die Sicherheit des Schiffes und seiner Besatzung, sondern auch jene der Flüchtlinge, die das Schiff nach Rettungseinsätzen aufnehme.

Zuletzt hatte die Besatzung der „Ocean Viking“ am 25. und 30. Juni 180 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. Am 7. Juli durfte sie mit den geretteten Flüchtlingen an Bord im Hafen von Porto Empedocle anlegen.

Anfang Juli legte die „Ocean Viking“ mit 180 Migranten im Hafen von Porto Empedocle an.
Anfang Juli legte die „Ocean Viking“ mit 180 Migranten im Hafen von Porto Empedocle an.

© Flavio Gasperini/dpa

Die Geretteten wurden dort zunächst auf eine Quarantäneschiff gebracht, das sie nach zwei Wochen verlassen durften. Auch die „Ocean Viking“ und ihre Besatzung wurden unter eine zweiwöchige Quarantäne gestellt, die am Dienstag aufgehoben wurde. Einen Tag später wurde das Schiff dann festgesetzt.

Streitfall: die Formulierung „Passagiere“

SOS Méditerranée erklärte, die italienische Küstenwache habe als wesentliche Begründung für die Festsetzung der „Ocean Viking“ angegeben, dass das Schiff mehr Menschen befördert habe als im Zertifikat für die Ausrüstung von Frachtschiffen angegeben.

Die Organisation wies dies zurück. Bei Rettungseinsätzen komme es vor, dass die „Ocean Viking“ tatsächlich eine größere Zahl von Menschen aufnehme als in den Papieren des Schiffes angegeben sei. Diese als „Passagiere“ zu definieren, wie die italienischen Behörden dies getan hätten, sei jedoch falsch. Vielmehr handele sich um bei Seenotfällen Gerettete. „Nach internationalem Seerecht ist deren Rettung Pflicht“, argumentiert die Hilfsorganisation.

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„Es ist offensichtlich, dass die italienischen Behörden in den vergangenen Monaten angebliche Sicherheitsmängel vorgeschoben haben, um die zivilen Rettungsschiffe vom Mittelmeer zu verdrängen“, erklärte Verena Papke, Geschäftsführerin von SOS Méditerranée Deutschland. Durch die Festsetzung der Ocean Viking sei aktuell kein ziviles Rettungsschiff mehr im zentralen Mittelmeer im Einsatz, kritisierte sie.

Italien und Malta hatten sich in der Corona-Pandemie zu nicht sicheren Häfen erklärt. Trotzdem brechen Migranten von Libyen und Tunesien in Richtung Europa auf. Rom und Valletta nahmen zuletzt zwar wieder Menschen von Schiffen auf, doch die Länder zögern mit der Zuweisung von Häfen oft lange. Sie fordern von anderen EU-Staaten regelmäßig Zusagen für die Weiterverteilung der Menschen. (AFP, dpa)
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels war SOS Méditerranée als französische Organisation bezeichnet worden. Es handelt sich aber um eine gesamteuropäische Organisation.

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