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Der Amboseli-Nationalpark in Kenia ist die Kinderstube der Elefanten. Aber er ist viel zu klein, um die rund 1400 Elefanten der Region am Leben zu halten.

© Alvin Omondi

Bedrohte Elefanten: Welche Zukunft haben Afrikas Riesen?

Wilderer setzen den Elefanten überall zu. Doch das ist nicht ihr einziges Problem. Oft haben sie einfach zu wenig Platz. Wie Naturschützer das in Kenia ändern wollen.

Steve Njumbi hat ziemlich genau vor Augen, was nötig wäre, um die Elefanten des Amboseli-Nationalparks im Südwesten Kenias zu retten: Es ist eine Karte mit vielen Punkten darauf. Die Punkte haben zehn verschiedene Farben. Sie zeigen die Bewegungen der Elefanten, die Evan Mkala, Bernard Tulito und ihre Kollegen von der Tierschutzorganisation Ifaw mit Sendern ausgestattet haben.

„Wir wissen ziemlich genau, wo die Elefanten entlangwandern“, sagt Steve Njumbi, der das Ostafrika-Büro des International Fund for animal Welfare (Ifaw) seit 2010 leitet. Evan Mkala ist für das Kitenden-Projekt zuständig, das auf lange Sicht zu einer Erweiterung des Amboseli-Nationalparks werden soll. Bernard Tulito hat es möglich gemacht. Denn er ist in der Maasai-Gemeinschaft rund um den Nationalpark einer der Anführer. Seiner Vermittlung ist es wohl zu verdanken, dass Evan Mkala mit dem Angebot an mehr als 1000 Maasai-Landbesitzer Erfolg hatte. Vor knapp drei Jahren haben die Maasai der Olgulului-Ololaraschi-Ranch einen Teil ihres Landes an Ifaw verpachtet.

Durch den über die Pachtverträge zumindest vorläufig gesicherten Kitenden-Korridor wandern täglich Elefanten zwischen Amboseli und dem Mount-Kilimandscharo-Nationalpark im benachbarten Tansania hin und her. Im Amboseli- Kilimandscharo-Gebiet leben rund 1400 Elefanten, berichtet Mkala. Der kleine Nationalpark könne aber allenfalls 300 von ihnen ernähren. Das Gebiet südlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi ist knochentrocken. Seit Januar hat es nicht mehr geregnet, berichtet Mkala Ende August.

Vom Lenomo-Hill aus ist das Gebiet gut zu überblicken. Auf der kenianischen Seite steigt eine Sandhose neben der nächsten auf. Bis auf den Amboseli-See und den dazugehörigen Sumpf, die, so vermutet Evan Mkala, wohl aus dem Kilimandscharo-Gebiet gespeist werden, ist kaum ein grüner Tupfen in der Landschaft zu sehen. „Immer wenn es besonders heiß ist, gibt es mehr Wasser im Amboseli-See, und der Sumpf schwillt an. Dann schmilzt der Gletscher auf dem Berg“, sagt Mkala.

Tatsächlich ist von dem Gletscher kaum noch etwas übrig. Nur oben rechts zieht sich daumenbreit etwas Eis von der Spitze abwärts. Auf den Fotos aus den 1960er Jahren war der halbe Berg vereist. Wassermangel ist jedenfalls das große Thema dieser Landschaft. Blickt man in Richtung Tansania, bietet sich ein komplett anderes Bild: Dort erstreckt sich dunkelgrün dichter Wald.

Der Pachtvertrag sichert den Kitenden-Korridor vorläufig

Für die Elefanten in Amboseli ist der Wald eine willkommene Abwechslung, aber ihr eigentlicher Lebensraum ist die Savanne. Der Nationalpark selbst ist sichtlich die Kinderstube der Elefanten. Viele Familienverbände mit fünf, sechs oder noch mehr Elefantenjungen ziehen über das Land und in den Sumpf. Hier ist der Mangel für kurze Zeit vergessen. Hier treffen sie aber auch auf die anderen hungrigen und durstigen Wildtiere – und auf die Rinderherden der Maasai.

Als der Amboseli-Nationalpark 1974 von einem regional verwalteten Schutzgebiet zum Nationalpark aufgewertet wurde, sind die Maasai dafür nicht entschädigt worden. Das Land wurde ihnen einfach weggenommen. Dafür wurde ihnen zumindest gestattet, in den langen Trockenphasen ihr Vieh in den Park zu treiben. Dennoch fühlen sich die Maasai nicht gut behandelt. Ben, der Touristen durch den Park führt, berichtet, er sei Häuptlingssohn, aber die Jobs gingen immer an seiner Gemeinschaft vorbei. Die Pachtzahlungen von Ifaw dagegen sind eine verlässliche Größe für die Maasai rund um und im Kitenden-Korridor. Das Geld reicht für die Schulgebühren, berichtet Bernard Tulito. Inzwischen würden auch mehr Mädchen in die Schule gehen, berichtet er.

Maasai-Land. Bernard Tulito auf dem Lenomo Hill mit Blick auf den Kitenden-Korridor.
Maasai-Land. Bernard Tulito auf dem Lenomo Hill mit Blick auf den Kitenden-Korridor.

© Dagmar Dehmer

Ifaw hat darüber hinaus ein Stipendien-Programm für die Maasai aufgelegt. Der 14-jährige Saitabau Lukunken, eines von sieben Kindern in seiner Familie, verdankt dem Stipendium den Besuch der Sekundarschule. Esther Tianyo hat mit dem Stipendium das College besucht. Das Stipendium deckt aber immer nur eine Ausbildung ab. Wenn Saitabau Lukunken aufs College gehen möchte, muss er nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten suchen. So wie Esther Tianyo nach Abschluss ihrer Ausbildung zur kommunalen Gesundheitskraft nun nach einer Anschlussfinanzierung für ein Studium der Krankenpflege sucht. Dabei wollte ihr Vater sie nicht einmal auf die Sekundarschule schicken.

„Meine Mutter hat monatelang mit ihm gestritten, damit ich gehen durfte“, erzählt sie. Aber er werde nie auch nur eine Ziege für ihre Ausbildung verkaufen, habe er geschworen. Deshalb hat ihre Mutter angefangen, Schmuck zu machen und zu verkaufen. Esther Tianyo will ihre medizinische Ausbildung fortsetzen, „weil ich die Leute hier kenne“. Die moderne Medizin sehen die Maasai, die über großes Wissen in der traditionellen Medizin verfügen, eher skeptisch. Sie möchte Mittlerin zwischen diesen beiden Welten werden. Nur weiß sie noch nicht so genau, wie. Aber ihr Stipendium habe sie jedenfalls einen guten Schritt weiter gebracht, erzählt sie.

Der Maasai-Nachrichtendienst schützt vor Wilderern

Es sind Geschichten wie diese ihrer Stipendiaten, auf die Steve Njumbi und seine Kollegen in den kommenden Monaten setzen. Denn 2017 stehen die Neuverhandlungen der Pachtverträge mit den Maasai-Landbesitzern an, berichtet Evan Mkala. Inzwischen gibt es zumindest auf der politischen Ebene Einigkeit darüber, dass die Schutzgebiete um den Kitenden- Korridor erweitert werden sollen.

Was noch fehlt, sind die Mittel, den Plan auch umzusetzen. Dafür hofft Ifaw auch ein bisschen auf deutsche Unterstützung. Denn am Rand des Korridors ist das deutsche Umweltministerium bereits tätig geworden. Im direkt angrenzenden Elerai-Gebiet, das Umweltministerin Barbara Hendricks in der kommenden Woche besuchen will, hat Ifaw die Ausbildung von lokalen Rangern mitfinanziert. Die Big-Life-Foundation beschäftigt die so ausgebildeten Maasai-Ranger – auch mit deutscher Hilfe.

Der Erfolg der lediglich mit einem Rungu – einer Art Schlagstock – bewaffneten Maasai-Ranger ist beachtlich. Die Amboseli-Elefanten sind viel seltener Opfer von Wilderern geworden als im benachbarten Tsavo-Nationalpark oder im Nachbarland Tansania, wo die Wilderei bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Der Grund ist für Bernard Tulito der „Maasai-Geheimdienst“, wie Evan Mkala das Informationssystem der Viehhirten nennt.

Jeder Fremde wird registriert. Selbst wenn sich Fremde im Busch allein und sicher fühlen, werden sie „immer von einem Maasai beobachtet“, sagt Mkala. Wenn er ins Gebiet kommt, wird er überall freudig empfangen, auch wenn er sich nicht angekündigt hat. Sobald sein Auto gesichtet wird, verbreitet sich die Nachricht sofort. Wilderer werden so schnell bemerkt, und der Kenyan-Wildlife-Service, der mithilfe von Ifaw inzwischen auch über moderne Kommunikationsmittel und mehr Fahrzeuge verfügt, kann sich dann sofort auf den Weg machen.

Doch selbst wenn die Wilderer selten Erfolg haben, sind die Elefanten in Gefahr. Wenn es nicht gelingt, ihnen mehr Platz zu verschaffen, werden die Konflikte zwischen den Menschen, die dort überleben müssen, und den Elefanten immer schwerer zu lösen sein. Und die Dürren bedrohten die Elefanten unmittelbar. Vor ein paar Jahren sind 400 Elefanten in einem Jahr verdurstet, darunter viele Leitkühe.

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